Verschiedene: Die Gartenlaube (1883) | |
|
Zwanglose Blätter. Beilage zur Gartenlaube Nr. 48, 1883.
Von Zeit zu Zeit tauchen kleinere Erfindungen auf, welche rasch zahlreiche Liebhaber finden und zu einem nicht unbedeutenden Handelsartikel werden. So wurde vor einigen Jahrzehnten die Aufmerksamkeit des Publicums auf das Aquarium gelenkt, und dieser „See im Wasserglase“ erreichte bald eine ungeahnte Popularität. Mit der Herstellung dieses so allgemein beliebten Zimmerschmuckes sind heute kleine Fabriken beschäftigt, selbst Fischzucht-Anstalten stehen in seinem Dienst, und eine nicht unbedeutende Literatur belehrt den Laien über diesen interessanten Gegenstand.
Das Aquarium war nun das weite Feld, auf welchem in jüngster Zeit die Erfindung der Zimmerfontaine sich ausbreiten sollte. Bei den Besitzern desselben mußte bald der Gedanke rege werden, das stehende Wasser in ein fließendes umzuwandeln und den kleinen Zimmergarten, der sich um den Wasserbehälter gruppirte, durch das Plätschern eines Springbrunnens zu beleben. Zimmer-und Salonfontainen waren allerdings seit langer Zeit bekannt, aber ihre Anlage war höchst umständlich, denn der Springbrunnen mußte in der Regel von einem höhergestellten Wasserbehälter gespeist werden und das durch denselben getriebene Wasser stets freien Abfluß haben. Auf diesem alten Principe beruhten auch die künstlichen Fontainen, welche bei Festlichkeiten wohlriechende Flüssigkeit in die Höhe trieben und so die gastfreien Räume parfümirten.
Die Aquariumliebhaber stellten jedoch an die Zimmerfontaine ganz andere Anforderungen. Ihr Springbrunnen sollte nicht mehr mit frischem Wasserzuflusse arbeiten. Die einmal durch den Wasserbehälter gegebene Menge der Flüssigkeit sollte vielmehr in fortwährender Bewegung, in einem Kreislaufe ohne Ende erhalten werden, eine an dem Aquarium angebrachte Kraftmaschine den Strahl von dem Bassin in die Höhe schleudern, sobaß man die Zimmerfontaine überall nach Belieben aufstellen konnte.
Diese Idee erhielt eine große Verbreitung, als vor etwa zehn Jahren die „Gartenlaube“ für dieselbe eingetreten war und noch auf den Umstand aufmerksam machte, daß der Springbrunnen nicht nur ein interessantes Spielzeug sei, sondern auch in gesundheitlicher Beziehung vortheilhaft wirken müsse, indem er die trockene Zimmerluft mit der nöthigen Feuchtigkeit versehe.
Seit jener Zeit wurden in Deutschland endlose Versuche gemacht, um ein passendes Triebwerk zu erfinden, und da stellte es sich heraus, daß die Lösung dieser Frage viel schwieriger war, als man anfangs geglaubt hatte. Ja, die Aufgabe, eine durchaus zuverlässige und dabei recht billige Zimmerfontaine zu construiren, muß man bis heute als ungelöst betrachten. Den besten Erfolg hat ohne Zweifel der Ingenieur Paul Lochmann zu verzeichnen, dessen Fontainen, was ihre Leistungsfähigkeit anbelangt, allen Ansprüchen in vollkommener Weise genügen und nur den Fehler haben, daß sie leider noch zu theuer sind, um auch in der einfachsten Bürgerfamilie Eingang zu finden. Dieser Umstand hat wohl den Erfinder bewogen, seiner Fontaine von vornherein eine elegante Ausstattung zu geben, damit sie einen wirklichen Zimmerschmuck bilde, und der Erfolg, den die Fontainen-Manufactur in Gohlis-Leipzig gerade mit diesen Springbrunnen erzielt hat, beweist zur Genüge, daß in diesem Falle der richtige Weg eingeschlagen wurde, denn man kauft hier nicht nur einen Springbrunnen mit einem Aquarium, sondern zugleich einen eleganten Blumenständer. Dadurch wird aber der Preis der Fontaine selbst bedeutend ermäßigt.
