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Seite:Die Gartenlaube (1883) 298.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

„Städtlein an der Röthen unter dem Haus Sonneberg“ genannt. So hieß das feste Schloß, an das jetzt noch der „Schloßberg“ erinnert (unsere Abbildung zeigt uns die neue thurmgeschmückte Vergnügungsanlage auf demselben), und zwar hat es seinen Namen von der freien sonnigen Lage, nicht nach einem angeblichen fabelhaften Erbauer, der ein Frankenkönig Suno gewesen sein soll. Trotz der versteckten Lage fanden sowohl die Hussiten (1430 bis 1432), wie die Wütheriche des Dreißigjährigen Krieges das Städtchen, das von 1628 bis 1653 dreimal niedergebrannt und elfmal ausgeplündert wurde. Die Burg war schon 1505 durch Feuer zerstört und der Name längst auf das Städtchen übergegangen, das nach dem Krieg etwa 600 Seelen zählte. Bis 1735 gehörte es zu Coburg. Nachdem der beste Theil desselben sammt der alten Kirche am 27. August 1840 abgebrannt war, erhob es sich um so stattlicher und genießt seitdem eines so steigenden Wachstums, daß es jetzt über 10,000 Einwohner zählt und nahe daran ist, aus der zweiten an Einwohnerzahl die erste Stadt des Herzogtum zu werden.

Und nun scheiden wir vom ganzen waldesprächtigen Spielwaarenland und von seiner Hauptstadt. Wenn wir aber noch einmal an all die Berge und Thäler voll erfrischender Schönheit und die Menschen mit ihrem Fleiß, ihrem rastlosen Schaffen zurückdenken, so will in den Herzen der Alten und der Kinder ein tief empfundener Wunsch sich laut machen:

Möge dieser Industrie, die so recht einzig und allein im Dienste des höchsten Festes der Liebe und des Friedens steht, es beschieden sein, daß ein hochherziges Zusammenwirken von Vaterlands- und Menschenliebe den alten Kampf der Interessen mildere, wo nicht endlich beseitige! Möge diese herrliche Industrie immer frischer aufblühen, und wie sie am Weihnachtsabend bis in die ärmste Hütte Licht und Freude trägt, so möge Licht und Freude auch bei den Tausenden wohnen, die ihr tägliches Brod durch die Arbeit für unser beglückendstes Fest erwerben! Mögen nie in diesem Lande arme Eltern trauern und arme Kinder weinen müssen am heiligen Christfest! Möge eine dunkle Weihnacht unmöglich sein im Thüringer Spielwaarenlande! Friedrich Hofmann.     




Der chaldäische Zauberer.

Ein Abenteuer aus dem Rom des Kaisers Diocletian.
Von Ernst Eckstein.
(Fortsetzung.)


Drei Tage später empfing der chaldäische Zauberer ein dreifach gesiegeltes Schreiben folgenden Inhalts:

„Lydia an den glorreichen Olbasanus, den Vertrauten der Götter.

Ich weiß nicht, ob Du meiner Dich noch erinnern wirst. Ich betrat Deine Schwelle in Begleitung der blonden Syracusanerin, die durch Deine göttliche Weissagung vor dem schrecklichsten Unheil bewahrt blieb. Ihr Name ist Hero, und eine Tochter ist sie des würdigen Heliodorus, der im vorigen Jahr herüberkam nach dem Strande des Tiberis. Von Bewunderung erfüllt für Deine unerfaßliche Kunst, bittet Lydia um den Rath des Allweisen in einer ebenso schwierigen als wichtigen Angelegenheit. Diesem Brief kann ich die Einzelheiten nicht anvertrauen; Dein Haus aber aufzusuchen verbietet mir ein Fieber, das, ohne gefährlich zu sein, mich an’s Bett fesselt. Nimm also, würdiger Olbasanus, zum Entgelt für Deine Bemühung die dreihundert Denare, welche der Knabe Dir gleichzeitig mit dem Schreiben hier übermitteln wird, und komm, so eilig Deine Zeit es gestattet, in die Wohnung der Wißbegierigen. Du kennst das Haus mit dem korinthischen Portikus am Nordhange des cälischen Hügels. Laß mich durch den Sklaven erfahren, ob und wann mein ungeduldiges Herz Dich erwarten darf.“

