Wir sprechen
- 1. von der reformatorischen Lehre von den guten Werken überhaupt,
- 2. von den Früchten der Reformation im Einzelleben,
- 3. von den Früchten der Reformation im öffentlichen Leben,
- 4. von den Früchten der Reformation in der Tätigkeit für die Ausbreitung der Kirche,
- 5. von den Früchten der Reformation für den inneren Ausbau der Kirche.
Als Philipp Melanchthon die Augsburgische Konfession ausarbeitete, benutzte er, wie wir gestern sagten, die in Marburg von Luther aufgestellten und nachher noch einmal umgearbeiteten Artikel, die als die sogenannten Schwabacher Artikel der Vereinigung der Evangelischen zur Grundlage hatten dienen sollen. Schon in den Marburger Artikeln handelt einer, der 10. von den guten Werken und es wurde dort gesagt, daß der Glaube durch Wirkung des heiligen Geistes gute Werke übe, nämlich die Liebe gegen den Nächsten, Beten zu Gott und Leiden von allerlei Verfolgung. In den Schwabacher Artikeln wird dann im 6. der Glaube beschrieben als göttliches Werk, ein kräftiges und lebendiges Wesen, bringt dadurch viel Früchte, gegen Gott mit Loben und Danken und gegen den Nächsten mit Lieben, Dienen und Leiden allerlei Uebels bis in den Tod. Damit ist schon in Kürze gesagt, was zu sagen war über das Verhältnis von Glauben und guten Werken, über die Betätigung des Glaubens im Leben und Wandel. In der Augsburgischen Konfession wird sehr viel über diesen Punkt gesagt. Der 6. Artikel handelt vom neuen Gehorsam, man könnte auch sagen von den Früchten des Glaubens, der 20. Artikel ist eine längere Darlegung über den Glauben und die guten Werke, ruhend auf einer Niederschrift, die Melanchthon etliche Monate zuvor zu seiner eigenen Instruierung gemacht hatte und die er nun in die Augsburgische Konfession aufnahm, um recht klar darzulegen, wie das Verhältnis von Glauben und guten Werken sei. Aber auch da, wo man es nicht zunächst sucht, im 16. Artikel „von Polizei und weltlichem Regiment“ finden sich sehr wichtige und tiefgehende Darlegungen über die guten Werke. Nach beiden Seiten hin wird gelehrt, sie weder zu unterschätzen noch zu überschätzen. Das näher darzulegen war späterhin Aufgabe der Konkordienformel in ihrem 4. Artikel, aus Anlaß eines Streites zwischen Major und Amsdorf, ob und wie weit gute Werke nötig seien zur Seligkeit. Gute Werke sind die Früchte. So hat es Luther von Anfang an gerne ausgedrückt und immer wieder gezeigt, wie sie nicht etwas Gezwungenes sind, eine ausgelegte Last, sondern ganz von selber aus dem Glauben erwachsen. Bekannt ist sein Vergleich, daß die Sonne nicht muß
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. , Neuendettelsau 1919, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_105.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)