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Seite:Die Gartenlaube (1883) 347.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

des Studiums sagt. Dieses für höhere Lehranstalten berechnete Buch setzt Lernende voraus, „die mindestens mit der Grammatik der deutschen Muttersprache durchaus fertig und darin sicher sind.“ Das Ziel (allseitige Fertigkeit im Sprechen, Verstehen und schriftlichen Gebrauch des Französischen) ist mit fleißigen Schülern in Jahresfrist für viele Kreise sicher zu erreichen; mit zwei oder drei oder selbst sechs Monaten ist es nicht gethan. „Wer das Gegentheil behauptet, täuscht unwissentlich sich selbst oder wissentlich Andere.“

Manchem freilich mag es vielleicht verlockend genug klingen, wenn ihm ein „Meisterschafts-System zur praktischen und naturgemäßen Erlernung der englischen und (der) französischen Geschäfts- und Umgangssprache“ geboten wird als „eine neue Methode, in drei Monaten eine Sprache sprechen, schreiben und lesen zu lernen“, angekündigt wird, zumal wenn noch ausdrücklich hinzugefügt ist, daß „kein anhaltendes Studium erforderlich“ sei.

Natürlich läuft das Ganze, wie es bei Booch-Arkossy heißt, auf „einige Dutzend mechanisch eingeübter Phrasen und Gesprächsformen“ hinaus. Ein wirkliches Kennen und Können einer Sprache ist – wie jeder ein wenig Nachdenkende sich von vornherein selbst sagen muß – in so kurzer Zeit und zumal auf solche Weise, „ohne anhaltendes Studium“ nicht erreichbar. Man beachte z. B. nur die bei Toussaint-Langenscheidt so sorgfältig und meisterhaft behandelte Aussprache und sehe, wie es in dem sogenannten „Meisterschafts-System“ dafür heißt:

„Die richtige Aussprache kann man sich ohne einen Lehrer kaum erwerben. Wo es irgend möglich ist, empfehle ich daher, sich von einem geborenen Franzosen die Hauptsätze vorlesen zu lassen und ihm dieselben zuerst Wort für Wort und dann im Zusammenhange nachzusprechen. Doch genügt auch die Hülfe eines Deutschen, welcher mit der Aussprache vollständig vertraut ist.“

Ich glaube kein Wort über ein solches „Meisterschafts-System“ hinzufügen zu müssen, und wende mich nun wieder zu den Toussaint-Langenscheidt’schen Unterrichtsbriefen. Hier heißt es in der Einleitung:

„Jedes Sprachstudium macht Mühe, und wir sind weit entfernt zu sagen, daß unsere Methode diese gänzlich erspare … Dagegen können wir, gestützt auf Erfahrung, Jedem die beruhigende Versicherung geben, daß das Interesse, welches unsere Methode bei jedem Denkenden erweckt, die erforderliche Mühe so sehr verringert, daß sie kaum empfunden wird; denn bald findet jeder Lernende Vergnügen, ja Genuß am Studium … Auch wolle sich Jeder überzeugt halten, daß er das Ziel – bei Beharrlichkeit und pünktlicher Befolgung der gegebenen Vorschriften – sicher erreichen wird.“

Dieses Ziel ist die Verbindung des Kennens und des Könnens der fremden Sprache, und mit gutem Bedacht haben demgemäß Toussaint und Langenscheidt ihre Methode als „brieflichen Sprach- und Sprechunterricht“ bezeichnet. Diese Verbindung der Sprachlehre mit dem Sprechenlernen; die jede Ermüdung verhütende planmäßige Vertheilung des Lehrstoffes (unter fortwährender Berücksichtigung aller Theile des Sprachwissens und der Sprechübungen) in kurze und übersichtliche Abschnitte; das stufenmäßige, sichere und stetig wahrnehmbare Fortschreiten und die, bei der vom Lernenden selbst mit voller Sicherheit zu beschaffenden Fehlerverbesserung, geübte fortwährende Selbstcontrole sowohl über das bereits fest in sein geistiges Eigenthum Uebergegangene einerseits, wie andererseits über das noch einer wiederholten Durchnahme oder doch wenigstens einer festern Ein- und Nachübung Bedürftige, – diese Vorzüge der Methode Toussaint-Langenscheidt sind es, die dem rastlos auf das Ziel zuschreitenden Schüler seine Mühe erleichtern und versüßen.

Muß es ihn doch mit Freude und muthigem Selbstvertrauen erfüllen, wenn er sieht, wie er stetig fortschreitet. Ueberall fühlt er sichern und festen Boden unter seinen Füßen; denn nirgend wird ihm eine Aufgabe zugemuthet, die er nicht mit Zuhülfenahme des bis dahin Erlernten vollständig zu lösen im Stande wäre. Nichts treibt und zwingt ihn, zu etwas Späterem vorzuschreiten, ehe er sich in dem Vorhergegangenen vollständig befestigt hat, im Gegentheil leiten ihn etwaige Fehler in seinen Lösungen immer wieder zu den Punkten zurück, in denen sein Wissen entweder noch eine Lücke oder doch wenigstens nicht die gehörige Sicherheit zeigt, und indem er die Lücke ausfüllt oder die Unsicherheit durch weitere Einübung beseitigt, gewinnt er eine vollkommen feste und zuverlässige Grundlage für den Fortgang. Daraus erklärt es sich, daß fleißige und gewissenhafte Schüler der genannten Unterrichtsbriefe im Stande sind, sich aus denselben – und nur aus denselben – ein genügendes, festes und lückenloses Wissen in der betreffenden Sprache und eine bedeutende Fertigkeit in derselben anzueignen, wie denn die Einleitung die nachgewiesene Thatsache hervorheben kann, „daß Leute, welche keine einzige Stunde mündlichen Unterrichts im Französischen, beziehungsweise im Englischen genossen, sich lediglich durch das Studium der Unterrichtsbriefe so weit gebracht, die staatliche Prüfung als Lehrer des Französischen oder des Englischen gut zu bestehen, und daß sogar in derartigen Prüfungen die Schüler dieser Unterrichtsbriefe sich in der Regel auch durch ihre Aussprache vortheilhaft hervorthun“.

