Verschiedene: Die Gartenlaube (1883) | |
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Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar, den Schwager des Königs Karl von Württemberg, zum Protector hat. Die beiden ersten Verbände haben je 80,000, der letzte circa 30,000 Mitglieder.
Nicht ganz so glücklich weht der Geist der Einigung durch die Kriegervereine des Königreichs Preußen. Wohl beschäftigt man sich dort seit Jahr und Tag mit der Idee, einen allgemeinen deutschen Kriegerverband zu schaffen, aber die beiden dermalen an der Spitze stehenden Körperschaften sind über die Mittel und Wege zur Erreichung dieses Zieles nicht einig, und jede von ihnen marschirt die eigene Straße. Die beiden Rivalen nennen sich der „Deutsche Kriegerbund“ und das „Cartellverhältniß der Land-, Provinzial- und Gauverbände“. Der Präsident der letzteren Körperschaft, Hofrath Hugo Dinckelberg, berief im August des Jahres 1874 einen allgemeinen deutschen Kriegertag nach Leipzig, um die Bildung einer „Allgemeinen deutschen Kriegerkameradschaft“ in Angriff zu nehmen, allein der „Deutsche Kriegerbund“ schloß sich aus. Auch der „Deutsche Kriegerverband“, der am zehnjährigen Gedenktage des Frankfurter Friedens gegründet wurde, hat es nicht vermocht, alle deutschen Krieger unter einen Hut zu bringen. Trotzdem ist die Hoffnung nicht ausgeschlossen, daß dieses Ziel noch einmal erreicht werde. Vorerst wirken indessen die Kriegervereine in ihren Specialverbänden eifrig darauf hin, ihre patriotischen und humanitären Aufgaben zu erfüllen, und eine Reihe von zum Theil gutgeleiteten Genossenschaftszeitschriften unterstützt diese Bestrebungen auf das Lebhafteste. So z. B. „Der Kamerad“ in Dresden , der „Deutsche Kriegerbund“ in Zittau, die „Deutsche Kriegerzeitung“ in Sondershausen, der „Veteran“ in München, die „Württembergische Kriegerzeitung“ in Stuttgart, die „Parole“ in Berlin u. a. m.
Das Hamburger Fest-Comité hatte mit staunenswerther Emsigkeit und Energie die nöthigen Vorarbeiten gemacht, die erheblichen Mittel beschafft und diese theilweise, wie Moses das Wasser, aus sterilem Felsen geschlagen, auch für das Festkleid der Stadt gesorgt. Als Festplatz war, wie im vorigen Jahre beim Sängerfeste, die sogenannte Moorweide vor dem Dammthore erkoren und auf derselben als Festhalle die daselbst stehende permanente Ausstellungshalle.
Die künstlerische Ausschmückung des Festplatzes und der Festhalle wurde dem noch in jungen Jahren stehenden Architekten J. Schwartz, einem Mitkämpfer im letzten französischen Kriege, übertragen, und dieser Künstler hat sich seiner Aufgabe in geradezu genialer Weise entledigt. Als Eingang zum Festplatze stellte er ein altdeutsches Burg- oder Stadtthor auf (Nr. 6 der Illustration), und in gleich anmuthender Weise waren die den weiten Platz umrahmenden Bier- und Restaurationszelte, die Musikpavillons, der Gabentempel im Innern der Festhalle etc. erbaut, und der äußere Schmuck an grünen Guirlanden, bunten Fahnen und Emblemen gab dem Ganzen ein einheitlich prächtiges Gepräge. Besonderer Erwähnung bedarf der kolossale Reichsadler, welcher die eine innere Wand der Festhalle über dem Eingange schmückte. Derselbe war nach den Angaben des Architeken Schwartz von dem Mater Bartelmann aus Hunderttausend von kleinen grünen Tannenzweigen gebildet.
Die beiden dem ersten Festtage vorangehenden Tage hindurch wurde mit Zuhülfenahme der Nächte eifrig an der Ausschmückung der inneren Stadt gearbeitet, und als die heiße Sommersonne am 1. Juli über Hamburg aufging, da prangte die alte Hansestadt wie eine junge Braut am Hochzeitstage.
Ein Zapfenstreich hatte den Vorabend des Festes für die Bevölkerung und für die Tausende der aus Nah und Fern herbeigeeilten Krieger eingeleitet, und Morgens in aller Frühe ertönten auf den Straßen die Klänge der Reveille. Um sechs Uhr fand als würdigste Weihe für das Fest eine einfache Gedenkfeier an dem Kriegerdenkmal auf der Esplanade statt, bei welcher Holzapfel, der Präses des Festcomités, tief empfundene Worte zum Gedächtniß der für’s Vaterland Gefallenen sprach.
