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Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 028.png

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Kirche nach der Seite hin geschildert, daß sie die Gemeinschaft der Gläubigen ist. „Eine Landschaft, welche mit dem zauberischsten Pinsel der Natur entnommen und mit täuschender Wahrheit auf die Leinwand niedergelegt ist, läßt unbefriedigt, sie sei schön wie sie wolle, wenn nicht irgendwo auf ihr die Gestalt des Menschen angebracht ist. Allein kann der Mensch nicht sein. Allein möchte ich nicht einmal selig sein.“ In der Kirche haben wir die Gemeinschaft mit allen Gläubigen, etwas Großes und zugleich die Gabe der Gnadenmittel, welche die Kirche uns bietet. Aber wie, wenn nun die Kirche wagt, sich einzudrängen zwischen Christus und die Gläubigen. Das tut die katholische Kirche auf allerlei Weise. Da werden dazwischengestellt die himmlischen Mittler, die Heiligen, die fast mehr angerufen werden als Christus selbst. Da werden dazwischengestellt die irdischen Mittler, die Priester; denn die Vergebung der Sünden für den Einzelnen ist an die priesterliche Vermittlung gebunden. Der Priester legt die Genugtuung auf, die notwendig ist, um die vollständige Vergebung der Sünden zu erlangen. Dazu gehört nicht nur Zerknirschung des Herzens und Bekenntnis mit dem Munde, sondern auch die Genugtuung mit der Tat. Wir sagen: freilich genügt nicht Zerknirschung und Bekenntnis, aber was dazu kommen muß, das ist der Glaube, der Christi Verdienst ergreift. Es ist nicht zufällig, daß der gewaltigste Papst Innozenz III. auf dem Lateran-Konzil des Jahres 1215 die Ohrenbeichte eingeführt, jedem katholischen Christen zur Pflicht gemacht, zur einzigen Möglichkeit dargestellt hat, die Vergebung der Sünden zu erlangen. Da hat sich die Kirche zwischen den Einzelnen und seinen Gott gedrängt und dadurch sind die Christen auf falsche Fährte geführt worden. Die katholische Kirche will den Einzelnen überhaupt nicht zur völligen Gewißheit seines Heils kommen lassen, er soll immer abhängig bleiben von der Kirche und dem Urteil des Priesters. Das spricht das Tridentinische Bekenntnis ausdrücklich aus. Positiv lehrt es nicht unmittelbar die Gerechtigkeit aus den Werken, obwohl auf mannigfache Weise neben den Glauben die Werke sich hereindrängen, aber negativ lehnt es ausdrücklich ab, daß man aus dem Glauben selig wird. „Wenn jemand sagt, der rechtfertigende Glaube sei nichts anderes als das Vertrauen auf die göttliche Erbarmung, das die Sünden um Christi willen vergibt oder daß dies Vertrauen allein es sei, durch das wir gerechtfertigt werden: Anathema sit d. h. der sei verflucht.“ Kanon 12 der VI. Sitzung des Konzils von Trident. So will sie den Einzelnen nicht zur völligen Gewißheit des Heils kommen lassen. Wir verkennen nicht, daß auch in der päpstlichen, der mittelalterlichen Kirche wahre und warme Frömmigkeit vorhanden gewesen ist, aber zweifellos dürfen wir sagen: Der Weg zur Seligkeit war sehr erschwert und daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Reformation.