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Seite:Die Gartenlaube (1895) 500.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1895)

Kardinal und Staatskanzler dar, in welcher dieser sie zu bereden sucht, im Interesse des kirchlichen Friedens, den des Königs Trotz gegen den Papst erschüttert, auf die ihr von Heinrich angebotene Krone zu verzichten und sich selbst der Leidenschaft des Königs zu entziehen. †     

Der neue Wittelsbacherbrunnen in München. Die an Denkmälern so reiche Isarstadt hat am 12. Juni einen neuen und herrlichen Schmuck erhalten durch den neuen Wittelsbacherbrunnen am Maximiliansplatz, welchen wir unten im Bild unsern Lesern vorführen. Er wird für das heutige München und seine Kunst in ferner Zukunft ein ebenso hervorragendes Wahrzeichen bilden wie es für Altmünchen uns Heutigen der in Nr. 21 abgebildete Wittelsbachbrunnen in der „Königlichen Residenz“ ist. Sein Schöpfer, Adolf Hildebrand, der berühmte Bildhauer, dessen Fühlen der Antike so nahe steht, ohne daß seine Gestalten je als Nachahmungen derselben erscheinen, er hat es auch hier wieder verstanden, die große Wirkung durch einfache Mittel zu erzielen. Gegeben war ihm die notwendige Breite von 40 Metern als Abschluß der gärtnerischen Anlagen des Platzes, er verzichtete also auf eine hochaufgebaute Mittelgruppe und entwarf ein weites Brunnenbassin, zu dessen beiden Seiten rechts und links von dem über eine weite Schale niederrauschenden Springquell allegorische Gruppen, Sinnbilder der zerstörenden und fruchtbringenden Macht des Wassers, zu stehen kamen: ein wilder Steinschleuderer und eine liebliche Quellnymphe mit der dargebotenen Schale, beide auf Wassertieren reitend. Das Ganze macht einen heiterprächtigen Eindruck auf dem Hintergrund der grünen Bäume, von welchem sich die weißen Marmorfiguren und der rötliche Muschelkalk des Brunnenbaus reizvoll abheben. Der Sockel der oberen Schale trägt die Wappen der bayrischen Stämme, unter der Brüstung des großen Bassins zieht sich ein Kranz von Fischmasken hin, welche das Wasser mit brausendem Strahl in das untere speien. Das bewegte Plätschern und Rauschen mahnt an die Fülle italienischer Brunnen und verbreitet eine wohlige Kühle am heißen Sommertag. Bn.     

Der neue Wittelsbacherbrunnen auf dem Maximiliansplatz in München.
Nach einer Aufnahme aus dem Architekturverlag von B. Reiffenstein in München.

Steinböcke im Züricher Wildparke. (Zu dem Bilde S. 493.) Nur die tüchtigsten Kletterer und mutigsten Springer unter den Säugetieren können das Hochgebirg über der Waldgrenze zu ihrem Wohnsitz erwählen. Dort „wechseln“ die flüchtigen Gemsen auf schwindelnden Pfaden, auf welchen ihnen kein noch so geübter Jäger folgen kann. Und doch gebührt den Gemsen keineswegs die Palme im Ueberwinden der steilsten Hänge in tollkühnen Sprüngen über gähnende Abgründe; es giebt noch eine Ziegenart, die ihnen in diesen Künsten weit überlegen ist. Es sind dies die Steinböcke, stattlich gebaute Tiere von etwa anderthalb Metern Leibeslänge und achtzig bis neunzig Centimetern Höhe. Schon die äußere Erscheinung verrät Kraft und Ausdauer und auffallend ist das Gehörn, das namentlich bei alten Böcken eine bedeutende Größe und Stärke erlangt. In unseren Alpen lebte einst der Alpensteinbock (Capra ibex) in größerer Zahl, aber die Menschen haben ihm zu eifrig nachgestellt und so geht die Art dem gänzlichen Untergange entgegen; man begegnet ihr nur noch in den Hochthälern um den Montblanc, wo König Viktor Emanuel vor einigen Jahrzehnten die Tiere mit einem besonderen Schutz umgeben hat. Von dort kommen zuweilen verschiedene Pärchen in unsere Zoologischen Gärten und Wildparkanlagen, wo sie auf das Publikum eine große Anziehungskraft ausüben. Geradezu erstaunlich sind nämlich die Turnkünste, welche die Tiere zum besten geben. So sprang einmal ein junger Alpensteinbock, der in Bern in der Gefangenschaft lebte, ohne Anlauf zu nehmen, einem Manne auf den Kopf und hielt sich daselbst mit seinen vier Hufen fest; andere Steinböcke wählten die Spitze eines Pfahles zu einem erhöhten Standpunkt, andere wieder verstanden, sich auf den Draht zu stellen, der ihre Einzäunung bildete; manche stiegen im kühnen Anlauf an senkrechten mehrere Meter hohen Mauern hinauf!

