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Seite:Die Gartenlaube (1883) 740.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

verwenden müssen; nur bei neutralem Stege aber können sie den dabei gebotenen Wechsel der Gläser auf die rascheste Weise bewirken.

Auch die Gestalt der seitlichen Federn ist von Bedeutung. Deren giebt es drei Hauptarten: die Reit-, die Charnier- und die gerade Feder. Die beiden ersten Sorten umfassen das Ohr, jene halbkreisförmig, diese im Winkel, die letztgenannte dagegen geht gerade nach hinten und hält nur durch Druck gegen die Schläfen fest. Die Reitfeder ist im Allgemeinen für Männer vorzuziehen, besonders die neuerdings aus zwei spiralig um sich selbst gewundenen Drähten hergestellte, weil gerade diese nicht leicht einschneidet, wie das bei der aus einem Draht gearbeiteten der Fall ist; auch ist sie weniger zerbrechlich. Doch genügt auch die Charnierfeder dem Zwecke guten Festhaltens, wenn sie nur nicht zu lang ist. Die geraden Federn, wenn sie so stark sind, daß sie sich nicht verbiegen, sind besonders für Frauen vorzuziehen, weil sie sich nicht in den Haaren festsetzen und beim Abnehmen nicht jedesmal einzelne ausreißen. – Das Material des ganzen Gestelles anlangend, so mögen weniger Bemittelte ein gut gehärtetes Stahlgestell wählen, Bemittelte aber Goldgestelle, weil diese dauerhafter und in der Regel auch besser gearbeitet sind, als die geringeren Sorten. Das gilt auch für die Nasenzwicker, die, wie wir noch erwähnen wollen, bei jugendlichen Kurzsichtigen am zweckmäßigsten sind – weil sie zu unbequem sitzen, als daß sie anhaltend getragen würden, was gerade bei solchen verhütet werden muß.

Zum Schluß unserer Auseinandersetzungen über die Brillen in der „Gartenlaube“ sei uns noch die Bemerkung gestattet, daß Deutschland in Rathenow einen Weltplatz der Brillen-Industrie besitzt, dessen Fabrikate selbst in ausländischen Geschäften, leider auch unter fremder Geschäftsetiquette, sehr viel verkauft werden.




Blätter und Blüthen.

Beiträge der Literatur und Kunst zum Luther-Feste. Daß eine Feier von so ungewöhnlicher Bedeutung, wie das Luther-Jubiläum, die Thätigkeit von Schriftstellern, Dichtern und Künstlern aller Art vorzugsweise in Anspruch nehmen werde, war vorauszusehen. Die Früchte derselben sind sehr zahlreich. Selbst nur für ein Verzeichniß, wenn ein solches schon möglich wäre, aller angekündigten oder auf den Markt gebrachten Schriftwerke, epischen, lyrischen und dramatischen Dichtungen, illustrirten Werke, musikalischen Compositionen, Gemälde, Büsten und Medaillen würde uns der Raum mangeln. Wir müssen uns auf die kurze Angabe einer geringen Anzahl dieser Festerzeugnisse beschränken, die wir der Empfehlung Werth halten.

Unter den Festschriften nimmt das Folio-Prachtwerk „Dr. Martin Luther in Wort und Bild“, herausgegeben von C. Evers, Dr. theol. und phil. Pastor zu St. Matthäi in Leipzig (Verlag von Rud. Uhlig daselbst), sowohl durch künstlerische Ausstattung wie durch geistvolle Darstellung und gediegenen Inhalt einen hervorragenden Platz ein. Die Lösung der schwierigen Ausgabe, die der Verfasser sich gestellt, „in einem engen Rahmen ein abgerundetes, wesentlich erschöpfendes Lebensbild Luther’s zu entwerfen und andererseits mitten in den hochgehenden kirchlichen Wogen der Gegenwart die historische Treue zu bewahren“, ist ihm vortrefflich gelungen. In knapper, aber dabei geistvoller Darstellung faßt er nach einer Einleitung, die zuerst die epochemachende, weltgeschichtliche Stellung und Bedeutung Luther’s in großen allgemeinen Zügen darlegt, die Geschichte Luther’s in 6 Abschnitten zusammen: 1) Sein Vaterhaus und seine Jugend (1483 bis 1505). 2) Seine evangelische Entwickelung (1505 bis 1517). 3) Sein erstes Zeugniß (1517 bis 1521). 4) Sein reformatorischer Kampf (1521 bis 1525). 5) Seine kirchliche Bau-Arbeit (1525 bis 1532). 6) Sein Lebensabend (1532 bis 1546). So bietet sich uns ein Gesammtbild jener gewaltigen kirchlichen Bewegung und der Wirksamkeit des gottbegeisterten Mannes dar, welcher sie hervorrief. Einen köstlichen Schmuck verleihen dem Werke die Bilder von Professor Schwerdgeburth. Sicherlich wird dies Luther-Werk im deutschen Volke freudige Aufnahme und einen dauernden Platz gewinnen.