Das Triebwerk der patentirten Lochmann’schen Zimmerfontaine bildet eine kleine Luftexpansionsmaschine, welche unter dem Wasserbehälter (vergl. Abbildung) angebracht ist und durch ein kleines Spiritusflämmchen erhitzt wird. Die Arbeitskraft derselben wird auf ein einfach construirtes Pumpwerk übertragen, durch welches der ziemlich starke Wasserstrahl selbst zu der bedeutenden Höhe von zwei Metern emporgeschleudert werden kann. Das Wasser in dem oben befindlichen Bassin braucht nicht erneuert, sondern nur in dem gleichen Verhältnisse, wie es in der Atmosphäre verdunstet, ersetzt zu werden. Ist nun einmal das Spirituslämpchen angebrannt, so kann die Maschine unausgesetzt Tag und Nacht arbeiten und zwar mit sehr billigen Betriebskosten, denn der Verbrauch an Spiritus beträgt kaum einen halben Pfennig in der Stunde.
Die Unzuverlässigkeit der billigen Zimmerfontainen und der nicht sehr billige Preis der von uns soeben empfohlenen führten nun zu der Erfindung eines anderen Apparates, welcher den gesundheitlichen Zweck, die Zimmerluft feucht zu erhalten, in vollkommenster Weise erfüllt. Man gab ihm den Namen Refrigerator, deutsch „Lufterfrischer“. Seine Construction beruht auf demselben Princip, welches den bekannten Inhalationsapparaten für Hals und Lungenkranke zu Grunde liegt. Die Refrigeratoren, welche gleichfalls mit Spiritus geheizt werden, zerstäuben in kürzester Zeit beträchtliche Wassermengen und schaffen auf diese Weise staubfreie, reine und den richtigen Feuchtigkeitsgrad enthaltende Zimmerluft.
Unter allen Refrigeratoren muß man aber den neulich von Paul Lochmann construirten als den besten anerkennen, da sein Zerstäubungsrohr nach allen Richtungen hin zu bewegen ist und der Wasserstrahl auf diese Weise überallhin geleitet werden kann. Darum dient dieser Apparat nicht nur zur Erfrischung der Zimmerluft, sondern kann auch für Kranke als ein vorzüglicher Inhalationsapparat verwendet werden und, wie unsere Abbildung zeigt, eignet er sich auch zum Reinigen und zur Belebung von Zimmerpflanzen. Mit ihm kann man auch die Zimmerluft parfümiren oder durch die Verwendung einer Lösung von übermangansaurem Kali in kürzester Zeit von üblen Gerüchen befreien. Dabei ist er zu verschiedenen, in einfacher Ausstattung auch sehr billigen Preisen zu beziehen.
Wenn wir die Zimmerfontaine heute noch als ein Luxusgeräth bezeichnen müssen, so ist der Lochmann’sche Refrigerator ein nützlicher Apparat zu nennen, der sich über kurz oder lang in vielen Familien sicher ein gut begründetes Bürgerrecht verschaffen wird. Auch der Refrigerator ist durch die Fontainen-Manufactur in Gohlis-Leipzig zu beziehen.
Aus der stillen Arbeitskammer der Naturforscher ist schon so mancher Apparat hinausgewandert in die weite Welt, hat sich eingebürgert in der großen Masse des Volkes und wurde hier zu einer Quelle reichhaltiger Unterhaltung und Belehrung. Um die Laterna Magica sammelt sich an langen Winterabenden der gemischte Kreis jugendlicher und bejahter Zuschauer, um den bunten Wechsel der auf einander folgenden Bilder zu bewundern. Das Stereoskop ist in Millionen von Exemplaren verbreitet und mit stets frischem Interesse betrachten wir die fernen Landschaften, die berühmten Bauwerke und reizenden Figurengruppen, die hinter seinen Gläsern in greifbarer Gestalt auftauchen.
Man hat auch oft versucht, das Mikroskop, jene gewaltige Waffe, mit deren Hülfe der menschliche Geist in das Reich des Unsichtbaren
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 788 a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_788_a.jpg&oldid=- (Version vom 21.1.2024)