verschiedene: Die Gartenlaube (1885) | |
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No. 47. | 1885. | |
Illustrirtes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.
Edelweißkönig.
(Fortsetzung.)
Was hat denn der Bauer heut’ – was hat er denn g’rad?“ so ging es am folgenden Morgen unter den Dienstboten des Finkenhofes mit flüsternder Frage von Mund zu Mund.
Als wäre Jörg durch lange, lange Zeit von seinem Hofe fern gewesen und in der verwichenen Nacht erst zurückgekehrt, so ging er rastlos überall umher, betrachtete alles und frug nach allem. Doch immer nur wenige Sekunden duldete es ihn auf der gleichen Stelle. Wenn er seine Dienstboten ansprach, sprang er vom einen aufs andere, und wenn er Fragen an sie stellte, ging er häufig davon, ohne die Antwort abzuwarten. Sein ganzes Wesen war Ungeduld und Unruhe. Hundertmal wohl im Laufe des Vormittages sah man ihn die Uhr aus der Tasche ziehen, als schliche ihm die Zeit in unerträglich trägem Schneckengang dahin. Oft sah man ihn inmitten des Hofes stehen, mit erhobenem Kopfe, wie hinausschauend in unbestimmte Ferne, und häufig auch gewahrte man, wie er plötzlich ohne jede Ursache in sich zusammenfuhr und die scheuen, ängstlichen Blicke nach der Straße, über das Haus und gegen den Garten irren ließ. Dabei geschah es manchmal, daß seine Blicke den forschenden Augen der Emmerenz begegneten, und dann fuhr es bald wie Röthe, bald wie Erblassen über sein Gesicht.
Während der Nachmittagsstunden war er mit keinem Blick im Hofraum zu ersehen; Emmerenz mußte ihn suchen, um in einer wirthschaftlichen Angelegenheit seinen Willen zu hören.
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 773. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_773.jpg&oldid=- (Version vom 5.2.2023)