Vormittags wurde dann ein allgemeiner Feldgottesdienst abgehalten. Auf der Bürgerweide zwischen dem Lübecker und Berliner Thor war vor dem daselbst befindlichen Wafferreservoir mit der Front gegen die Straße ein hoher, weithin sichtbarer Altar errichtet. (Nr 2.) An den Stufen, die zu demselben hinaufführten, waren Pyramiden von Trommeln und Kanonenkugeln angebracht und das Altarblatt, auf dessen Spitze ein mächtiges Kreuz sich erhob, war ganz aus lebenden blauen Kornblumen und weißen Rosen gebildet. Nachdem die Festtheilnehmer in dichten Schaaren um den Altar Aufstellung genommen hatten, sang die Menge unter Begleitung der Musik den Choral: „Großer Gott, wir loben dich!“ und mächtig fluteten die Klänge zum blauen Himmel empor. Dann bestieg Pastor Vett von der Hamburger St. Jacobi-Kirche, ein ehemaliger Divisionspfarrer, die Kanzel und hielt eine die Herzen bewegende Rede über den Text aus 2. Mose 15, 2: „Der Herr ist meine Stärke und mein Lobgesang und mein Heil.“ Nach Beendigung der prächtigen Rede sang die imposante Versammlung: „Nun danket alle Gott“, und dann sprach der Geistliche den Segen, womit die erhebende Feier ihren Abschluß fand.
Mittlerweile war die Sonne höher und höher geklommen und die Hitze erreichte jene tropischen Höhegrade, die unseren heurigen Sommer in so bemerkenswerther Weise ausgezeichnet haben, aber die Straßen, auf welche die Königin des Tages mit wahrhaft sengender Gluth ihre Strahlen herabsandte, füllten sich immer dichter und dichter mit Neugierigen, denn nun galt es, die Krone des Festes an sich vorbei defiliren zu lassen. Die Krone des Festes! Fürwahr, diese Bezeichnung gebührte dem Zuge wegen seiner Mannigfaltigkeit und Pracht im vollsten Maße.
Das ganze Arrangement des Zuges und die Entwürfe der in demselben fungirenden köstlichen Gruppen verdanken gleichfalls ihren Ursprung dem schon vorhin erwähnten Architekten J. Schwartz, und der treffliche Zeichner unserer Illustration (S. 501), der Maler Paul Duyffcke, hat den ganzen Zug in einem in Farbendruck herausgegebenen eigenen „Festzug-Album“ für kommende Zeiten festgehalten.
Unser Bild deutet in seiner Mitte (Nr. 3) die stolzeste Gruppe, den Friedenswagen, an. Unter den zahlreichen allegorischen Gruppen zeichnete sich ganz besonders auch der Wagen der Hammonia und der der Provinz Schleswig-Holstein aus. Nicht minderen Beifall erwarben sich die Wagen einzelner Gewerke, so der Schlachter, der Schlosser und Tischler, sowie der des St. Pauli-Hafenvereins, der ein vollständig aufgetakeltes und ausgerüstetes Schiff darstellte. Dazwischen bewegten sich historische Gruppen, Krieger aus früherer Zeit.
Ganz besonderen Effect rief die Abtheilung der früheren Hamburger Bürgergarde hervor, die 1866 der neuen Wehrverfassung des damaligen Norddeutschen Bundes zum Opfer fiel und mit der zwischen Hamburg und Preußen abgeschlossenen Militärconvention aufgelöst wurde. Der Hamburger hängt noch immer mit zäher Liebe an seiner alten Bürgergardenherrlichkeit, und als dieselbe im Festzuge wie geisterhaft dem Grabe der Vergangenheit entstieg, als die alten, lieben Gestalten, die stämmigen Sappeurs, die biederen Gardisten, die flotten Reiter, die flinken Schützen und die strammen Kanoniere, in ihren alten Uniformen wieder vorüberzogen im hellen Lichte des Tages, da hat sich in manches Männerauge leise, leise eine Thräne der Wehmut gestohlen, und Keiner brauchte sich derselben zu schämen, denn es ist immer schön und lobenswert, Pietät zu üben und alte Erinnerungen heilig in der Brust zu bewahren.
Eine Zierde des Zuges, die wir nicht unerwähnt lassen dürfen, bildete auch die glänzende Cavalcade, die der rühmlichst bekannte Circusdirector Ernst Renz gestellt hatte und die aus nicht weniger als hundert Pferden, von Herren und Damen in reichen phantastischen Costümen geritten, bestand.
Ueberall, wohin der Zug, der vom Steinthor aus sich durch eine Reihe von Straßen nach dem Festplatz bewegte, kam, da waren die Fenster der Häuserfronten von unten bis oben dicht mit Menschen besetzt; ja sogar auf den Giebelfenstern hatten kühne Zuschauer Platz genommen, und überall fand der Zug enthusiastische Aufnahme; überall schwenkten schöne Hände ihm weiße Tücher zum Gruße entgegen und ließen duftige Blumen auf ihn herabregnen. Trotz der sengenden Hitze hielt Alles tapfer aus, bis der letzte buntgekeidete Herold und der letzte Fußgänger des Zuges vorüber war. Es ist bei der herrschenden Temperatur selbstredend zu nennen, daß die Theilnehmer des Zuges ermattet und halb verdurstet auf dem Festplatze, der sich leider in eine einzige Staubwolke gehüllt hatte, anlangten, und daselbst wurde denn auch an den kühlen Quellen des braunen Bieres mancher mächtige Tiefschluck gethan.
Und mancher mächtige Tiefschluck wurde ferner des Abends gethan, als sich die Krieger in der mit elektrischem Lichte strahlend
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 502. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_502.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)