Zur Nachtzeit kommt zuweilen in der Nähe des Galgens auf dem Löbauer Berge auf der Bernstädter Straße eine weiße Gestalt aus den Sträuchern und neckt und verfolgt die späten Wanderer, ja es versucht sogar sie festzuhalten. Eine Frau ward vor einigen Jahren von diesem unheimlichen Galgengespenst verfolgt und bei’m Mantel ergriffen. Glücklicher Weise läßt es sich nicht immer sehen, sondern meist nur im Herbst.
Von dem frühern Mönchskloster zu Löbau hat ein unterirdischer Gang, welcher jetzt verschüttet ist, nach dem Löbauer Berge geführt. Einst soll ein Ochse hineingelaufen sein und als man ihn endlich, durch sein Brüllen an den rechten Ort geleitet, gefunden hat, wurde er am Schwanze herausgezogen, weil die geringe Breite des Ganges das Umdrehen unmöglich machte.
An der Rathhausuhr zu Löbau ist ein Judenkopf befestigt, der den Mund öffnet, wenn die Stunde ausschlägt. Einst flog ein Sperling in den geöffneten Mund dieses Kopfes und mußte darin verbleiben, bis sich nach einer Stunde sein Gefängniß wieder aufthat.
Auf dem Rittergute Maltitz unweit Weißenberg reitet Nachts in kleines Männchen, Hans-Christel genannt, auf
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_193.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)