Ordnung und Form unserer Landeskirche sind sie dem Eingang vorangestellt. Daß Luther sie nicht besonders anführte, ist nicht Vergeßlichkeit von ihm, wie manche meinten; er hat es vielmehr so angesehen, daß das Wort, das zum Element hinzutreten muß, die Taufformel, das Austeilungswort sei: „Ich taufe dich im Namen des dreieinigen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“, wie er auch beim heiligen Abendmahl als dies Wort nicht die Konsekration, sondern die Spendeformel ansah und die Konsekration nicht besonders wertete, obwohl er sie stehen ließ und auch schon in der deutschen Messe hat. Dagegen behielt Luther die Abrenunziation, die feierliche Absage, in der heiligen Taufe bei und wer Luthers Taufbüchlein hochhält, wird diese für das christliche Leben so wichtige Entsagung nicht fallen lassen, nachdem sie leider in unserer Landeskirche im Gebrauch gewaltig zurückgeht. Aber Luther behielt auch den Exorzismus bei der Taufe bei, der oft fälschlich, manchmal auch böswillig, mit der Abrenunziation verwechselt wird. Exorzismus ist die feierliche Teufelaustreibung: „Ich beschwöre dich, unreiner Geist, daß du ausfahrest von diesem Diener Jesu Christi“. In der alten Kirche war sie früh gebräuchlich und ist bei Heidentaufen sehr wohl verständlich, da man annehmen darf, daß die im Heidentum Herangewachsenen vielfach mit Werk und Wesen des Argen verquickt sind, ja sich ihm als Wohnstatt und Werkzeug ergeben haben. Aber freilich hat schon zur Reformationszeit ein Teil, die mehr von der Schweiz her beeinflußten Männer, den Exorzismus abgelehnt und unsere Kirche hat ihn allmählich fallen lassen und gewiß nicht mit Unrecht. Denn unsere Täuflinge sind Christenkinder, von denen man nicht annehmen kann, daß sie, die durch Gebet dem Herrn schon zuvor empfohlen sind, vom bösen Geist besessen seien. Etwas anderes ist die Abrenunziation, die Absage gegenüber dem Feinde Gottes, die wir nicht fallen lassen wollen. – 1526 folgte das wichtige Büchlein die deutsche Messe, ein Versuch einer deutschen Gottesdienstordnung im Anschluß an die römische Messe, also an das geschichtlich Gewordene. Luther hat hier die Abendmahlsfeier so einfach wie möglich mit schöner Vermahnung, auch mit einer Paraphrase (Umschreibung) des Vaterunsers ausgestaltet.
Luther hat den liturgischen Gesang beibehalten und auch den Psalmengesang. Leider ist der letztere bald in der evangelischen Kirche abgekommen, wohl deswegen, weil man die Psalmen meist lateinisch sang. Wegen der lateinischen Schulen, die mit der Kirche eng verbunden waren, wollte Luther die lateinische Sprache nicht ganz im Gottesdienst verschwinden lassen. Aber infolgedessen wohl fielen sie allmählich weg oder mußten Umdichtungen weichen. In der deutschen Messe kommt im Vorwort die wichtige Stelle vor, da Luther sagt, wenn es solche gäbe, die mit Ernst Christen sein wollen,
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. , Neuendettelsau 1919, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_100.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)