Verschiedene: Die Gartenlaube (1883) | |
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Die Beleuchtung des Terrains in den Abendstunden erfolgt in dem vorderen Theile vor dem Hauptgebäude mit elekrischem Bogenlicht durch die Firma Siemens und Halske, in den Terrainabschnitten nördlich der Stadtbahn mittelst verschiedener Systeme von Gasbeleuchtung, hauptsächlich Fr. Siemens’scher Regenerativbrenner, die Beleuchtung in dem Bauer’schen Restaurant mittelst elektrischen Glühlichtes durch die deutsche Edison-Gesellschaft, und die Beleuchtung des Gebäudes für häusliche und wirthschaftliche Einrichtungen mittelst elektrischen Glühlichtes durch die Gebrüder Naglo.
Die Gartenanlagen sind nach den Bestimmungen der städtischen Parkdeputation auf Kosten der Stadt Berlin von dem städtischen Gartendirector Herrn Mächtig ausgeführt.
So möge die Ausstellung denn im Laufe des Sommers und Herbstes vielen Tausenden dienen zur Belehrung und Erquickung. Auch von ihr soll dann gelten, daß sie Diejenigen heranziehen und befriedigen werde, welche wissen wollen, was die deutsche Industrie auf dem Gebiete der Gesundheitspflege und Gesundheitstechnik, sowie auf dem des Rettungswesens geleistet, welche Fortschritte sie im letzten Jahrzehnt gemacht hat und welche Lücken andererseits noch vorhanden sind. Sie wird darbieten ein treues Bild der sanitären Einrichtungen, welche Staat und Gemeinde in Deutschland zum Schutze der Volksgesundheit getroffen haben, und sie wird durch das, was sie bringt, das Verständniß für öffentliche Gesundheitspflege in vielleicht bis jetzt noch ungeahnter Weise fördern. Mehr als alle Belehrungen wird auch hier die eigene Anschauung maßgebend sein.
Die competenteste Kritik ist der Ausstellung in hervorragendem Maße auch in diesem Jahre gesichert, da mehrere große Vereine, welche sich ihr im Jahre 1882 anzuschließen gedachten, demnächst ihre Jahresversammlungen in Berlin abhalten werden. Die Vortragscyklen aus den in der Ausstellung vertretenen Gebieten der Hygiene und des Rettungswesens sind von Neuem vorbereitet, und die Presse aller Parteien wendet unserem Unternehmen die lebhaftesten Sympathien zu. Es kann daher auch jetzt wieder der Hoffnung Raum gegeben werden, daß der Einfluß der Ausstellung über die Zeit ihres Bestehens hinausgehen und auf die weiteren Fortschritte der Gesundheitspflege und Gesundheitstechnik einen maßgebenden Einfluß ausüben wird.
Berlin, Mitte April 1883.
Ein Spaziergang durch das Thüringer Spielwaarenland.
Um nicht Erwartungen anzuregen, welche in dem Folgenden nicht befriedigt werden könnten, will ich sofort den Zweck enthüllen, dem ich mit dieser keinen Arbeit nachstrebe. Wir gehen in das Spielwaarenland, nicht um schwerwiegende, mit statistischen Gerüsten ausgestattete Belehrungen über ehe-, und dermalige Zustände von Industrie und Handel zu empfangen; nicht um uns in die technischen Einzelheiten der vielgestaltigsten Gewerkthätigkeiten einweihen zu lassen; auch nicht, um in den uralten Krieg über das Mein und Dein von Arbeitern und Arbeitgebern mit einzutreten und in dem Wirrsal von Recht und Unrecht Licht und Ausgang zu finden – nein, nichts von alledem, sondern wir benutzen die Frühlingszeit, um Alle, welchen das Glück des Christbaumes mit Kinderlust bescheert ist, zu verlocken, mit den fußreisefähigen Kindern einmal die Berge und Thäler zu besuchen, wo die Tausende von Menschen wohnen, welche fast das ganze Jahr hindurch für den einen Tag arbeiten, an dem Millionen Kinder rings um die Erde ihr erstes und höchstes Freudenfest feiern.
