Verschiedene: Die Gartenlaube (1883) | |
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Decke der Hintergallerie befestigter großer Fächer, Punka genannt, den ein malayischer Diener mittelst eines langen Seiles fortwährend hin- und herzieht. Die Punka besteht aus mehreren, etwa meterbreiten, in zahlreiche Querfalten zusammengelegten und an einer langen schmalen Holzleiste befestigten Streifen von Shirting oder weißer Leinwand, Durch das Hin- und Herbewegen dieses Fächers wird ein angenehmer kühler Luftzug erzeugt, und werden auch die lästigen Mücken auf diese Weise am leichtesten verscheucht.
Da es in Batavia außer den Clubs keine für Europäer bestimmten Vergnügungslocale oder Wirthshäuser giebt, so ist man dort mehr auf den Familienverkehr angewiesen; derselbe wird denn auch in einer Weise gepflegt, daß jeder Europäer gern die Gelegenheit ergreift, diese Annehmlichkeiten im Leben Batavias mitzugenießen. Ganz besonders leben die Deutschen in Batavia sehr gesellig, und einige Familien veranstalten regelmäßige Empfangsabende, an welchen alle im Hause eingeführten deutschen Landsleute als Gäste willkommen sind. In der Regel trifft man in diesen Gesellschaften auch Vertreter anderer Nationen, und gerade dieses Gemisch der verschiedensten Nationalitäten verleiht dem Verkehr in solchen Gesellschaften einen ganz besonderen Reiz, der durch musikalische Vorträge wesentlich erhöht zu werden pflegt.
Ueberhaupt wird die Musik in Batavia eifrig gepflegt, und man hat, wenn auch nur selten, Gelegenheit, in Concerten die Vorträge tüchtiger Künstler zu hören und den Aufführungen größerer Chor- und Orchesterwerke beizuwohnen. Diese letzteren werden von einer 40 Mann starken Militärkapelle, der sogenannten Stabsmusik, vorgetragen, die bisher unter der Leitung eines kürzlich verstorbenen deutschen Capellmeisters stand.
Alle Kunstgenüsse sind in Batavia freilich sehr theuer; für ein Abonnementconcert im Opernhause werden 12 Gulden (etwa 20 Mark) und für eine Opernvorstellung, welche indessen nur dann stattfinden kann, wenn eine reisende Operngesellschaft die Stadt berührt, 5 Gulden (8,50 Mark) Eintrittsgeld bezahlt. Diesen hohen Eintrittspreisen entspricht auch das Honorar der Künstler.
Neben der heiteren Kunst finden aber auch die ernsten Wissenschaften dort eine eifrige Pflege, und wir können es den Holländern zum Ruhme nachsagen, daß sie sich die Erforschung ihrer schönen Colonien sehr angelegen sein lassen. Batavia ist der Sitz mehrerer gelehrten Gesellschaften, die alle auf die Colonien bezüglichen Untersuchungen in besonderen Zeitschriften veröffentlichen. Es verdient ausdrücklich hervorgehoben zu werden, daß viele von den in holländischer Sprache geschriebenen Aufsätzen deutsche, in holländischen Diensten stehende Gelehrte zu Verfassern haben. Ich erinnere nur an die Namen Junghuhn, Reinwardt, Salomon Müller, Haßkarl, Friederich, Mayer und Andere, wie wir denn auch mit Stolz sagen können, daß viele Deutsche im holländisch-ostindischen Dienst in den verschiedensten Zweigen der Verwaltung und des Militärdienstes sehr geachtete Stellungen einnehmen, und es kühn aussprechen dürfen, daß die Deutschen sich den Holländern im indischen Archipel geradezu unentbehrlich gemacht haben.
Auch im Geschäftsleben in Batavia spielen die Deutschen eine hervorragende Rolle, und viele der dortigen großen Export- und Importgeschäfte sind in den Händen deutscher Kaufleute. Wer einmal, wenn er auch nicht Kaufmann ist, einen Einblick in den Geschäftsgang eines der großen deutschen Häuser Batavias gethan hat, muß den Leitern dieser Geschäfte seine Anerkennung zollen. Es ist zu hoffen, daß dank diesen Anstrengungen die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Niederländisch-Indien sich günstiger entwickeln und dem deutschen Namen in Batavia mehr und mehr zu Ehren gereichen werden.
Die vierte deutsche Verbandskochkunst-Ausstellung zu Leipzig.
Der Krystallpalast im Alten Schützenhause der Messen- und Musenstadt Leipzig hat in den ersten Tagen des Monats Februar eine eigenartige Anziehungskraft auf alle Diejenigen ausgeübt, denen die Erzeugnisse der edlen Kochkunst nicht gleichgültig sind. Fast schien es, als ob die Tausende von Eisenstäben, aus welchen der schlanke Bau aufgerichtet ist, in Magnete verwandelt worden wären, in Magnete, die nicht das todte Eisen, sondern das leichtbewegliche Volk anzuziehen vermögen; denn zu allen Tageszeiten pilgerten dichte Menschenmassen durch die Wintergartenstraße in die Räume des Krystallpalastes, und in vier Tagen betrug die Zahl der Besucher mehr als 50,000.
Was dieses von dem energischen Unternehmer, Herrn Berthold, gegründete und erst vor Jahrefrist eröffnete Etablissement für Leipzig bedeutet, das hat diese Gelegenheit gelehrt: die Stadt besitzt in dem Krystallpalaste nicht nur einen für Vergnügungen sehr geeigneten Raum, sondern auch ein für Ausstellungen verschiedenster Art passendes Gebäude. Die gemüthlichen Bürger der Pleißestadt blicken mit einem gewissen Stolz auf diese neue Schöpfung, die, von dem Schützenhausgarten aus gesehen, in der That einen äußerst gefälligen Anblick bietet. (Vergl. das Initial!)
In den hellen Räumen des Krystallpalastes also fand, wie gesagt, vom 1. bis 5. Februar die vierte deutsche Verbandskochkunst-Ausstellung statt, welche ihre drei Vorgängerinnen in ungeahnter Weise übertraf und für die betreffenden Fachkreise von weittragender Bedeutung wurde. Darum zögern wir auch nicht, ihr an dieser Stelle einen ehrenden Nachruf zu widmen und einen Abstrahl ihres kurzdauernden Glanzes unseren Lesern in Bild und Wort vor Augen zu führen.
Ein Gang durch die mit Erzeugnissen der Kochkunst überfüllten Ausstellungsräume ist indessen nicht so leicht ausgeführt,
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_146.jpg&oldid=- (Version vom 21.12.2023)