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Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 104.png

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Wir Christen aber kennen das Gesetz Jesu Christi; wir kennen, wie Jakobus sagt, das vollkommene Gesetz der Freiheit. Wir wissen, daß die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung. Für uns ist alles innerlich, geistlich zu verstehen, auch was von Opfer uns geboten oder besser gesagt, verstattet ist. Und es darf gesagt werden, daß diese innerliche, geistliche Erfüllung des Gesetzes viel schwerer ist als die äußere Erfüllung mit der Tat, wie sie dem Volk Israel auferlegt war. Die Gläubigen in Israel konnten täglich in den Tempel gehen, womöglich des Tages zweimal, soweit sie in Jerusalem wohnten. Sonst fand das Volk sich wenigstens dreimal im Jahr bei seinem Heiligtum zusammen oder die entfernter Wohnenden am Osterfest einmal im Jahr. Wo auch die Gläubigen Israels weilten, so wandten sie sich in ihren Gebetszeiten in der Richtung nach Jerusalem zu und wenn sie sich versammelten in ihren Synagogen hin und her, in fremden Ländern und Städten, so gedachten sie des Heiligtums in Jerusalem. Wir sind nicht mehr an irgend eine äußere Stätte gebunden, wir wissen: „Wo zwei oder drei versammelt sind in seinem Namen, da ist Er mitten unter uns.“ Für uns ist jeder Tag gleich und wir haben die Aufgabe alle Tage unseres Lebens, unsere ganze Lebenszeit dem Herrn darzubringen. Wohl hat auch die Gemeinde Christi in Freiheit sich einen Tag für den Gottesdienst erwählt, nach alttestamentlichem wohlverstandenen Vorbild und nach dem gleichfalls richtig erfaßten Wink ihres Herrn. Aber das ist nicht der 7. Tag, der gleichsam abschließend die kommende Vollendung vorbildlich darstellt, sondern es ist der erste Wochentag, der kraftvoll fortwirken will für unser Tun die Woche und die ganze Lebenszeit hindurch. Und was das Opfer anlangt, so kennen wir äußere Opfer, die verbrannt werden und im Rauch vom Altar emporsteigen, nicht mehr; bei uns werden nicht mehr tote Tiere zum Opfer gebracht, sondern unsere Opfer sollen sein lebendig, heilig und darum Gott wohlgefällig, ein vernünftiger, man könnte auch sagen geistiger Gottesdienst. Dies Opfer ist Darbringung unseres ganzen Lebens. Wir unterscheiden die Opfer unseres Herzens, nämlich die Hingabe des ganzen Herzens an unsern Gott und Herrn, das daraus sich ergebende Opfer unserer Lippen, das ist das Gebet und endlich das Opfer unserer Hände, darin bestehend, das wir irgend etwas tun oder geben zum Dienst des Herrn an seinen armen Brüdern oder für sein Reich auf Erden. Das ist der Gottesdienst, der sich durchs ganze Leben hinziehen soll und das muß, wie es vom einzelnen Christen gilt, auch von der Kirche im ganzen und sonderlich von der Kirche der Reformation gelten. Was in ihr lebt und wirkt muß äuserlich hervortreten und so betrachten wir heute:

die Kirche der Reformation nach ihren Lebensäußerungen.