Verschiedene: Die Gartenlaube (1883) | |
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„Eine treffliche Logik, beim Hercules!“ fiel Bononius ihm in die Rede. „Aber streiten wir nicht! Agathon also erkaufte – oder bezahlte Dich. Gab er Dir seine Gründe an?“
„Ich fragte ihn nicht; aber da der Mann mir bekannt war, errieth ich sie. Ich wußte, daß Agathon seit mehreren Monden am Rande des Abgrundes steht, und da ich erfuhr, daß Hero eine der reichsten Erbinnen der Siebenhügelstadt ist …“
„Wie erfuhrst Du das?“
„Was Hunderte wissen, sollte das mir unbekannt bleiben? Nicht umsonst halte ich mir besoldete Kundschafter in allen vierzehn Regionen …“
„Gut. Du willfahrtest ihm also, schriebst an Hero und legtest ihr jenes geheimnißvolle Blatt bei, das sich auf so räthselhafte Weise mit schwarzer Schrift bedeckte. Wie erklärt sich das?“
Blätter und Blüthen.
Deutschlands merkwürdige Bäume: 2) Die tausendjährige Linde in Puch bei Fürstenfeld. (Mit Abbildung (S. 293.) Es ist ein wenig bekannter Ort, den wir heute aufsuchen, um unseren Lesern wieder einen der merkwürdigen Bäume Deutschlands in Bild und Wort vor Augen zu führen. Das Dörflein Puch, auch Buch genannt, dürfte für viele unserer Leser ein „böhmisches Dorf“ sein, von dem sie nur das eine wissen zu müssen glauben, daß es irgendwo weit hinter den Bergen versteckt ist. Und doch liegt es in dem schönen Lande Baiern, und von dem, was in seiner Umgebung geschehen ist, erzählt uns nicht nur die Geschichte der Heiligen, sondern auch unsere deutsche Geschichte. Ueber die Wunder, die einst bei und in Puch sich zugetragen haben sollen, werden wir später berichten. Aus den Chroniken der weltlichen Ereignisse haben wir aber zunächst mitzutheilen, daß in der Nähe von Fürstenfeld Kaiser Ludwig der Baier am 11. October 1347, vom Schlagflusse getroffen, auf freiem Felde während einer Bärenjagd starb. Die denkwürdige Stelle ist leicht zu finden, denn auf ihr ist in späterer Zeit eine marmorne Spitzsäule errichtet worden.
Puch selbst ist dagegen durch seine tausendjährige Linde und die „selige Jungfrau Edigna“ in weiterer Umgebung bekannt. Wie man sich im Volke erzählt, hat die genannte Jungfrau, eine Tochter des Königs Heinrich von Frankreich, „die Reichthümer und Ehren dieser Welt verlassen, und nachdem ihr Gott den Ort ihres zukünftigen Aufenthaltes durch Stillstehung der an ihrem Wagen angespannten Ochsen, Läutung eines Glöckleins und Krähen des Gogelhahns wunderbar eröffnet, allhier in Puch, nächst dem Kloster Fürstenfeld, Cisterzienser-Ordens, in Baiern gelegen, unter einer Linde, welche noch zu sehen ist, ihre Lebenstage in höchster Armuth und Strenge des Lebens zugebracht, wo sie nach ihrem ritterlichen Kampfe den 26. Februar 1109 starb.“
Diese Legende veranlaßte wohl einen Unbekannten, im Jahre 1875 ein Schild an die Linde befestigen zu lassen, auf dem folgende Inschrift zu lesen ist
in deren Stamm die selige Edigna, Tochter des König Heinrich von Frankreich 351/2 Jahr lang ein Gott geweihtes Einsiedlerleben führte und am 26. Februar 1109 starb. Ihre Gebeine sind in dieser Kirche zur Verehrung aufbewahrt.“
Nach dem Tode der Einsiedlerin soll die alte Linde eine Eigenschaft besessen haben, die, wenn sie wahr wäre, den Baum nicht allein zu dem merkwürdigsten Deutschlands, sondern sogar zu dem wunderbarsten der Welt stempeln würde. Wir lesen nämlich gedruckt, daß unter den vielen Wunderzeichen, mit welchen die selige Jungfrau nach ihrem Tode leuchtete, eins besonders verdient angemerkt zu werden: „ein heilsames Oel, welches aus eben dieser Linde als ein allgemeines Mittel für unterschiedliche Umstände geflossen ist, aber wegen dem Geize derjenigen, die selbes verkauft haben, ausgeblieben ist“.
Diese Wundergeschichte wird, auf einem Blättlein in Bild und Wort gedruckt, unter dem Volke der Umgegend verbreitet, und so fehlt es nicht an Gläubigen, die andächtig zu der Kirche in Puch, zu der tausendjährigen Linde und zu der seligen Jungfrau Edigna wallfahren.
Wenn auch die runde und vollklingende Zahl Tausend nicht verbürgt ist, so kann man doch sicher annehmen, daß der Baum auf manches Jahrhundert herabgeschaut hat, und doch grünt und blüht der ehrwürdige Riese noch in jedem Frühlinge und in jedem Sommer – in seiner unverwüstlichen Kraft ein wahres Wunder in Gottes Natur.
