Wir unterscheiden die streitende und triumphierende Kirche; auf Erden die streitende, im Himmel die triumphierende. Wir unterscheiden Reich der Gnade und Reich der Herrlichkeit; das Reich Gottes, das jetzt auf Erden innerhalb des Reiches der Schöpfung durch den heiligen Geist sich erbaut und die Herrschaft Gottes über Engel und Vollendete droben im Himmel. Das Reich der Herrlichkeit ist jetzt droben in der Herrlichkeit, es kommt aber dereinst auf die Erde. Dann werden nicht etwa drei Reiche nebeneinander sein, dann wird das Reich der Schöpfung und das der Gnade verklärt und zusammengefaßt sein im Reich der Herrlichkeit. Wir warten dieses Reiches der Vollendung, denn der Herr hat es wiederholt verheißen, daß er einst wiederkommen wird am Ende in seinem Reiche in großer Kraft und Herrlichkeit. Das hat er noch bezeugt vor Kaiphas und wenige Tage zuvor ausführlich dargelegt in der großen eschatologischen Rede Matthäus 24 und 25. Aber wie hat der Herr auch bei dieser Rede vom Ende der Dinge mit großer seelsorgerlicher Weisheit verfahren. Er hat nicht sozusagen eine Tabelle ausgehändigt auf der die einzelnen Vorgänge der Zukunft verzeichnet stünden, daß man sie nur ablesen müßte und dann sofort wüßte, welche Stunde ist. So leicht wollte es der Herr nicht machen; nur Grundlinien hat er gezogen und Mahnungen angeknüpft. Als die Jünger ihn fragten – wir wissen die Stätte, den Oelberg gegenüber Moria und wissen auch die Zeit, nämlich am Nachmittag des Dienstag nach dem Einzug in Jerusalem – als sie ihn da fragten angesichts des Tempels in seiner damaligen Pracht: „Herr, wann wird das alles geschehen und was wird das Zeichen sein Deiner Zukunft und der Welt Endes,“ da war dem Herrn nur daran gelegen, die Seinigen zu bewahren, daß sie sich nicht falschen Erwartungen hingäben,und er spricht: „Sehet zu,lasset euch nicht verführen.“ Er gibt zunächst an, was nicht als Zeichen des kommenden Endes zu betrachten ist: Kriege und Kriegsgeschrei, Erdbeben und teuere Zeit werden allezeit auf Erden geschehen. Aber er deutet an, daß gegen das Ende zu die Kriege sich gewaltig häufen werden. Er gibt auch an, was vorher geschehen muß, ehe das Ende kommt. Erst muß das Evangelium vom Reich gepredigt sein in aller Welt zum Zeugnis über alle Völker und diesem Ziel sind wir nicht mehr fern. Sodann muß zuvor noch eintreten die Zeit der großen Trübsal und auf dieses Vorzeichen haben wir besonders zu achten, weil die Zeit näher kommt. Der Herr legt sie in der genannten Rede dar im Gegenbild der bevorstehenden Zerstörung Jerusalems, geht aber zurück auf die Weissagung Daniel 9 vom Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte. Das hat sich erfüllt erstmals, als Antiochus im Tempel zu Jerusalem die Bildsäule des Zeus aufstellen ließ, das hat sich aufs neue vorbildlich erfüllt, als während der Belagerung Jerusalems der Tempel von den Juden selber schändlich entweiht
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. , Neuendettelsau 1919, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_144.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)