besondere Bekenntnisse besitzen. So hat sich von selbst im Lauf der Geschichte ein Glaubensbekenntnis als unentbehrlich erwiesen, aber auch die innere Notwendigkeit ist unschwer aufzuzeigen. Wir sagten schon, die Schrift ist die Urkunde der göttlichen Offenbarung, aber sie ist kein Lehrbuch, kein Katechismus mit Lehrsätzen, sondern das Zeugnis von der Heils-Offenbarung Gottes in Christo. Die Kirche soll das, was im Wort der Schrift ihr mitgegeben ist auf ihren Weg erkenntnismäßig erfassen unter Leitung des heiligen Geistes, vielfach gerade im Kampf gegen falsche Lehre. Und was die Kirche erkenntnismäßig erfaßt, muß sie bekenntnismäßig auch zum Ausdruck bringen in verschiedenen Zeiten, die dazu auffordern und fähig sind. Und so geben uns die reformatorischen Bekenntnisse die Ergebnisse der Erkenntnis der heilsamen Lehre, zu denen Gott die Kirche in den Tagen der Reformation geführt hat. Wir leugnen nicht daß die Bekenntnisse, von Menschen verfaßt, auch sehr menschliche Art an sich tragen, zeitlich sind in Ausdruck und Darstellung, vielfach von unvollkommener Gestalt. Sie wollen geschichtlich erfaßt sein, daß man weiß, in welchen Lehrstreitigkeiten sie den Ausgleich geben wollten. Ihr Verhältnis zur Schrift ist das, daß sie lehrmäßig aussprechen, was in der Schrift und als göttliche Offenbarung urkundlich dargeboten ist. Die Bekenntnisse führen nicht von der Schrift weg, sondern führen vielmehr zu ihr hin. Für uns haben die Bekenntnisse wie schon gesagt, die große Bedeutung, daß sie das Einheitsband unserer Kirche bilden. Rom ist zusammengeschlossen durch seine äußere Verfassung unter seinem Oberhaupt; die Reformierten wollen ein Gottesvolk im alttestamentslichen Sinn sein; das Einheitsband unserer Kirche ist ihr gemeinsames Bekenntnis der göttlich geoffenbarten Wahrheit, entstanden unter Leitung des heiligen Geistes, der in der Kirche waltet. Ferner sind die Bekenntnisse von großer Bedeutung für das Amt der Kirche. Dasselbe ist an das Bekenntnis der Kirche gebunden und jeder Geistliche unserer Kirche übernimmt, wo es recht steht, bei der Ordination die feierliche Verpflichtung, nach der Heiligen Schrift und dem Bekenntnis der Kirche zu lehren und zu unterrichten. Das Bekenntnis der Kirche ist wichtig und notwendig für die Einzelnen als Anleitung zum rechten Verständnis der Schrift. Darum ist es wichtig und war sehr wohlgetan, daß unter die Bekenntnisschriften unserer Kirche auch der Kleine und Große Katechismus Luthers aufgenommen worden sind, zum Zeichen, daß die Bekenntnisse für alle da sind, nicht nur für die Theologen. Dettelsauer Schwestern sollten im Besitz des Konkordienbuches sein und es wäre eine schöne Feier des Reformations-Jubiläums, wenn die Bekenntnisse, nicht nur die Augsburgische Konfession, die Sie in ihren 21 ersten Artikeln sich einigermaßen gedächtnismäßig eingeprägt haben, sondern auch die übrigen, die Schmalkaldischen Artikel, die Luthers Geist und Kraft atmen und der große Katechismus
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. , Neuendettelsau 1919, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_082.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)