Olbasanus nahm das Gold in Empfang und schrieb drei Worte auf einen der zahlreichen Pergamentstreifen, die zierlich zurechtgeschnitten und auf einander geschichtet in einer Wandblende seines Gemaches lagen. Es war noch früh an der Zeit – kaum eine Stunde nach Sonnenaufgang; die Arbeiten des Beschwörers jedoch begannen für die Regel erst nach dem sogenannten Prandium, dem zweiten Frühstück; ihre größte Ausdehnung fiel in die Abendstunden. So konnte er also „Ich komme gleich!“ antworten; – „denn“ – fügte er in höflicher Wendung hinzu – „Olbasanus weiß, daß doppelt giebt, wer da schnell giebt.“

Zwanzig Minuten später hielt die gold- und purpurstrotzende Sänfte des Chaldäers, von vier kohlschwarzen Nubiern getragen, vor dem Vestibulum des Heliodorus. Solche Besuche der Wahrsager und Beschwörer bei den vornehmen Römerinnen waren weder selten noch auffallend. Olbasanus allerdings verfuhr im Bewilligen dieser Gunst ziemlich wählerisch.

Der Caldäer ward am Thürgang von dem Obersclaven des Atriums ehrerbietig empfangen. Er möge verzeihen, daß Niemand von der engeren Familie des Hausherrn zur Stelle sei; Heliodorus aber halte sich seit mehreren Tagen, dringlicher Geschäfte wegen, zu Antium auf, und Hero, die Tochter, sei spät zur Ruhe gegangen und schlafe noch.

Olbasanus nickte mit der ruhigen Förmlichkeit eines Mannes, der solche Phrasen gewohnt ist, und ließ sich nach dem großen Wohnraum unter den Säulen des Peristyls führen, wo Lydia, auf einem ehernen Langstuhle ruhend, seiner gewärtigte.

Da er die Schwelle betrat, stand die junge Sicilianerin auf, begrüßte ihn mit großer Verlegenheit und lud ihn ein, ihr zu folgen.

Hinter dem Wohnraum befand sich eine fensterlose, eirunde Exedra (Salon), die ihr Licht von oben empfing – der eigentliche Raum für die plaudernde Geselligkeit, die so sehr von den Römern, auch von den späteren, gepflegt und geschätzt wurde.

In dieses traulich verschwiegene Gemach fuhrte Lydia den lächelnden Orientalen, der aus ihrer bangen Verwirrung die Bestätigung des errungenen Sieges und neue Triumphe für die Zukunft herauslas.

Kaum jedoch hatte die Flügelthür sich hinter Olbasanus geschlossen, als aus der gegenüberliegenden Pforte drei handfeste Germanen hereinstürzten, die ihn packten, wie die Meute den Wolf packt. Trotz seines verzweifelnden Sträubens ward er gefesselt; ein Knebel, den die flachshaarigen Friesen ihm zwischen die Kiefern schoben, ermöglichte ihm gerade zur Not noch das Athmen.

Gleichzeitig traten von der Seite her Cajus Bononius und der Centurio Philippus in die Halle der Exedra.

„Was rollst Du so die Augen, Beschwörer der Hekate?“ sagte Bononius. „Dem Vertrauten aller Geister der Ober- und Unterwelt wird es ein Leichtes sein, diese Stricke aus einander zu sprengen und die Missethäter, die ihn berührt haben, entseelt auf den Boden zu werfen.“

Trotz des herausfordernden Hohnes, den diese Worte bekunden sollten, hatte die Stimme des jungen Mannes gebebt. Die Blitze, die dem Orientalen unter den Wimpern hervorlohten, waren in der That so wild und dämonisch, und die Erinnerung an die Vorgänge in dem Zauberhaus am quirinalischen Hügel so frisch, daß Bononius den Ueberwältigten nicht ohne Erregung zu seinen Füßen erblickte; denn Olbasanus war im Ringen mit den Sclaven in die Kniee gesunken.

Auf einen Wink des Centurio Philippus traten die flachshaarigen Friesen jetzt durch dieselbe Thür zurück, durch die sie hereingekommen. Er selbst aber näherte sich dem Gefesselten, zog das Schwert aus der Scheide und sagte kurz und bestimmt:

„Du hast Dich eines fluchwürdigen Verbrechens schuldig gemacht. Erkenne in mir einen Führer jener bewaffneten Körperschaft, die berufen ist, über dem Wohl und Wehe der Bürger Wache zu halten. Ich könnte Dich jetzt ohne Weiteres in Haft nehmen. Dein Schicksal wäre unzweifelhaft; denn abgesehen von Deiner Missethat wider Lucius Rutilius und die Tochter des Heliodorus sind auch heute noch jene Edikte früherer Imperatoren

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_298.jpg&oldid=- (Version vom 31.12.2023)