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Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 065.png

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Wahrheit ans Licht zu stellen, erbietet sich Bruder Martin die folgenden Sätze zu verteidigen.“ Er schlug sie gerade an die Allerheiligenkirche an um die Sache recht deutlich zu machen, daß es sich darum handle gegen das Ablaßwesen aufzutreten, das in dieser Kirche getrieben wurde. In diesen Sätzen ist noch vieles, was dem mittelalterlichen Standpunkt angehört; es ist das Papsttum noch durchaus anerkannt und auch sonst sind manche irrigen Sätze darrin zu finden; daneben aber durchaus Reformatorisches. In den Thesen findet sich der schon heute früh angeführte Satz: „Der wahre Schatz der Kirche ist das allerheiligste Evangelium von der Herrlichkeit und Gnade Gottes.“ (Th. 62.) Und besonders der erste Satz ist ein ausgesprochen reformatorisches Wort, die Sache im Mittelpunkt erfassend: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: Tut Buße, hat er gewollt, daß das ganze Leben der Gläubigen eine stete Buße sein solle.“ Wir dürfen geradezu sagen: das war ein von Gott gegebener Ausgangspunkt der Reformation. Denn mit dem Ablaß wurde getroffen die ganze Anmaßung des Papstes, der sich brüstete über den Schatz guter Werke zu verfügen und Ablaß noch den Toten gewähren zu können. Es wurde getroffen die falsche Werklehre der Kirche, der falsche Begriff der Buße als eines äußerlichen Werkes, das von Zeit zu Zeit abgemacht werden könne und auch die sozialen oder gesellschaftlichen Schäden, welche das Papsttum gebracht hat. Luther äußerte zwar in diesen Thesen noch großen Respekt vor dem Papst; aber in sehr feiner Weise weiß er auch bittere Wahrheiten zu sagen: die Leute werden etwa sagen: „Wenn der heilige Vater die Seelen im Fegfeuer erlösen kann, warum tut er es nicht auf einmal für alle und warum erlöst er sie nur ums Geld?“ Luther hatte vielleicht auf die Predigt, die er über das Ablaßwesen am Allerheiligentag halten wollte, den Hauptnachdruck gelegt. Gott hat es so gefügt, daß gerade die Thesen der Ausgangspunkt für das Reformationswerk werden mußten. Sie waren ursprünglich lateinisch geschrieben, wurden aber bald übersetzt und durch die Buchdruckerkunst überallhin in Deutschland verbreitet, so daß sie in 14 Tagen in ganz Deutschland bekannt waren, was damals etwas heißen wollte und in 4 Wochen in ganz Europa. So sehen wir denn auch dem Anfang entsprechen.


III.

Die sieghafte Weiterführung des Reformationswerkes. Dazu mußten insbesondere die Feinde mithelfen. Zu einer Disputation über die 95 Thesen kam es nicht; denn in Wittenberg fand sich niemand, der gewillt gewesen wäre, für den Ablaß aufzutreten. Aber auf literarischem Weg durch Schriften wurden Luthers Aufstellungen angegriffen. Wir nannten heute Vormittag schon den Namen des D. Johann Eck, Professors in Ingolstadt, der doch wohl