Verschiedene: Die Gartenlaube (1883) | |
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Der Feind der Lampefamilie ist hier ein Rabe. Der alte Jacob ist bekanntlich auch kein guter Charakter. Den scharfen Verstand, den ihm die Natur verliehen, benutzt er nur zu allerlei schlechten Streichen, und er ist ein Dieb und Räuber erster Classe.
Früher glaubte man, daß er nur an angeschossenen Hasen sich vergreife, aber genauere Beobachtungen haben das Gegentheil erwiesen. Unser Rabe geht geradezu mit leidenschaftlicher Vorliebe auf die Hasenjagd. Der treffliche Beobachter des Thierlebens, Graf Wodzicki, hat mehrmals Gelegenheit gehabt, Raben auf solchen Streifzügen zu ertappen, und wir geben im Folgenden nur eine dieser „Jagdgeschichten“ wieder, welche die Ueberlegung und List des Raubvogels besonders kennzeichnet.
„Im December 1847,“ erzählt der genannte Forscher, „ging ich bei hohem Schnee mit einem Gefährten auf die Hasenjagd. Obgleich wir schon einige Male geschossen hatten, erblickten wir doch an einer Schlucht des gegenüberliegenden Berges zwei Raben. Der eine saß ruhig am Rande und blickte hinunter, der andere, welcher etwas niedriger stand, langte mit dem Schnabel vorwärts und sprang behend zurück. Das wiederholte er mehrere Male. Erst als wir uns ihnen bis auf einige Schritte genähert hatten, flogen die Räuber auf, setzten sich aber in einer Entfernung von wenig Schritten wieder nieder, wie es schien, in der Hoffnung, daß auch wir, wie sonst die Bauern, vorbeigehen würden, ohne ihnen Schaden zu thun. An der Stelle nun, wo wir sie beobachtet hatten, saß an der Schneewand, etwa sechszig Centimeter tief, ein großer alter Hase. Der eine Rabe hatte denselben vorn vorn angegriffen, um ihn zum Aufstehen zu zwingen, der andere hatte mit Schnabel und Krallen von oben ein Loch in die Schneewand gebohrt, augenscheinlich in der Absicht, den Hasen von oben herauszujagen. Dieser war aber so klug gewesen, sitzen zu bleiben, und hatte durch Brummen und Fauchen den Raben zurückgescheucht.“
Auch in Schaaren verfolgen die Raben den fliehenden Hasen, der ihnen alsdann bald unterliegt, und suchen sogar manchmal, den Jagdhunden gleich, die Hasenspur auf.
Brehm hat in sein Thierleben eine ganze Reihe ähnlicher Beobachtungen aufgenommen, und wer sich dafür besonders interessirt, wird das Buch sicher nicht ohne innere Befriedigung aus der Hand legen.
Der Ausgang des Zweikampfes auf unserem Bilde ist nach dem Gesagten leicht vorauszusehen. Kommen dem Angreifer noch andere Genossen zur Hülfe, so fällt auch die alte Häsin ihnen zum Opfer. Auf alle Fälle aber bleiben dem Galgenvogel die im Grase versteckten Jungen ein sicherer Raub.
Eine Säcular-Erinnerung. Es war im Herbste 1783, als der junge Barnabitenmönch Karl Leonhard Reinhold[1] – um dem Widerspruche, in welchen er nach seiner philosophischen und religiösen Ueberzeugung zu den Gelübden und Regeln des Ordens getreten war, durch Abschüttelung peinlichster Fesseln ein Ende zu machen und sich der wissenschaftlichen Forschung ganz und frei hinzugeben – dem Barnabitenkloster in Wien entfloh und zunächst nach der protestantischen Universität Leipzig, dann aber nach Weimar, unter Karl August’s Schutz, zu Wieland sich wandte, dessen Genosse in der Redaction des „Deutschen Mercur“ er wurde und dessen Tochter Sophie er bald darauf zur Gattin nahm. Als erster und bedeutendster Schüler und Commentator des großen Königsberger Philosophen Kant erwarb er sich um die Einführung, Verbreitung und Fortbildung der kritischen Philosophie unsterbliche Verdienste. Mit dem Augenblick, als er, der geistreiche Gelehrte, der vertraute Herzensfreund Wieland’s, der treue Freund Schiller’s, den philosophischen Lehrstuhl in Jena einnahm, begann für die thüringische Universität die in der Geschichte der Universitäten einzig dastehende große Glanzperiode, und mit der Einführung und Fortentwickelung der kritischen Philosophie die durchgreifende Reform des Denkens und Strebens auf allen Gebieten der Wissenschaft.
Im Herbst dieses Jahres vollendet sich seit jener Flucht vom Herbst 1783 ein Jahrhundert. Wohl ziemt es der deutschen Wissenschaft, ja jedem Gebildeten, des bedeutungsvollen Tages in dankbarer Verehrung des großen deutschen Gelehrten zu gedenken. Der Enkel desselben, Herr Landgerichtsrath Dr. Reinhold in Weimar, hat die Veröffentlichung der noch erhaltenen werthvollen Nachlaßpapiere des Großvaters freundlichst gestattet. Ein Theil davon, die interessanten Briefe der Wiener Jugendfreunde (der Gelehrten und Dichter von Born, Alxinger, Leon und Haschka) enthaltend, wird soeben von Unterzeichnetem unter dem Titel: „Wiener Freunde 1784 bis 1808; Beiträge zur Jugendgeschichte der deutsch-österreichischen Literatur“ in Wien herausgegeben. Der übrige handschriftliche Nachlaß Reinhold’s, darunter Briefe des letzteren selbst, sowie die Briefe Wieland’s, Fichte’s, Jacobi’s, Erhard’s, Niethammer’s, Schiller’s, Lavater’s, E.’s von der Recke, der Familie Reimarus und Anderer an Reinhold, wird demnächst als größeres Werk unter dem Titel: „Wieland und Reinhold“, mit einer Lebensskizze des großen Philosophen veröffentlicht werden. Mögen beide Publicationen zur Feier seines Andenkens dienen und jedem Freunde deutschen Geisteslebens, deutscher Wissenschaft willkommen sein.
