einen Sermon geschrieben, daß man die Kinder solle zur Schule anhalten. Die höheren Schulen hat Melanchthon instandgesetzt, er ist der Schöpfer des deutschen Gymnasiums und er gestaltete auch die Universitäten neu. Auf die Einrichtung der Volkschulen aber hat Luther den größten Einfluß ausgeübt. Hier ist auch sein Katechismus zu nennen. An der chursächsischen Kirchenvisitation des Jahres 1527/28 nahm auch Luther teil und bekam einen Eindruck von der unglaublichen Unwissenheit des Volkes. So ermunterte er seine Mitarbeiter, einen Katechismus zu verfassen und machte sich darnach, weil keiner ihm ganz entsprechend war, selbst ans Werk. Er verfaßte den großen Katechismus, der eine schöne Darlegung der gesamten christlichen Lehre in zusammenhängendem Vortrag enthält. Da derselbe aber zu ausführlich ausfiel, verfaßte er 1529 den kleinen Katechismus. Derselbe ist ein wahres Meisterwerk und er ist es wert, daß man ihn in seiner Urgestalt kennen lernt, wie er in den Lutherheften von Zwickau zu finden ist. Da findet man die herrliche Vorrede an die Pfarrherrn, welche die Worte enthält: „Euer Amt ist nun ein ander Ding worden denn es unter dem Papsttum war, es ist ernst und heilsam worden.“ Man könnte lange darüber reden, welche genialen Griffe Luther im kleinen Katechismus tat, wie z. B. im 1. Hauptstück, wo er die Beziehung aller Gebote auf das erste Gebot in einfachster Weise durch den Anfang jeder folgenden Auslegung feststellt: „Wir sollen Gott fürchten und lieben.“ Wie glücklich war sein Griff, aus dem ersten Gebot, wie es 2. Mose 20 wörtlich steht, den Satz herauszuheben: „Ich der Herr dein Gott .[.].“ und an den Schluß zu stellen als Antwort auf die Frage: was sagt nun Gott von diesen Geboten allen? Die Auslegung des 2. Glaubensartikels gilt nach dem Urteil eines Sprachkenners für die schönste Satzperiode, die in deutscher Sprache jemals gefügt worden ist: umfassend, tiefgehend, aber außerordentlich einfach und klar. Welche Gewalt über die Sprache tritt uns in der Auslegung des 3. Hauptstückes entgegen bald in ausführlicher Darlegung, bald in kurzen Sätzen. Wie meisterhaft sind die kurzen Gebete, die Luther für vor- und nach Tisch, für Morgen und Abend beifügt, wie wichtig die Haustafel auf die Luther selbst großen Wert gelegt hat.
Wir können diesen Abschnitt nicht schließen, ohne darauf hingewiesen zu haben, worüber ich bei anderer Gelegenheit schon sprach, welchen Segen und welche Frucht die Kirche der Reformation in und nach dem 30jährigen Krieg gebracht hat. Der Dienst der Kirche am deutschen Volk in dieser Zeit kann nicht hoch genug angeschlagen werden. Wenn trotz aller Zerstörung das Volk sich wieder emporhob, so kann das nur auf dem Einfluß der Kirche und des geistlichen Amtes beruht haben.
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. , Neuendettelsau 1919, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_113.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)