Ich bin weit davon entfernt, den – zum Theil sehr hohen – Werth anderer Hülfsmittel zur Erlernung lebender Sprachen zu verkennen; aber für das Selbststudium von erwachsenen Deutschen muß ich doch nach bestem Wissen und Gewissen die im Langenscheidt’schen Verlage erschienenen Toussaint-Langenscheidt’schen Unterrichtsbriefe in ihrer vervollkommneten und verbesserten Gestalt der dreißigsten Auflage, namentlich auch in Bezug auf die Aussprachebezeichnung, das Empfehlenswertheste nennen.

Die Langenscheidt’sche Verlagshandlung hat an die Spitze ihres Prospectes die folgende Bemerkung gestellt:

„Die Methode Toussaint-Langenscheidt ist geistiges Eigenthum der Langenscheidt’schen Verlagshandlung; sie wurde von ihren Begründern, beziehungsweise berufenen Mitarbeitern bis jetzt nur auf Englisch, Französisch und Deutsch[1] für Deutsche angewandt. Zu allen sonstigen, für die verschiedensten Sprachen und Nationen im In- und Auslande unter der Benennung ‚Methode Toussaint-Langenscheidt‘ oder ähnlicher Bezeichnung aufgetretenen Erscheinungen, beziehungsweise Nachahmungen stehen wir weder in Beziehung, noch sind dieselben unser Verlag. Dies ist gefälligst namentlich hinsichtlich einer neueren, von der literarischen Industrie auf den Markt gebrachten Nachbildung der englischen und französischen Unterrichtsbriefe zu beachten, die unter einer dem Originale täuschend ähnlichen, augenscheinlich auf Erregung von Irrthum speculirenden Bezeichnung erscheint.“

Man wird von mir nicht erwarten, daß ich einem schamlosen und elenden Freibeuter die Ehre der Erwähnung in diesem Blatte anthue; dagegen glaube ich eine andere, ehrliche Nachahmung der Methode „Toussaint-Langenscheidt“ nicht ganz unerwähnt lassen zu sollen, obgleich ich mich nicht in der Lage befinde, ein wirkliches Urtheil über dieselbe abzugeben. Ich meine die aus anderem Verlage in den von E. L. Morgenstern übergegangenen und dort nun weiter fortgesetzten „Sprachlichen Unterrichtsbriefe für das Selbststudium, nach der Methode Toussaint-Langenscheidt“. Bei diesem Unternehmen werden ehrlich und offen die englischen und französischen Unterrichtsbriefe des Langenscheidt’schen Verlages als die Meister und Vorbilder anerkannt, und es handelt sich hier um den Versuch, den bewährten Lehrgang in ähnlicher Weise auf Sprachen zu übertragen, welche in dem Langenscheidt’schen Verlage bisher nicht behandelt worden sind. Von diesem Unternehmen sind fünf Sprachen vollständig erschienen, zwei todte: Griechisch und Lateinisch, und von lebenden: Italienisch, Spanisch, Russisch. Vom Dänischen, vom Portugiesischen und vom Holländischen sind bis jetzt nur die Anfangsbriefe veröffentlicht. Alles bisher Erschienene liegt mir vor, und ich habe auch hier und da einen Blick in die Arbeit hinein gethan; aber ich kann und will darüber, wie gesagt, kein Urtheil abgeben, zu welchem meiner Ansicht nach nur Der berechtigt ist, der sich entweder gründlich in das betreffende Werk selbst vertieft hat oder es hat von Schülern durcharbeiten lassen. Wenn ich hier nicht verschweige, daß es mir scheint, als ob hier und da sich einzelne


  1. Die von dem Verfasser dieses Aufsatzes herrührenden „Deutschen Sprachbriefe“ kommen hier, wo es sich nur um die Erlernung fremder Sprachen handelt, natürlich nicht in Betracht; andernfalls würde ich die Aufforderung der Redaction zu diesem Aufsatze für die „Gartenlaube“ zurückgewiesen haben, um nicht als „Redner für das eigene Haus“ zu erscheinen. So aber kann gerade der Umstand, daß ich auf den Wunsch der Langenscheidt’schen Verlagshandlung mich entschlossen habe, meine – im Zeitraume von drei Jahren in vier starken Auflagen erschienenen – „Deutschen Sprachbriefe“ nach der Methode Toussaint-Langenscheidt zu schreiben, dem Leser Zeugniß dafür ablegen, welch hohen Werth ich – und zwar nicht erst seit heute oder gestern – dieser durch lange Erfahrung erprobten und bewährten Lehrweise beilege.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_347.jpg&oldid=- (Version vom 3.1.2024)