Verschiedene: Die Gartenlaube (1883) | |
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Die Machterkennung der deutschen Cultur war es, welche einigen
wackeren Deutschen in Wien Veranlassung zur Gründung des Deutschen
Schulvereins gab, und deutsche Ideale sind es wiederum, welche das
deutsch-österreichische Volk veranlaßt, den Manen des größten Fürsten, der
jemals auf Habsburgs Thron saß, – Kaiser Joseph des Zweiten –
allüberall Denknäler zu errichten.
„Ich bin ein Deutscher, freue mich darüber und bin stolz darauf, ein Deutscher zu heißen!“ Diese Worte jenes unvergeßlichen Volkskaisers sollen die Denkmäler eben ehren.
Es ist nun unschwer zu errathen, warum die vielen Kaiser Joseph-Denkmäler, die namentlich in Deutsch-Böhmen jetzt überall errichtet werden, dem Slaventhum, das gegenwärtig im Hause Oesterreich die Primgeige spielt, so ungelegen kommen. Man hat in der Denuncirungswuth selbst davor nicht zurückgeschreckt, dies geradezu als eine – Demonstration gegen das österreichische Herrscherhaus zu deuten, als wenn Kaiser Joseph kein Habsburger gewesen wäre!
Wie sonderbar da oft selbst von den österreichischen Behörden vorgegangen wird, um ja das Deutschthum in den Hintergrund zu drängen, davon ein Beispiel aus jüngster Zeit:
In Pilsen war’s und Elmar’s Volksstück „Kaiser Joseph im Volke“ sollte zur Aufführung gelangen. Am Schlusse des zweiten Bildes, welches eine Episode aus der Zeit der Hungersnoth darstellt, legt Elmar dem Kaiser die Worte in den Mund: „Vergesset es nie und mögen eure Nachkommen sich dessen stets erinnern, daß ein deutscher Fürst es war, der Böhmen Hülfe brachte.“ Statt „deutscher Fürst“ mußte nun „ein Habsburger“ gesetzt werden – so entschied die weise Censur zu Pilsen und dabei blieb’s. – –
Die Deutsch-Oesterreicher werden sich durch solchen Chauvinismus gewiß niemals ihr Deutschthum rauben lassen, und je größer der Druck von oben, desto größer der Gegendruck nach außen, bis man hohen Orts zur Einsicht gelangen wird, daß das Deutschthum – der Träger der Cultur in Oesterreich – denn doch ein Factor sei, mit dem man rechnen müsse und der sich nicht auf so leichte Weise, nachdem er seine Schuldigkeit gethan, beseitigen lasse.
Und weil nun die Deutschen Oesterreichs in dieser für sie bedrängten politischen Lage so patriotisch dankbar sind, die großen Männer ihres Vaterlandes, die für das Deutschthum und das Wohl Oesterreichs gestritten und gelitten, zu ehren, müssen wir die Kaiser Joseph-Denkmäler als die Versinnlichung ihrer Ideale, freudigst begrüßen.
Es ist bezeichnend, daß die Kaiser Joseph-Bilder gerade jetzt in
Deutsch-Oesterreich wie Heiligenbilder verehrt werden und fast in jedem Hause
anzutreffen sind.[1] – d –
- ↑ Da hat auch unlängst so ein wackeres Comité zur Errichtung eines Kaiser Joseph-Denkmals einen löblichen Entschluß gefaßt. In dem durch seine Glasindustrie weltberühmten Gablonzer Bezirke liegen die drei blühenden, in raschem Aufschwunge begriffenen, mit einander zusammenhängenden Ortschaften Maxdorf–Josephsthal-Antonienwald. Das dortige Comité zur Errichtung eines Kaiser Joseph-Monumentes kam – eingedenk seines Wahlspruches: „In jedes deutsche Haus ein Kaiser Joseph-Monument!“ – auf den Gedanken, kleine Standbilder aus Glas, jenen populären Kaiser darstellend, anzufertigen, und will diese durch Vereine und Gesinnungsgenossen in ganz Oesterreich verbreiten lassen. Im Hinblicke auf den patriotischen Zweck werden die meisterhaft ausgeführten, circa zwanzig Centimeter hohen Standbilder zu sehr mäßigem Preise (einen Gulden per Stück) geliefert und fällt der Reingewinn dem dortigen Denkmalfonds zu. Hoffentlich wird kein deutscher Verein „drinnen und draußen im Reich“ es unterlassen, die Weiterverbreitung dieser Standbilder, als Symbol des Deutschthums, sich zur Ehrenpflicht zu machen und sich mit dem Comité (Post Maxdorf in Böhmen) in’s Einvernehmen zu setzen.