Weimar, im Juli 1883.Robert Keil.
Es erweckt der April im deutschen Land
In Jedem des Aergers Gewalten.
Ein falscher Geselle wird er genannt
Von den Jungen sowohl wie den Alten;
Falsch ist er und bleibt er – es hilft ihm nichts!
Gewiß verdroß ihn das ew’ge Geschelt,
Als wär’ er voll Laster und Sünden.
Drum kam er herüber zur Neuen Welt,
Und eilte durch Berge, Wüsten und Plan,
Bis er schaute den westlichen Ocean.
Mir schien’s, als wär’ er der wonnige Mai,
Der Juni, mit leuchtenden Blicken,
Bunt schimmernde Blumen pflücken,
Als er lächelnd grüßte Sonómas Thal
Und Napa mit goldigem Sonnenstrahl.
Die Fluren kleidet’ er all’ in Smaragd
Mit orangenglühender Blumenpracht
Die von Eichen umsäumten Gefilde.
Auf die Berge legt’ er mit Künstlerhand
Von Ultramarin ein festlich Gewand.
Von den Zweigen die rosigen Blüthen,
Und Fuchsien prangten und bunter Mohn;
Aus den Büschen am Boden glühten,
Als wären’s Karfunkeln mit rothem Strahl,
Auf den Feldern standen in endlosen Reih’n
Die Rebenstöcke und tranken
Mit Lust den strahlenden Sonnenschein.
Es schwoll der Saft in den Ranken
Auf’s neu’ uns zu spenden der Sonne Gluth.
Die Lerchen sangen aus blauer Luft
Ihr Lied in die blühenden Lande,
Die Sträucher athmeten wonnigen Duft
Und deutsche Männer, mit frohem Gesang,
Die zechten beim tönenden Gläserklang.
Diesen Becher mit feurigem Napawein,
Ihn will ich heute zu Ehren
In durstigen Zügen leeren.
Hoch sei er gepriesen, der lachende Fant,
Der Liebling vom Californialand!
Kleiner Briefkasten.
Zehn Postkartensender. Ein Druckfehler kann einen wahren Sturm erregen, und warum nicht mit Recht? Der Verfasser unseres Artikels „Die Krönungsburg des Czaren“ hatte das Gewicht der Kölner Kaiserglocke zu etwa 29,000 Kilo angegeben; gewöhnlich nimmt man sie nur zu 26,250 Kilo an. Darüber hätte sich noch rechten lassen; da muß die 2 vor 9000 übersehen und vergessen werden, und der schwere Verstoß ist da. Möge diese Notiz ihn beseitigen!
B. R. in Z. Bevor Sie uns Vorschläge machen und ausführliche Antwort verlangen, wollen Sie sich zunächst gütigst überzeugen, ob Artikel über die betreffenden Themata in unserm Blatte bereits erschienen sind. Sie würden dann sich und uns Zeit ersparen. Es ist die Pflicht eines Jeden, der als Mitarbeiter an einem Blatte wirken will, daß er dieses Blatt liest, um den Geist und die Bedürfnisse desselben kennen zu lernen. Ueber die in der „Gartenlaube“ von 1853 bis 1880 behandelten Gegenstände belehrt das „Generalregister“ derselben.
Inhalt: Gebannt und erlöst. Von E. Werner (Schluß), S. 465. – Der „arme Reisende“. Beitrage zur Geschichte des Vagabondenthums und der Mittel zu seiner Abwehr. Von Fr. Helbig. II., S. 471. – Kleine Bilder aus der Gegenwart. Nr. 2. Der Brand in Aachen am 29. Juni d. J. Mit Illustrationen: 1) Das Rathhaus zu Aachen vor dem Brande. – 2) Dasselbe nach dem Brande, S. 473. – Die Theater in Paris, von Rudolf von Gottschall, S. 474. – Bilder aus der Hygiene-Ausstellung. 2. Volksküche und Kochschule. Von Jenny Hirsch, S. 476. Mit Illustration von H. Lüders, S. 477. – Blätter und Blüthen: Raben auf der Hasenjagd (mit Illustration auf S. 469), S. 479. – Eine Säcular-Erinnerung. Von R. Keil. – April in Californien. Gedicht von Theodor Kirchhoff. – Kleiner Briefkasten, S. 480.
- ↑ Vergl. „Gartenlaube“ 1869, S. 568: „Zwei Mönche einer protestantischen Hochschule“. „Ein Jesuitenzögling“ etc. A. d. R.
- ↑ Wir entnehmen dieses Gedicht, in dessen frischem Duft und Glanz die Naturschönheit des Goldlandes sich widerspiegelt, dem soeben erscheinenden Buche: „Balladen und Neue Gedichte von Theodor Kirchhoff (in San Francisco)“ (Altona, Schlüter’sche Buchhandlung – und New-York, E. Steiger u. Comp.). – Unseren Lesern ist der Name des Dichters kein fremder; sie kennen ihn als einen Mitarbeiter der „Gartenlaube“, der seit achtzehn Jahren sie durch treffliche Belehrungen und Schilderungen über amerikanisches Leben erfreut hat; sie werden, wie dem Schriftsteller, auch dem Dichter ihre Theilnahme, und gewiß zu ihrer eigenen Genugthuung zuwenden.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 480. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_480.jpg&oldid=- (Version vom 9.1.2024)