Verschiedene: Die Gartenlaube (1883) | |
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Deutschlands merkwürdige Bäume: 1) Die Königstanne im sächsischen Erzgebirge. Wenn andere Gebirge, wie hauptsächlich der Böhmerwald, sich durch besonders starke Laubbäume auszeichnen, so sind es im Erzgebirge namentlich himmelanstrebende, mächtige Tannen, welche den Berglandschaften neben den vielfachsten anmuthigen Reizen eine überwältigende Romantik verleihen und auf Auge wie Gemüth ergötzend wirken.
Eine solche Tanne, wirklich eine „Königin“ unter ihren vielen gigantischen Schwestern, ist die „Königstanne“, der Stolz des gesammten deutschen Forstwesens. Dieselbe hat ihren Standpunkt in nächster Nähe des durch seine Holzspielwaarenindustrie in neuerer Zeit wohlbekannten Marktfleckens Olbernhau, inmitten des Erzgebirges. Der Weg von letztgenanntem Orte zur „Königstanne“, welcher bergauf durch einen prächtigen Hohlgang langgestreckter, ungefähr siebenzigjähriger Buchen führt, läßt den Wanderer die Nähe dieses Baumes wenig vermuthen, und um so überraschender ist der Eindruck, wenn man plötzlich zu Füßen des Waldriesen aus seinen träumerischen Vorstellungen und Erwartungen gerissen wird. Die „Königstanne“ steht an und für sich ziemlich isolirt; denn einige wenige Zwergfichten ausgenommen, findet man ringsum nur den eben beschriebenen Buchenbestand, und es tritt somit die Größe der Tanne um so auffallender hervor. Ihr Durchmesser beträgt, 1,4 Meter über dem Erdboden gemessen, 2,07 Meter, sodaß sich ein Pferd, beziehungsweise Reiter, hinter dem Stamme querüber bequem verbergen kann. Der Kronansatz beginnt bei 10,4 der Schaftlänge, und die ganze Scheitelhöhe der Tanne mißt 47 Meter. Es dürfte dieselbe somit als die umfangreichste und höchste ihrer Art in ganz Deutschland, ja vielleicht in Europa zu betrachten sein.
Leider geht nun dieser edle Baum, dessen Alter auf beiläufig 500 Jahre geschätzt wird, seinem Untergange entgegen, indem er seit 1874 bereits oben ausgetrocknet ist, an der für alte Tannen charakteristischen Krone abzusterben beginnt und deshalb auch diese „Königin“ unter den Bäumen bald das Schicksal einer Stuart theilen und dem Beile zum Opfer fallen wird.
Man kann sich einen weiteren Begriff von den Größeverhältnissen des Baumes machen, wenn man den Holzwerth desselben berechnet. Der Schaftinhalt wird auf 57,41 Festmeter, der Reisiggehalt auf 14,36 Festmeter taxirt, was in Summa 71,77 Festmeter macht. Rechnet man nun den Festmeter zu 12 Mark, so ergiebt sich als Resultat ein Gesammtwerth von rund 860 Mark, eine Summe, welche als Erträgniß eines einzigen Baumes gewiß beträchtlich und wohl der Mühe werth ist, Axt und Säge anzulegen.
Wünschen wir jedoch, daß uns dieser König unter den Nadelholzbäumen unseres waldreichen deutschen Vaterlandes wenigstens noch für einige Jahre erhalten bleibe und dem Erzgebirge wie bisher zur Zierde gereiche, wenn auch die neuen Generationen diesen Schmuck der Natur werden entbehren müssen; auch Könige müssen sterben, gleichviel, ob Könige unter den Menschen oder Könige unter den Bäumen.
Fritz Stich.
Zur Gründung eines Curhauses für deutsche Lehrer und Lehrerinnen in Karlsbad. Es ist eine bekannte Thatsache, daß neben Krankheiten des Kehlkopfs und der Lunge besonders Magen- und Unterleibsleiden den Lehrerstand heimsuchen und plagen, Leiden, die in Folge des Mangels an körperlicher Bewegung und der mit vielem Aerger und Verdruß verbundenen Berufsthätigkeit der Lehrer zu entstehen pflegen. Gerade darum ist der weltberühmte Bade-Ort Karlsbad in Böhmen für die Lehrerwelt ein wahrer Zufluchtsort geworden, und es wurde statistisch festgestellt, daß mehr als 400 deutsche Lehrer und Lehrerinnen jährlich Karlsbad besuchen. Leider ist aber die Karlsbader Cur mit so großen Kosten verbunden, daß viele kranke Lehrer auf ihren Gebrauch verzichten müssen. Um nun diesem Uebelstande abzuhelfen, hat sich soeben ein provisorisches Comité gebildet, welches sich die schöne Aufgabe gestellt hat, in Karlsbad ein Curhaus für die Lehrer und Lehrerinnen der deutschen Nation zu gründen. In einem Aufrufe, welchen dieses Comité soeben erlassen hat, finden wir folgende sehr treffende Begründung der Nothwendigkeit dieser geplanten Stiftung:
„Was die Karlsbader Cur so kostspielig macht, sind weniger die Reisekosten, welche erst mit der Entfernung beträchtlicher werden, noch weniger die Cur- und Musiktaxen, da diese meist von der löblichen Badeverwaltung den Lehrern in humaner Weise bisher erlassen wurden, vielmehr sind es die Unterhaltungskosten für Wohnung und Beköstigung, die bei zunehmender Frequenz sich erheblich steigern. Für Reiche und Wohlhabende ist die vier- bis sechswöchentliche Cur mit keiner besonderen Schwierigkeit verbunden, wohl aber für den meist dürftig besoldeten Lehrer, dem es ohne ausreichende Unterstützung geradezu unmöglich wird, 150 bis 200 Gulden (300 bis 400 Mark) an Reise-, Cur- und Unterhaltungskosten ein- oder mehrmalig in Folge aufzuwenden, in Folge dessen der bekümmerte kranke Gatte und Familienvater sich seinem bangen Schicksale überlassen müßte, wenn es nicht ein billigeres Auskunftmittel gäbe: die solidarische Selbsthülfe.
