die aus allerlei Zeiten und Völkern durch den Glauben in Verbindung stehen mit Christo, dem ewigen Haupt. Wir haben nun freilich auch gesehen, wie die ewige Kirche Gottes in der Zeit ins Dasein trat, eine irdische Entwicklung durchgemacht hat, durch menschliche Mittel und menschliche Werkzeuge gebaut wird und dadurch auch vielfach auf Pfade des Irrtums kam, von welchen Gott sie dann nach seiner Gnade wieder zurückführte zur Wahrheit. Wir haben aber auch schon wiederholt anzudeuten Anlaß gehabt, wie nun eben die Kirche längst nicht mehr eine ist, sondern geteilt in Konfessionen.
Wir halten daran fest, daß die Kirche doch noch eine ist. Sie ist nicht nur eins als die unsichtbare Gemeinde der Gläubigen, sondern doch auch einigermaßen in der sichtbaren Erscheinung. Es gibt doch noch Glaubensbekenntnisse, welche die verschiedenen Konfessionen gemeinsam haben. Wir haben gehört, daß in derjenigen unserer Bekenntnisschriften, die am meisten polemische, d. h. angriffsweise vorgehende Haltung hat, in den schmalkaldischen Artikeln, von Luther vorangestellt sind die Artikel von der göttlichen Majestät, in welchen kein Zwiespalt auch in den Tagen der Reformation gewesen ist. So haben die Verfasser, die Sammler des Konkordienbuches vorangestellt – ehe sie zu den besonderen Bekenntnissen unserer Kirche weiterschritten – die 3 ökumenischen d. h. allgemeinen Glaubensbekenntnisse: das apostolische, das nizänische und das athanasianische. Das mittlere unter denselben, das nizänische ist das eigentlich ökumenische Bekenntnis, das die ganze Christenheit teilt. Das apostolische wird dem Inhalt nach ja auch von der ganzen Christenheit angenommen, da es in dem nizänischen enthalten ist; aber die morgenländische Kirche kennt es wenigstens in dieser Form nicht, sondern gebraucht auch bei der Taufe nur das Nicänum. Das dritte ökumenische Glaubensbekenntnis trägt seinen Namen „athanasianische“ nicht mit Recht, denn es hat mit Athanasius, dem Bischof von Alexandrien, absolut nichts zu tun; es ist einige Jahrhunderte später, wohl in Südfrankreich, entstanden und wird von der morgenländischen Kirche entschieden abgelehnt um einiger Bestimmungen willen, die den Differenzpunkt, den Streitpunkt zwischen morgenländischer und abendländischer Kirche gebildet haben. Seine Berechtigung hat das athanasianische Glaubensbekenntnis gleichwohl in dem Ganzen unserer Bekenntnisschriften; denn es ist das geschichtliche Denkmal dafür, daß die abendländische Kirche nach ihrer Trennung von der morgenländischen noch Jahrhunderte hindurch eine gemeinsame Entwicklung genommen hat und daß wir mit vielem, was wir haben und üben, an diesem Besitz der alten abendländischen Kirche festhalten und dankbar davon Gebrauch machen. Zugleich bildet es den Uebergang von den allgemeinen zu den besonderen Bekenntnissen.
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. , Neuendettelsau 1919, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_117.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)