Emil Denhardt, der bekannte Leiter der seit etwa zwanzig Jahren bestehenden Heilanstalt für Stotterer in Burgsteinfurt in Westfalen, ist am 22. März dieses Jahres im Alter von siebenundsiebenzig Jahren gestorben. Nur zu oft muß der Stotterer wohlfeilem Spotte als Zielscheibe dienen. Die vielen Hunderte, welche der Heimgegangene vom Fluche der Lächerlichkeit befreit hat, werden ihm daher gewiß ein dankbares Andenken bewahren. Die „Gartenlaube“ hat bei der Darlegung der ebenbürtigen und erfolgreichen Bestrebungen seines Sohnes Rudolf auf diesem Gebiete auch des Vaters (Jahrg. 1878, S. 215) ehrend gedacht.
Für die Ueberschwemmten am Rhein gingen nach Schluß der Sammlung noch ein: Von der kleinen Erna M. 16,05 (20 Franken); S. L. aus Wien in London M. 106,57 (5 Pfund Sterling 5 Schilling).
Kleiner Briefkasten.
L. Br. in Berlin. Die Frage, welche Sie hinsichtlich des in Nr. 10 der „Gartenlaube“ abgedruckten Artikels „Ueber Erziehung der Kinder zum Gehorsam“ an Herrn Dr. med. Schildbach hier gestellt haben, wünscht derselbe Ihnen brieflich zu beantworten, weil er den Gegenstand zur Behandlung in der „Gartenlaube“ nicht geeignet findet, und bittet Sie deshalb um Ihre Adresse.
P. A. in Hildburghausen. Sie haben Recht, bei der Anführung des Benton’schen „Dort ist der Osten“ (S. 262) an einen noch älteren vorhandenen Ausspruch zu erinnern. „Die Sonne der Freiheit geht im Westen auf“, so sagte schon in den ersten dreißiger Jahren Joseph Meyer in seinem „Volksfreund“, einer freisinnigen Zeitschrift, deren geharnischten Geist er später in seinem seiner Zeit weltbekannten „Universum“ fortwirken ließ.
J. B. in B. Daß Ihre Anfrage nicht beantwortet wurde, liegt nur daran, daß wir sämmtliche an uns aus allen Welttheilen gerichtete Anfragen unmöglich in unserem „Kleinen Briefkasten“ beantworten können und auch Ihre directe Adresse uns nicht bekannt war. Wiederholen Sie also gütigst Ihren Wunsch, aber nicht anonym, sondern unter Angabe Ihrer vollen Adresse!
E. K. in M. a. d. R. Gut gebaute Verse, aber als Inhalt die tausendmal dagewesene allegorische Spielerei über den Sieg des Lenzes.
J. E. in G. Wozu mit Ihrem geheimen Privatschmerze, der unerklärt bleibt, folglich Niemanden interessirt, Anderen das Frühlingsbild verdüstern?
Abonn. O. M. in C. Ihr Gedicht ist unwahr. Wer mit seinem Herzen und dessen Schmerzen so geschickt heineln kann, scheint sein Leid mit Plaisir zu ertragen.
Abonn. Verden. Im Wechsel des Metrums sehr frei, aber frischer und ehrlicher als die Vorgänger. Wir müssen wohl auch die allgemeine Frühlingsschilderung aushalten, aber die letzte Strophe lautet doch:
Wirf ab, was dich auch quälet,
Und laß den Lenz herein;
Alte Wunden heilen wieder
Maienglück und Sonnenschein.
In der „Romanbibliothek der ‚Gartenlaube‘“ empfängt das deutsche Publicum eine Muster-Unterhaltungs- und Hausbibliothek von bleibendem Werthe. Dieselbe wird enthalten:
- E. Marlitt’s Erzählungen: Goldelse, Das Geheimniß der alten Mamsell, Die zweite Frau, Haideprinzeßchen, Reichsgräfin Gisela, Thüringer Erzählungen (Inhalt: Die zwölf Apostel, Blaubart), Im Hause des Commerzienrathes, Im Schillingshof, Amtmanns Magd;
- E. Werner’s Erzählungen: Am Altar, Gartenlaubenblüthen (Inhalt: Ein Held der Feder, Hermann), Gesprengte Fesseln, Glück auf, Um hohen Preis, Vineta, Frühlingsboten;
- W. Heimburg’s Erzählungen: Aus dem Leben meiner alten Freundin, Lumpenmüllers Lieschen, Kloster Wendhusen;
- A. Godin: Mutter und Sohn; W. v. Hillern: Aus eigener Kraft; G. v. Meyern: Teuerdank’s Brautfahrt und E. Werber: Feuerseelen (Inhalt: Der Aërolith, Eine Leidenschaft, Ein Meteor, Der canadische Achilles, Charlotte Venloo, Pater Gregor).
Alle soliden Buchhandlungen Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, der Schweiz und des weiteren Auslandes nehmen Bestellungen an und können eine Probe-Lieferung zur Einsicht vorlegen.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_300.jpg&oldid=- (Version vom 31.12.2023)