Wir haben in Karlsbad einige stattliche Gebäude wie: das Militär-Curhaus für Militärs, das Fremdenhospital für unbemittelte Personen, das jüdische Hospital für unbemittelte Glaubensgenossen, Anstalten, welche ihren Pflegebefohlenen freie Cur, Wohnung, billigen oder freien Unterhalt gewähren. Unwillkürlich drängte sich uns die Frage auf, warum für den Lehrer keine solche Anstalt existirt? Was dem Edelmuth anderer energischer Männer gelungen ist, wird sicher auch mit Gottes Beistande für die deutsche Lehrerschaft durch die solidarische Selbsthülfe zu erreichen sein. Nehmen wir an, daß von der gesammten Lehrerschaft deutscher Nation in allen Landen nur der vierte Theil mit einem jährlichen Betrage von 1 Gulden resp. 2 Mark, oder einem einmaligen Betrage von 5 Gulden resp. 10 Mark unser Unternehmen unterstützen würde, so hätten wir in kurzer Zeit die nöthigen Mittel, um ein Grundstück erwerben und bald darauf ein entsprechendes Curhaus erbauen zu können, das nach anzustellenden statistischen Berechnungen je nach der Theilnehmerschaft Raum genug böte, in geregelter Weise die Kranken aufzunehmen und in entsprechender Art zu verpflegen. Außer den jährlichen Beiträgen dürfte noch der Sammelfonds vermehrt werden durch Beiträge aus Wohlthätigkeitsconcerten, theatralischen Aufführungen, Vorträgen, welche zu diesem Zwecke von geeigneten Mitgliedern in’s Werk gesetzt würden, sowie durch Vermächtnisse und Schenkungen von Lehrern und Lehrerfreunden.“
Die Eintracht baut ein Haus! Möchte doch die deutsche Lehrerwelt dieses Spruches gedenken und an dem edlen Werke sich möglichst zahlreich betheiligen! Etwaige Vorschläge zur schnelleren Erreichung des Zweckes wird das genannte Comité bereitwilligst entgegennehmen, und wir bitten unsere Leser alle darauf Bezug nehmende Zuschriften an die Adresse: Herrn Leonard Schier, „Vereinshaus zur Cur für Lehrer und Lehrerinnen in Karlsbad“ richten zu wollen.
Kleiner Briefkasten.
B. G. in Boston. Die internationale elektrische Ausstellung in Wien wird programmmäßig am 1. August 1883 eröffnet und am 31. October 1883 geschlossen werden. Die Anmeldungen der auszustellenden Gegenstände, welche möglichst genau nach dem fest bestimmten Formulare auszufertigen sind, müssen spätestens bis zum 1. März 1883 an das Directions-Comité der internationalen elektrischen Ausstellung, Wien, Wallfischgasse 9a eingesandt werden.
Eine Abonnentin in Wien. Taschentücher wurden erst in der zweiten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts in Deutschland eingeführt, und Italien war das Land, aus welchem die Frauen jener Zeit diesen Artikel bezogen. Es gab viel Leute, die gegen diesen neuen „Luxus“ predigten: denn die Taschentücher waren damals sehr kostbar, aus feinster Leinwand oder aus Kammertuch gefertigt und mit Stickereien, theuren Spitzen, feinen Quasten, ja sogar mit Gold und Perlen geziert.
K. Z. in Stargard. Warum verschweigen Sie uns Ihren Namen? Anonyme Anfragen finden grundsätzlich keine Berücksichtigung.
L. in Klein-Hammer. Schwindel!
D. L. in Ostpreußen und A. L. in Straßburg. Gedichte, welche zum Abdruck nicht geeignet sind, werden nicht zurückgeschickt, sondern einfach vernichtet.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_072.jpg&oldid=- (Version vom 17.12.2023)