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Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 062.png

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immer allgemeiner anerkannt wurde. Rom selbst wurde zwar ein Sitz der Künste und Wissenschaften, aber auch eines neuen Heidentums und die Päpste haben vor der Reformation und bis tief in die Reformationszeit hinein doch eigentlich nur Politik getrieben. Es war ihnen hauptsächlich um die Hebung ihres Länderbesitzes, ihres sogenannten Kirchenstaates zu tun. Ueber dem vergaßen sie alles andere und übersahen selbst die Gefahr, welche die deutsche Bewegung der bisherigen römischen Kirche bringen mußte. Wir wissen, daß Luther, als er in Rom weilte, den damaligen Papst Julius II. zum erstenmal sah, als derselbe an der Spitze eines Heeres aus dem Kriege zurückkehrte; auch ein eigentümliches Bild für den Statthalter Christi, der sich den Knecht der Knechte nennt. – Aber auch die Zeugen der Wahrheit vor der Reformation hatten nicht umsonst gewirkt, besonders die gesunde Mystik, die der Reformation sehr unmittelbar die Wege bereitet hat. Das zeigt der Name eines Mannes, der so wichtig und bedeutsam für Luthers Lebensweg war, D. Johann v. Staupitz. Er hat Luther der Rechtfertigung geben können. Zu bedauern ist, daß diesem Mann die volle Erkenntnis gefehlt hat, daß es eine Kirche Christi gibt. Er begnügte sich damit, daß er für seine Person die Wahrheit hatte und sie im engen Kreis betätigte; vor der Kirche dafür einzutreten, dazu entschloß er sich nicht. Er zog sich, nachdem er Luther die größten Dienste erwiesen, – ihn innerlich gefördert und äußerlich auf den richtigen Posten nach Wittenberg gestellt hatte –, ganz und völlig zurück, trat aus dem Augustinerorden, um dem Kampf aus dem Wege zu gehen, aus, trat zum Benediktinerorden über, ward Abt des St. Petersklosters in Salzburg und liegt auf dessen Friedhof begraben, nachdem er auf einer Erholungsreise in St. Zeno in Reichenhall am 28. Dezember 1524 verschieden war. So können wir sagen: der ersehnte Zeitpunkt war herbeigekommen.


II.

Und nun gab Gott dem Reformationswerk seinen bedeutsamen Ausgangspunkt.

Was dieser Ausgangspunkt war, braucht im Jubeljahr des Reformationsbeginns nicht gesagt zu werden, aber zu zeigen ist, wie das ein von Gott gegebener Ausgangspunkt gewesen ist – der Kampf gegen den Ablaß. Was war der Ablaß? Nicht Sündenvergebung, das hat die römische Kirche nie gelehrt; aber es ist von Ablaßpredigern freilich so hingestellt und vom armen Volk so hingenommen worden. Ablaß ist an sich der Nachlaß der Büßungen oder Genugtuungen, die in der Beichte aufgelegt werden mußten und von denen unter Umständen zu befreien die Kirche sich das Recht zuschrieb. Auf einen falschen Begriff von Buße weist das natürlich hin, Buße ist nach der Schrift Sinnesänderung und umfaßt