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Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 039.png

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auch eine Menge Gaukler und Schauspieler und leider auch keine kleine Zahl von schlechten Weibspersonen. So war eine weltliche glänzende Versammlung dort, wie sie sich nicht wieder zusammengefunden hat. Der Anfang des Konzils war imposant. Der Kanzler der Universität Paris, Gerson, der sehr reformatorisch gesinnt war, eröffnete es und erklärte, daß das Konzil über dem Papst stehe. Man setzte nach langen Verhandlungen die 3 Päpste ab, weil sie nicht freiwillig zurücktreten wollten. Damit war der entscheidende Augenblick gekommen; denn die Deutschen verlangten, daß ehe ein neuer Papst gewählt würde, eine Reformation der Kirche vorgenommen werde. Schließlich wurden sie aber von den andern überstimmt und es wurde doch wieder ein Papst gewählt, Martin V., ein kluger Mann, der es verstand, die Versuche einer Reformation des Kirchenwesens zu hintertreiben. Uebrigens hat sich das Konzil von Konstanz leider mit dem Urteil über Hus befleckt, wovon gleich nachher zu reden ist. Der Papst mußte zwar versprechen zu einer Reformation der Kirche eine neue Kirchenversammlung bald zu berufen, das schob er aber hinaus. Erst auf langes Drängen entschloß er sich nach Basel eine Kirchenversammlung zu berufen, die 12 Jahre dort tagte, von 1431–1543 und ziemlich resultatlos auseinanderging. Gottes Weg war ein anderer. Nicht durch Kaiser und Könige, nicht durch Konzile und Reichsversammlungen sollte die Reformation geschehen. Was Gott gewirkt hat, hat er immer durch einzelne geisterfüllte Persönlichkeiten gewirkt; auch schon vor der Reformation traten Reformatoren auf, Männer, die eine Besserung des Kirchenstandes im Umkreis ihres Berufes erstrebten.


III.

Wir reden von den Reformatoren vor der Reformation. Der erste ist der Engländer John Wiclif, der am wenigsten bekannte, aber wohl bedeutendste, ums Jahr 1384 gestorben. Er stand im Dienst der Universität Oxford und war mit der Bibel näher bekannt geworden, wodurch wissen wir nicht; ob es auch Nachwirkungen der Waldenser waren, steht nicht fest. Die Universität Oxford stand im Kampf und Streit mit den Bettelmönchen. In diesem Streit gab Wiclif ein Gutachten gegen die Bettelmönche ab; das lenkte den Blick des Königs von England auf ihn. Derselbe stand mit dem Papst in Streit über das Recht, die Klöster zu besteuern; er wandte sich an Wiclif, der auch hierüber ein Gutachten abgeben sollte, das vortrefflich ausfiel. Dafür ernannte ihn der König zum Professor in Oxford – eine hohe Ehre. Er sandte ihn dann mit Gesandten nach Rom, wo Wiclif das Verderben der Kirche kennen lernte, wie später Luther.