Mir Kunstkenner von besonderem Interesse ist eine „Sammlung von Portraits aus der Zeit der Reformation in getreuen Facsimile-Nachbildungen“, welche Georg Hirth als „Bilder aus der Luther-Zeit“ (G. Hirth, München und Leipzig) herausgegeben hat. Sie sind zum großen Theil seinem „Culturgeschichtlichen Bilderbuche“ entnommen. „So,“ sagt der Herausgeber, „wie sie uns hier wieder erscheinen, waren die berühmten Männer und Frauen jener Zeit ihren eigenen Zeitgenossen im Bilde bekannt. Aus diesen alten Formschnitten spricht deutlich die Kraftfülle der damaligen Menschen zu uns.“ G. Hirth’s Ausstattungsweise bedarf keiner besonderen Empfehlung.

Gleich sorgfältiger und geschmackvoller Behandlung erfreut sich ein Prachtwerk der H. J. Meidinger’schen Hofbuchhandlung in Berlin: „Der singende Luther im Kranze seiner dichtenden und bildenden Zeitgenossen.“ Eingeleitet von Emil Frommel, mit Randzeichnungen und Handrissen von Albrecht Dürer und Lucas Cranach. Den textlichen Inhalt bilden die Lieder und Sprüche Luther’s, denen die besten seiner Zeitgenossen angefügt sind, damit für jedes Fest des Kirchenjahres das Vorzüglichste der kirchlichen Poesie jener Tage geboten sei. Wie dieser Inhalt verdient auch die Illustration die höchste Beachtung: sie besteht in der kunstreichen Wiedergabe jener berühmten Federzeichnungen, mit welchen Albrecht Dürer 1514 das Gebetbuch des Kaisers Maximilian ausgeschmückt hat. Dieses Prachtbuch ist ein Familienschatz.

Karl Gerok, der bekannte geistliche Liederdichter und Prälat in Stuttgart, hat dem Feste eine freundlich ausgestattete Jubiläumsausgabe der geistlichen Lieder Martin Luther’s unter dem Titel „Die Wittenberger Nachtigall“ (Stuttgart, C. Krabbe) gewidmet.

Eine werthvolle Festgabe ist Karl Siegen’s: „Die wittenbergische Nachtigall, die man jetzt höret überall, ein allegorisches Gedicht von Hans Sachs. Sprachlich erneuert und mit Einleitung und Anmerkungen versehen“ (Jena, Fr. Mauke). Von diesem berühmten Gedicht ist dem großen Publicum schwerlich mehr bekannt, als die ersten drei Worte; es war ein guter Gedanke, dasselbe zum Luther-Fest dem ganzen Volke zugänglich und in trefflicher Weise angenehm verständlich zu machen.

„Martin Luther.“ Von Dr. Karl Burk (Stuttgart, C. Krabbe). Eine ausführliche Lebensbeschreibung des Reformators, der, wie der Verfasser sagt, „unter unserem Volke zwar viel genannt, aber wenig bekannt ist“; gerade jetzt, wo die Anhänger Roms mit großem Eifer ein Zerrbild des großen Mannes aufstellen, fühlt sich der Verfasser verpflichtet, dem deutschen Volke das Bild desselben in aller Einfachheit und Wahrheit vorzuführen. Und dies ist ihm in der That gelungen, er hat unsere Literatur um ein treffliches, die Geister erhellendes und die Herzen erhebendes Volksbuch reicher gemacht.

