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Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 098.png

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Lieder oder Volksweisen, viele aber auch sind neu entstanden. Hier zeigt es sich auch, wie wenig man sich auf die Gelehrten verlassen kann. Einer der tüchtigsten Kenner Luthers in der Gegenwart leugnet, daß Luther überhaupt Melodien erfunden hätte, weil er in seinen Schriften und Briefen nichts darüber finden konnte, während die Lutherforscher Buchwald und auch Köstlin festhalten, daß Luther mehrere Melodien selbst erfunden habe. Sicher ist, daß ihm bei Herstellung der meisten Melodien Johann Walther, der kurfürstliche Kapellmeister, behilflich gewesen ist. Daß wir also auch die Melodien ihm letztlich zu verdanken haben, das steht fest. Walther mußte ihm auch die meisten umgeänderten Melodien immer vortragen und Luther war schwer zu befriedigen. Er war ja sehr musikalisch beanlagt und auch ausgebildet, wie man aus der deutschen Messe sehen kann, wo er die technischen Ausdrücke angeben konnte, so daß es verwunderlich wäre, wenn er nicht auch selbst Melodien erfunden hätte. Meist aber schloß er sich an Vorhandenes an und gerade die alten vorreformatorischen Melodien haben zum Teile die größte Kraft und Macht über das Gemüt.

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Luther ist an Reichtum auf dem Gebiet der Liederdichtung kein anderer in der Reformationszeit gleichgekommen. Von Luther sind 36 Lieder vorhanden, von denen in unserm Gesangbuch nicht alle, aber die größere Mehrzahl stehen. Sonst bedeutende Liederdichter der Reformationszeit treten nur mit einzelnen Liedern hervor, wie Justus Jonas: „Wo Gott der Herr nicht bei uns hält“ dichtete, Decius das unsterbliche: „O Lamm Gottes“ und „Allein Gott in der Höh sei Ehr“. Lazarus Spengler, Ratsschreiber in Nürnberg verfaßte das wohl etwas doktrinäre Lied: „Durch Adams Fall“, was aber doch ein ehrwürdiges Denkmal aus der Zeit der Reformation bleibt. Dann Johann Hesse in Nürnberg, der in Breslau starb, dichtete: „O Welt, ich muß dich lassen“, Johann Graumann, aus der Oberpfalz stammend: „Nun lob mein Seel den Herren“. Etwas mehr Lieder dichtete Paul Eber; von ihm ist u. a.: „In Christi Wunden schlaf ich ein“, „Herr Jesu Christ, wahr Mensch und Gott“. Dann Nikol. Hermann, der Kantor von Joachimstal, von dem eine ganze Anzahl Lieder vorhanden sind, die nicht alle Kirchenliedercharakter tragen, eins oder zwei von dem Pfarrer von Joachimsthal Johann Mathesius, die beide gemeinsam Lieder dem Volke darboten. – In der 2. Hälfte des Reformationsjahrhunderts ist dann die Fruchtbarkeit schon größer. Da ist Selnecker, den ich als Mitverfasser des Konkordienbuches nannte, Bartholomäus Ringwald und die gewaltigsten Lieder, freilich nur 2, verfaßte. Philipp Nicolai, Hauptpastor in Hamburg: „Wie schön leucht uns der Morgenstern“ und „Wachet aus ruft uns die Stimme.“ So viel von den Liedern aus der Reformationszeit. Welch ein Reichtum ist in dem Kirchenlied durch Luther der Kirche geschenkt worden, für den wir Gott nicht genug