Seit einigen Jahren befindet sich eine Kolonie von Steinböcken im Züricher Wildparke bei Langenburg und unsere Illustration führt uns dieselbe in naturgetreuer Darstellung vor. Ursprünglich bestand sie aus einem jungen Bocke, einer alten und zwei jungen Geißen. Leider gingen die jungen Steingeißen nach einiger Zeit ein; es gelang aber, den Steinbock mit gewöhnlichen Ziegen zu paaren, und auf diese Weise erhielt man zwei Blendlinge, die gut gedeihen. *     

Kunstpause. (Zu dem Bilde S. 489.) Zweifelnd und prüfend schaut der Maler auf das vollendete Bild, indem er langsam den Rauch seiner Zigarette von sich bläst; anteilsvoll steht hinter ihm die Gattin, welche, wie schon oft, kam, ihn zu einem kleinen Spaziergang abzuholen, aber heute an einer ganz ungewohnten Arbeitsverbissenheit scheitert. Ist das Bild nun wirklich gut? fragt sich jedes im stillen. Lange genug hat es jedenfalls damit gewährt, vom Mai an, wo der neuvermählte Ehemann mit den schönsten Vorsätzen zu energischer Arbeit sein Flitterwochenheim hier aufschlug, bis heute, wo die fallenden Ahornblätter bedenkliche Herbstmahnungen in den goldenen Septembertag hineinrauschen … Und immer wurde das Bild wieder in den Winkel geschoben, weil die Flitterwochen sich zu Monaten dehnten, weil das junge Weibchen dem dummen Arbeiten grundsätzlich abgeneigt war, weil die Sonne so heiß schien und es sich im Waldesschatten so köstlich ruhte; aus tausend triftigen Gründen kam man eben nicht dazu! Und nun ist wirklich in allen den Monaten nur das eine Bild fertig geworden und auch dies nur durch eine Gewaltanstrengung der letzten Wochen. Ob es nun wirklich gelungen ist? … Er weiß es nicht, denn sein Urteil läßt ihn gerade dieser heimlichen Waldecke voll Erinnerungen gegenüber völlig im Stich. Sie weiß es nicht, denn sie versteht von Kunst gerade so wenig, als sich für eine junge schöne Malersfrau schickt. Wir wissen es aber erst recht nicht, denn das Bild steht mit der Rückseite gegen uns. Unter diesen Umständen bleibt uns nichts übrig, als, trotz der unvorteilhaftesten Ansicht, unser günstiges Urteil mit aller Sicherheit dahin abzugeben, daß dieses Bild unzweifelhaft mit viel Liebe gemalt ist! Bn.     


Inhalt: 1870. Zur 25jährigen Erinnerung. Gedicht von Ernst von Wildenbruch. S. 485. – Vater und Sohn. Wahrheit und Dichtung. Von Adolf Wilbrandt (2. Fortsetzung). S. 486. - Kunstpause. Bild. S. 489. – Die Papierwunder. Von Ernst Grosse. S. 490. Mit Abbildungen S. 491, 492 und 494. – Steinböcke im Züricher Wildparke bei Langenburg. Bild. S. 493. – Haus Beetzen. Roman von W. Heimburg (Schluß). S. 494. - Anna Boleyn und Kardinal Wolsey. Bild. S. 497. – Verhütung der Drüsenerkrankung bei Kindern. Ein Mahnwort an Mütter und Kinderpflegerinnen. Von M. Schütz. S. 498. - Blätter und Blüten: Anna Boleyn und Kardinal Wolsey. S. 499. (Zu dem Bilde S. 497.) - Der neue Wittelsbacherbrunnen in München. Mit Abbildung. S. 500. - Steinböcke im Züricher Wildparke. S. 500. (Zu dem Bilde S. 493.) - Kunstpause. S. 500. (Zu dem Bilde S. 489.)


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1895). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1895, Seite 500. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1895)_500.jpg&oldid=- (Version vom 19.7.2023)