Zeit können wir uns am ersten aus 1. Kor. 14 und Apg. 20, 7ff. machen. Ordnung, heilige Ordnung soll herrschen. Es soll alles wohlanständig und der Ordnung gemäß zugehen, sagt Paulus. Diese Ordnung handhabten die Aeltesten der Gemeinde; aber jeder den der Geist erfüllte und trieb konnte das Wort ergreifen zu Weissagung, Lehre, Mahnung, Gebet. Auch Gesang wird Epheser 5 als Bestandteil des Gottesdienstes ausdrücklich genannt. Dort sind neben den Psalmen, unter denen doch wohl die alttestamentlichen Psalmen zu verstehen sind, Hymnen und Oden aufgeführt oder wie Luther übersetzt: geistliche, liebliche Lieder. Hymnen sind Festgesänge, Oden schwungvolle Lieder und Gedichte. – Anfänglich waren die Gläubigen täglich beisammen teils im Tempel, teils im engeren Raum, später findet der eigentliche Gottesdienst am Sonntag statt. Die erste Erwähnung in der Schrift findet sich 1. Kor. 16, 2, Apg. 20, 7; erstes außerbiblisches Zeugnis ist der Brief des Plinius an den Kaiser Trajan, aus dem wir hören, daß am Sonntag schon früh vor Sonnenaufgang, dann des Abends nach Sonnenuntergang die Christen sich gottesdienstlich versammelten, da der Tag für sie damals noch nicht frei von der Arbeit sein konnte. Sonntäglich auch beging die Gemeinde Christi die Feier des heiligen Mahles im Anschluß an eine Agape, ein Liebesmahl, an welchem die Gemeinde wie eine große Familie, wie Gottes Volk und Hausgesinde sich zusammenfand. Lange konnte der christliche Gottesdienst in dieser Freiheit und Eigenartigkeit nicht bleiben. An die Stelle der Ergüsse geisterfüllter Männer mußte die studierte Rede mit Notwendigkeit treten. Der abendliche Gottesdienst mußte aufgegeben werden, teils wegen der damit verknüpften Gefahren und Mißstände teils auf Grund eines kaiserlichen Ediktes, welches geheime Versammlungen verbot. Justin der Märtyrer, † 166, gibt uns einen kurzen Bericht über den Gottesdienst seiner Zeit, der die Gestalt trug, wie ihn die Reformation wieder einzuführen bestrebt war. Er hatte 2 Teile, die missa catechumenorum und die missa fidelium. Der 1. Teil war Predigt- und öffentlicher Gottesdienst, an dem auch Heiden, Katechumenen und die in Kirchenzucht Befindlichen teilnehmen konnten. Der 2. Teil war die Abendmahlsfeier, bei welcher die Genannten den Gottesdienst verlassen mußten. Die Versammlung ist entlassen, „concio missa est“ rief an dieser Stelle der Diakon. Daher behielten die beiden Doppelteile des Gottesdienstes die Benennung Messe. Bestimmte Ordnungen wurden schon sehr frühe festgesetzt. Wir besitzen noch die sogen. apostolischen Konstitutionen, die in der jetzigen Form zwar erst dem 4. und 5. Jahrhundert angehörig sind, von denen aber manche Bestandteile bis ins 2. Jahrhundert zurückreichen. Da finden wir schon eine Fülle gottesdienstlicher Ordnungen. – Die Predigt wurde fleißig geübt. Der hervorragendste Prediger des Morgenlandes war der Bischof Johannes
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. , Neuendettelsau 1919, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_091.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)