Wir gehen in das Spielwaarengebiet des meininger Oberlandes, weil dasselbe auf engem Raume den Augen der Kinder Alles darbietet, was ihr Herz erfreut, ohne ihre Füße zu sehr zu ermüden. Natürlich meinen wir damit Kinder von zehn bis vierzehn Jahren; die Kleinen, welche noch im vollen Glauben an das Christkindlein selig sind, gehören nicht in die Werkstätten, wo die Tausende von Bescheerungsgegenständen gemacht werden. Mit den größeren und kräftigeren Kindern aber diesen Spaziergang auszuführen, ist eine vielfach belohnende Lust. Den Kindern kann eben Alles, was sie einst als Spielzeug entzückte, im ganzen Laufe seiner Entstehung, bis zur Vollendung gezeigt werden. Da steht vor ihnen der Wald, bald auf hohem Berge, bald an steilen Abhängen, bald in tiefen, wasserdurchrieselten Thälern und Schluchten, aber überall erinnert er an die Holzspielwaaren, und jede der vielen Schneidemühlen sagt ihnen, wie er klein gemacht wird. Da schreiten sie an den Gruben und Brüchen vorüber, aus welchen die Masse genommen wird, welche sie später zu Glas oder zu Porcellan verarbeiten sehen. Wir wandern mit ihnen von Fabrik zu Fabrik, bald durch den ewig herrlichen Wald, bald über lichte Höhen, die uns mit ihrer Fernsicht entzücken; wir gehen auch in die keinen Waldhäuser, wo die Familien bei der Arbeit sitzen. Und wenn da den Kindern auch die Bilder der Armuth nicht erspart werden, so kann das ihren Herzen nur zum Segen gereichen. Ueberall aber begegnen wir freundlichen Menschen; gar manche Arbeit, im Wald und im Hause, begleitet schöner Gesang, und die müden Wanderer nimmt am Abend überall im Gebirg ein gastliches Haus mit guter Bewirthung auf. Eine Kinderreise kann nirgends mit mehr Nutzen und Vergnügen für Alt und Jung vollbracht werden, als in unserem Thüringer Spielwaarenlande.
Am Thor zu diesem Spielwaarenlande stehen wir, wenn wir vom Norden, von Saalfeld oder Schwarzburg her kommen, schon in Wallendorf-Lichte. Wallendorf ist ein meiningischer, Lichte ein schwarzburg-rudolstädtischer Marktflecken. In jedem derselben besuchen wir Porcellanfabriken, welche 800 bis 1000 Arbeiter beschäftigen und in Güte des Porcellans, Schönheit und Mannigfaltigkeit der Form und Trefflichkeit der Malerei Mustergültiges liefern. Vor Allem aber führen wir die Kinder in die hier von den Regierungen von Meiningen und Rudolstadt gegründete und erhaltene Kunstschule für Freihandzeichnen, Modelliren und Malen. Die über 200 Schüler sind arme Knaben vom neunten Lebensjahre an, und die Lehrlinge und Arbeiter in den Fabriken. Der Unterricht geschieht natürlich unentgeltlich. Wenn aber unsere Kinder die Berge und steilen Gebirgspfade sehen, welche diese armen Waldjungen passiren müssen, um im rauhesten Winter über Schnee und Eis in ihre Schule zu gelangen, so werden sie die Wege und die Jungen gewiß mit aufmerksameren Augen und letztere recht theilnehmend ansehen. Der Leiter dieser Schulen ist der Maler Louis Hutschenreuter. Er hat sich durch sein opferfreudiges Walten offenbar vielen Dank verdient, und es ist nur zu wünschen, daß derselbe ihm auch immer zu Theil werde.
Wir müssen nun, jedoch auf bequemen Wegen, einen tüchtigen Berg ersteigen; oben aber, in einer Höhe von 2500 Fuß über dem Meere, genießt das Auge einen prächtigen Blick auf die malerischen Gebirgsdörfer ringsum, die alle im Dienst der Glas- und Porcellanfabrikation stehen, denn der Boden läßt höchstens Kartoffeln und Sommergetreide reifen. Wir begrüßen zuerst den höchsten bewohnten Ort Thüringens, das Dorf Igelshieb. Jetzt, im Frühling, werden unsere Kinder kaum glauben, daß in harten Wintern die Bewohner von Igelshieb, meist Glasarbeiter, es erleben können, daß sie sich den Ausweg aus ihren verschneiten Häuschen durch eine Art Tunnel im Schnee graben müssen, wenn sie es nicht vorziehen, den Ausgang durch das Bodenloch zu suchen.
Gleich neben Igelshieb liegt der große Ort Neuhaus am Rennstieg. Hier eilen wir in die Glasfabrik von L. u. S. Müller, um ein Meisterstück der Glasbearbeitungskunst zu betrachten: ein Kriegsschiff von etwa zwei Fuß Länge, das in allen Theilen, selbst mit Ausrüstung und Bemannung nur aus Glas besteht, und zwar Alles frei über der Lampe, ohne alle mechanische Beihülfe hergestellt, gewiß eine reizende Kinderlust!
Und nun winken uns die drei wichtigsten Industriestätten Thüringens, die unser Bild zeigt: Lauscha, als die Geburtsstätte der Glas-, Limbach als die der Thüringer Porcellanindustrie, und Sonneberg, das aus einer „Tochter Nürnbergs“ (vergl. „Gartenlaube“ 1865, S. 712) durch die Vermählung mit dem Großhandel zur Mutter der heimischen Hausindustrie geworden ist.
Einmal auf der Höhe, eilen wir zuerst nach Limbach, nicht ohne auf unserm Gange im gemüthlichen Forstwarthaus Bernhards-Thal
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_279.jpg&oldid=- (Version vom 30.12.2023)