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Seite:Grimm Linas Maerchenbuch II 006.jpg

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aus weißem und schwarzem Marmor auf ihrem Grabe in dem Garten seines Schlosses, und legte sich Trauerkleider an, lange, lange Zeit, und saß oft ganze Nächte auf ihrem Grabe und weinte. Und so vergingen ein Paar Jahre unter beständiger Trauer.

Armina, des Königs Töchterlein aber, wuchs in der Zeit heran zu einer Jungfrau, und ward ganz der Mutter Ebenbild an Schönheit und Tugend. Aber der König ließ nicht nach mit seiner Trauer, und verzehrte sich selbst durch seinen Gram, daß er nach und nach ganz abnahm an Kraft, und seine Gestalt verfiel, und seine Wangen wurden blaß.

Das machte seinen Großen und Räthen viel Kummer und Sorgen. Denn sie sagten unter einander: „Unser König ist ein guter König, der sein ganzes Land beglücket, und Recht und Gerechtigkeit handhabt nach bestem Willen und Gewissen. Darum ist es nicht gut, daß er sich also abzehrt, und seinem Gram nachhänget, der ihn bald unter die Erde bringen muß. Dann stünde unser Land verlassen und verwaiset. Denn er hat nicht einmal einen Sohn, der uns nach ihm regieren könnte. Da würden sich die Nachbarskönige um die Herrschaft und um die Hand der schönen Prinzessin Armina schlagen, und am Ende würde unser glückliches Land vom Kriege verheert und vielleicht einem strengen Könige zu Theil werden, der nur immer an seinen Ruhm

Empfohlene Zitierweise:
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_006.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)