Der Handfertigkeitsunterricht in Sachsen. Seit dem Unterrichtscursus
zur Heranbildung von Lehrkräften für Handfertigkeit im Sommer
1882 zu Dresden ist man im ganzen Lande in erfreulichster Weise dieser
hochwichtigen Volkserziehungsfrage näher getreten. Die „Gartenlaube“
brachte in Nr. 33 des vorigen Jahrganges einen größeren illustrirten
Artikel über jenen Cursus, und kommt es den Lesern desselben wie allen
Freunden der Bewegung gewiß nicht unerwünscht, wenn wir über die
angedeuteten Fortschritte seit jener Zeit kurzen Bericht erstatten.
Vor Allem darf man mit Genugthuung erklären, daß die sächsische Regierung die wahren Interessen eines so hervorragenden Industriestaates wie Sachsen richtig erkannte und dieser praktischen Erziehungsreform weit mehr als bloße Aufmerksamkeit zuwendete. Hand in Hand mit den Gemeinden errichtete dieselbe zunächst in Pirna und Schandau Handfertigkeitsschulen unter Clauson von Kaas, die, abgesehen von dem erziehlichen Zweck, darauf hinsteuern, der Steinbrecherjugend in den dortigen Gegenden neue Erwerbsquellen zu erschließen. Die Steinbrecherei im Elbsandsteingebirge liegt darnieder, die Verdienste sind bei schwerer Arbeit auf ein unleidliches Minimum herabgedrückt, doch das Schlimmste ist der lungenertödtende Staub in den Brüchen, der einen erschrecklichen Procentsatz aller jungen Männer schwindsüchtig macht. Man will nun durch den Handfertigkeitsuntericht die Jugend von zu frühem Eintritte in den Steinbrecherberuf zurückhalten; denn erfahrungsgemäß verfällt die reifere Jugend wie das Mannesalter viel seltener dieser unheimlichen Krankheit, die hier den Charakter einer Gewerbekrankheit angenommen, und zu diesem Zwecke sollen vorwiegend Holzindustrien eingeführt werden, welche durch die ausgedehnten Waldungen der Gegend auch am besten gesichert erscheinen.
Dem Ministerium des Innern hat sich auch das Ministerium des Cultus sympathisch angeschlossen; es öffnete der Handfertigkeitsbestrebung die Pforten der königlichen Seminare, und so konnte bereits am 3. Februar Clauson von Kaas im Seminar zu Dresden-Friedrichstadt einen Unterrichtscursus in Scene setzen. Den Zöglingen war die Theilnahme völlig freigestellt worden, doch hat sich auch nicht ein Einziger ausgeschlossen. Besonders segensreich verspricht der Unterricht Clausun’s, des ehemaligen dänischen Rittmeisters, in der königlichen Blindenanstalt zu Dresden zu werden; der Verfasser sah von blinden Knaben in Thon modellirte Thiere von wirklich künstlerischer Auffassung; wir haben keine andere Bezeichnung dafür als das Wort „Unbegreiflich“ in Anbetracht der Blindheit der jungen Künstler.
Etwas langsamer, aber doch unaufhaltsam, greift diese natürliche Reaction gegen geistige Ueberbürdung und krankhafte Spitzfindigkeit in den Gemeinden um sich. Merkwürdig ist das Verhalten der Gewerbevereine – hier die wärmste Zuneigung und Aufnahme, dort das frostigste Mißtrauen; ähnlich steht es auch bei Behörden und in der Lehrerwelt, doch wir wollen den gegnerischen Gründen nicht nachspüren, das führte zum Polemisiren und wir wollen uns heute nur an Thatsachen halten.
In Zittau soll gegenwärtig in zwei Localen mit dem Unterricht begonnen werden, ebenso sind Anfänge zu vermelden von Pausa und Bischofswerda. In Rochlitz fanden sich 33 Theilnehmer zu einem Cursus zusammen. In Meerane hat der Rath die Angelegenheit in die Hand genommen, zunächst um Lehrkräfte heranzubilden; in Thum und in Markneukirchen sind „Schnitzelschulen“, wie man sie dort nennt, in voller Thätigkeit. In Gottleuba lehrt man besonders die bessere Strohflechterei, was auf den weiten Strohflechterbezirk des östlichen Erzgebirges von höchstem Vortheil werden kann, da hier die feineren und lucrativeren Flechtereien bisher nicht gefertigt werden konnten. In Schöneck richtete sich das gesammte Lehrerpersonal selbst eine Lehrwerkstätte ein, in Plauen hat man wenigstens im Waisenhaus mit dem Unterricht begonnen, ebenso in Auerbach in der landwirthschaftlichen Schule.
