furchtbar ist? – Christen, wie dürfte ich, wie irgend einer der Sterblichen es wagen, zu rechten mit dem Herrn? Was kann ich sagen als: Es liegt auf der Menschheit und ihren Angelegenheiten ein großes Geheimniß? Wer ist in des Herrn Rathschluß gewesen? Wunderbar sind seine Wege, und Frevel ist es bei jedem derselben bestimmt ein Warum und Wozu wissen zu wollen! Statt zu grübeln über den Gang der Weltregierung verstummt meine Seele in dem frohen Bewußtsein, daß ich bin und daß ich Gottes bin, und fühlt sich durchdrungen von seinem Leben und seiner Seligkeit, indem sie fühlen kann seine Liebe und ihn zu lieben vermag. Läge mir alles im Dunkel, hab’ ich nur ihn, weß bedarf ich mehr? – Doch, Christen, Gott selbst hat über vieles uns Licht gegeben, und in seinem Lichte zu sehen, und in seinem Lichte zu wandeln, das ist Leben des Menschen, Menschenberuf!
Auch über die Uebel und Leiden, die uns treffen, ward uns göttliches Licht zu Theil. Zwar wissen wir nicht alles im Einzelnen zu deuten,
Johannes Geibel: Ermunterung zur Verläugnung des ungöttlichen Wesens. Lübeck 1807, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geibel_Ermunterung15.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)