erklärte 100 Jahre später Kaiser Karl V. in Worms, er wolle nicht auch erröten müssen, wie einst Sigismund, sondern Luther das zugesagt freie Geleit halten. Hus wurde vom Konzil ausgestoßen aus der Kirche und der weltlichen Macht übergeben. Das war die heuchlerische Form des Todesurteils. Es war gerade sein 46. Geburtstag, der 6. Juli 1415, da er öffentlich vor den Toren von Konstanz verbrannt wurde, ein Märtyrer für die Sache des Evangeliums; ein Zeuge der Wahrheit. Seine Erkenntnis war ja in einzelnen Punkten noch mangelhaft, so fehlte ihm der rechte Begriff von dem, was die Kirche ist, aber auf evangelischem Boden stand er. Sein Freund Hieronymus von Prag, der sich freiwillig in Konstanz einfand, wurde auch gefangen gesetzt; er wurde mürbe gemacht, so daß er einmal widerrief, aber dann ermannte er sich wieder, nahm den Widerruf zurück und bestieg mutig seinerseits ebenfalls den Scheiterhaufen. Die Bewegung aber war damit nicht zu Ende. Seine Anhänger in Böhmen waren nicht willens, ungerächt die Sache hingehen zu lassen; sie erhoben sich; der Aufstand der Hussiten eröffnete einen 17 jährigen Bürgerkrieg. Die Hussiten sind bis Pegnitz vorgedrungen und haben fast alle Kirchen in Oberfranken verbrannt; die Ortschaften behelligten sie nicht. Aus diesen Leuten, die zu den Waffen griffen gegen den Sinn ihres geistlichen Vaters Hus unter ihrem Führer Ziska, aus diesen wilden Scharen sind schließlich die stillen böhmischen Brüder geworden, in welchen der fromme Sinn des Hus wieder auflebte und zu welchen Luther in nahe Beziehung getreten ist.
Wir könnten noch einen 3. Reformator vor der Reformation nennen, Hieronymus Savonarola aus Italien, ein Dominikanermönch, der in Florenz auftrat und von 1439–1498 gelebt hat. Er ist mehr ein Reformator in dem Sinn, daß er gegen das üppige, weltliche Leben in Florenz geeifert hat. Eigentlich evangelische Wahrheitsmomente sind bei ihm weniger hervorgetreten; er mischte sich auch mehr als gut war in politische Verhältnisse ein, wovon übrigens auch Hus nicht völlig frei gesprochen werden kann, ist aber doch ein Zeuge der Wahrheit nach ihrer sittlichen Seite hin und ein Märtyrer seiner auf Gottes Wort gegründeten Ueberzeugung gewesen. Er wurde gehängt und verbrannt zugleich, nachdem es ihm vorher zeitweise gelungen war, eine Art Sittenreformation in dem üppigen Florenz herbeizuführen, durch die Macht seiner Predigt, durch das Aufdecken oft verborgener Sünden und durch die Gabe manches Kommende auf politischem Gebiet vorherzusagen. Schließlich wurde das Volk gegen ihn wieder eingenommen und das war sein Untergang.
Wir sprechen nun endlich noch von einzelnen erfreulichen Erscheinungen aus der vorreformatorischen
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. , Neuendettelsau 1919, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_041.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)