Obenan stehen die Städte Leipzig und Dresden, insbesondere haben Mitglieder im Dresdener Rath die ganze Idee eifrig gefördert. So konnte Director Kunath, ebenfalls ein warmer Freund der Sache, in der siebenten Bürgerschule zu Dresden einen permanenten Handfertigkeitunterricht einführen, und wer sich aus eigener Anschauung unterrichten will, der besuche diese Schulwerkstätte, bewundere die sauberen und höchst gefälligen Arbeiten und freue sich an den vergnügten Gesichtern der Knaben, die zum Theil den höheren Ständen angehören, also voraussichtlich gar nicht beabsichtigen Handwerke zu erlernen, aber in geschickter Handhabung der Werkzeuge „Niemandem etwas hinausgeben“.
Wir möchten allen Gegnern dringend anrathen, in die erste beste gutgeleitete Schulwerkstätte zu gehen; wer sich hier nur einmal ordentlich umgethan und das Vergnügen und die helle Lust der freiwilligen Arbeit beobachtet, der kann kein Feind der Sache mehr sein; der muß ein Paulus werden und sei er ein noch so grimmiger Saulus gewesen. Scheint es uns doch, die ganze Gegnerschaft stütze sich viel weniger auf Gründe als auf – Mißtrauen.
Zum Schluß wollen wir noch verrathen, daß in Dresden ein Centralverein
für Hendfertigkeit in der Bildung begriffen ist, der, nach den
Vorversammlungen und nach den Männern, die zur Leitung berufen sind,
zu schließen, zur kräftigsten Initiative übergehen wird; doch behalten wir
uns den Bericht hierüber für später vor. Th. G.
Kleiner Briefkasten.
Abonnentin M. in Riga. Wenden Sie sich, mit genauer Angabe Ihrer Adresse, an die Verlagshandlung der „Gartenlaube“, dieselbe wird Ihnen über die Sache die gewünschten Mittheilungen machen.
F. F. T. in „7-bürgen“. Ihr Manuscript ist, hinsichtlich eines Theils des Inhalts, benutzt, wie Sie in Nr. 12 der „Gartenlaube“ sehen. Was aber Ihre Anfrage in Bezug auf einen „Specialarzt“ betrifft, so müssen Sie unbedingt einen Arzt, der den Kranken persönlich untersucht, zu Rathe ziehen, niemals aber einen wählen, welcher „brieflich heilt“. Briefliche Curen sind zum größten Theil Schwindel und können nie als gewissenhaft gelten.
O. S. in M. Es sank hinab zu vielen stillen Genossen.
J. A. Solches Buch ist uns nicht bekannt. Die Postverwaltung hat genaue Bestimmungen erlassen, welche an jedem Postschalter käuflich sind.
Elsa und Martha in Kappel 12 M.; Möhlmann in Finkenwärder 3 M.; gesammelt durch Lehrer O. Metze in Friedrichshöhe 12,30 M.; fernerer Ertrag einer Sammlung durch den Vorstand des deutschen Vereins „Concordia“ in Kopenhagen 50 M.; eine Deutsche in Maidenhead bei Windsor 5,10 M.; die Herrmann-Loge Nr. 133 des Ordens der Odd Fellows in Boston 460 M.; Ertrag einer Theatervorstellung des South Bend Männerchors in South Bend, Ind., 575 M.; Sammlung des Boylston Schulvereins in Boston, Mass., 1000 M.; Sammlung im deutschen Verein „Liedertafel von 1867“ in Kopenhagen 360 M.; der deutsche Hülfsverein in Oshkosh, Wis., 1389 M.; Sammlung in Ogden, Utah, 1350 M., Sammlung der Gesellschaft „Teutonia“ in San Francisco, Cal., 562,50 M.; Sammlung im „Thalia-Verein“ in San Francisco, Cal., 1041,75 M. (Summa der 1. und 2. Quittung 10.585 Mark 59 Pfennig.)
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_216.jpg&oldid=- (Version vom 25.12.2023)