Antiochien genannt. So bereitet sich der Uebergang zum Heidentum bald schon einigermaßen vor.
Die erste Stufe des Hinausschreitens des Reiches Christi über die engen Grenzen Israels bezeichnet die Bekehrung der Samaritaner. Wir wissen, daß die Verfolgung der Gemeinde dazu den Anlaß gab, daß die Gläubigen hinausgingen aus Jerusalem, auswärts predigten und Philippus auch unter den Samaritanern. Dann folgt der Kämmerer aus Aethiopien, ein Heide, der allerdings als Proselyt sich dem Volke Israel angeschlossen hatte, und dann Kornelius, der Zenturio aus Cäsarea, der noch völlig ein Heide war, zwar den Gott Israels kannte, aber den Schritt des Anschlusses an das Volk Israel nicht getan hatte. Der erste Heide, der der Gemeinde Christi hinzugetan wurde, ist ihr unmittelbar einverleibt worden ohne den Umweg durchs Judentum, wie denn an seiner Bekehrung die Gemeinde in Jerusalem erkannte, daß Gott auch den Heiden Buße gegeben hat zum Leben. Und dann folgt als Abschluß dieses Werdegangs die Entstehung der Gemeinde in Antiochien, einer Gemeinde auf heidnischem Boden, bestehend vorherrschend aus Heidenchristen. Von da zog der Heidenapostel Paulus aus zu seinen drei großen Missionsreisen.
Es liegt uns, wenn wir die Entstehung der Kirche in der Fülle der Zeit betrachten, die Frage nahe, warum es mit der Christenheit aus Israel so rasch abwärts ging. Anfangs hören wir in der Apostelgeschichte von Tausenden, die in Jerusalem gläubig geworden waren; noch als Paulus zurückkam von der 3. Missionsreise sagen ihm die Brüder in Jerusalem gar von Myriaden, d. h. Zehntausenden von Juden, die gläubig geworden seien. Wenn das auch ein Wort starker Ausprägung, die sogenannte Form der Hyperbel oder Uebertreibung ist, so muß doch die Zahl der gläubigen Israeliten sehr groß gewesen sein. Aber wie schnell ist die Gemeinde aus Israel völlig verschwunden! Wir sehen schon damals bei der Rückkehr des Paulus von der 3. Missionsreise, daß die Stimmung der Juden in Jerusalem eine viel feindseligere geworden war. Was war der Grund? Nichts anderes als die Entstehung der Heidenchristenheit. Das ist der Punkt, über den die Juden nicht hinwegkamen, daß auch die Völker alle teilhaben sollen am Heil und am Reich, ohne erst dem Volk Israel sich eingliedern zu müssen. So erklärt es sich, daß das Judentum in dem stolzen Anspruch allein und ausschließlich das Volk Gottes sein zu wollen die Christenheit die über die Heiden, über die Völkerwelt sich erstreckte, mehr und mehr ablehnte und so die Christenheit aus den Juden allmählich verschwand. Dagegen in der Völkerwelt wurde die Türe weit aufgetan, wie das der Herr schon vorausgesagt hatte: „Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend, von Mitternacht und vom Mittage, die zu Tische sitzen werden im Reiche Gottes.“
Wilhelm Eichhorn: Einsegnungsunterricht 1917. Neuendettelsau 1919, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eichhorn_Einsegnungsunterricht_1917_013.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)