Nach diesem ruhigen Belehrer müssen wir zwei das Flammenschwert des Zorns schwingende Dichtungen nennen: „Vom Concil zu Nicäa bis zum Westfälischen Frieden“, 325 bis 1648. Epigramme, Lieder und Jamben zur Geschichte der Menschheit von Wilhelm Sehring (Leipzig, Licht u. Meyer). Nach dem Vorwort des Verfassers lag ihm daran, „in kurzen markigen Zügen Lebensgestalten zu zeichnen, Charakterbilder zu bieten“ und „durch die Vorzeit warnend und mahnend von der Gegenwart zu zeugen, und dies mußte ihn immer mehr zum Kampf waffnen“. Sein Buch verdient Beachtung und Theilnahme, er verstand es wirklich, Goldkörner auf dem Boden der Geschichte zu sammeln. – Die andere Dichtung kennzeichnet sich gleich durch ihren Titel: „Protestantische Hornsignale“, poetische Flugblätter zur Luther-Feier von F. G. Adolf Weiß (Berlin, A. Senff). Der Dichter meint es sehr ernst, wenn er ausruft: „Laßt eure Lenden gegürtet sein – und eure Lichter brennen!“ und wenn er am Ende im Kampf gegen die Jesuiten fordert: „Mit deutscher Christenfreiheit Wetterstrahle – Zermalm’ die schwarze Internationale!“

Von dramatischen Festspielen können wir nur die folgenden nennen, ohne ein Urtheil über sie abzugeben, da sie meist ihre Feuerproben in den Aufführungen noch zu bestehen haben. Bestimmt sind für Worms ein kirchliches Festspiel „Luther“ von Hans Herrig (Berlin, Fr. Luckhardt) und für Jena ein historisches Charakterbild in sieben Abtheilungen von Otto Devrient. Beide werden von Bewohnern der betreffenden Städte dargestellt. Für Leipzig (auch anderwärts angenommen) hat W. Henzen ein Reformationsdrama in 5 Acten mit einem Vorspiel gedichtet (Leipzig, C. Meißner). Auch Dr. Luther’s Brautfahrt ist in der Dichtung „Das Nünnlein von Nimptschen“ von Heinr. Meyer (Minden in Westfalen, I. C. C. Bruns) dramatisch vorgeführt. – Ein Schauspiel von C. LangeDr. M. Luther und Graf E. von Erbach“ (Göttingen, Bandenhoeck und Ruprecht) scheint nicht für die Bühnen-, sondern für die Bücherbretter bestimmt zu sein.

Von den für dieses Fest geprägten Medaillen liegen uns zwei vor, eine von R. Herrose in Wittenberg, die andere von Louis Wolff in Breslau zu beziehen und beide zu Geschenken und Familien-Andenken wohl geeignet.




Albert Hendschel todt! Abermals ein Grab, welches die „Gartenlaube“ mit einem Kranz der Verehrung und der Dankbarkeit zu schmücken hat. Wir haben den Künstler im Jahrgang 1872 (S. 273) unsern Lesern in Bild und Wort vorgeführt und ihnen bei dieser Gelegenheit aus Hendschel’s beliebtestem und berühmtestem Werke, seinem „Skizzenbuch“, einige der erheiterndsten Proben seiner Darstellung der Kinderwelt mitgetheilt. Was wir dort über den beneidenswerthen Meister ausgesprochen, ist noch heute geltend. Wir können nur die Klage daran fügen, daß abermals ein deutscher Künstler in der Fülle der Kraft uns entrissen werden mußte. Hendschel starb in seiner Vaterstadt Frankfurt am Main am 22. October, erst 49 Jahre alt.



Inhalt: Die Braut in Trauer. Von Ernst Wichert (Fortsetzung). S. 725. – Verurtheilt. Illustration von Hermann Starow. S. 729. – Zwei Herbstlieder. Von Karl Stieler. S. 730. – Im Congoland. Von Dr. Pechuel Loesche. 3. Congofahrt im Gebirge bis nach Vivi. S. 730. Mit Illustrationen. S. 730, 732 und 733. – Doctor Martin Luther. Von Emil Zittel (Fortsetzung). S. 734. Mit Abbildungen. S. 736 und 737. – Nochmals die Brille. Von Dr. J. Herm. Baas (Worms). S. 738. Mit Abbildungen. S. 738 und 739. – Blätter und Blüthen: Beiträge der Literatur und Kunst zum Luther-Feste. – Albert Hendschel todt! S. 740.


Für die Redaction bestimmte Sendungen sind nur zu adressiren: „An die Redaction der Gartenlaube, Verlagsbuchhandlung Ernst Keil in Leipzig“.

Unter Verantwortlichkeit von Dr. Friedrich Hofmann in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 740. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_740.jpg&oldid=- (Version vom 20.1.2024)