Verschiedene: Die Gartenlaube (1882) | |
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in den Stamm- und Brutlisten nur nach der Nummer aufgeführt, und trägt jede Taube ihre Nummer mehrfach auf die Schwungfedern gedruckt, was alle Jahre zur Mauserzeit wiederholt, auch öfters revidirt werden muß. Tauben, welche an ein und demselben Orte stationirt, aber auf verschiedene Richtungen abgerichtet sind, tragen diese Nummer auch in verschiedener Farbe. Geht eine Taube verloren, so wird an ihrer Stelle keine neue Taube mit derselben Nummer eingetragen, da sonst die Controlle aufhören würde.
Um die Militärbrieftauben als solche weiter zu kennzeichnen, druckt man auf ihre Federn neben der Nummer noch den Stempel M. B. S. (Militärbrieftauben-Station) und die Route, für die sie abgerichtet und eingeflogen sind, z. B. für Hamm nach Köln, für Mainz nach Metz etc. (Vergl. unsere Abbildung S. 717.) Junge Tauben dagegen werden zuerst mit den Nummerstempeln ihrer Eltern, und erst nachdem sie mehrfach von Uebungsflügen zurückgekehrt sind, auch ihr Geschlecht sicher festgestellt ist, mit der laufenden Nummer versehen.
Zur Vermeidung aller Zweifel trägt auch jeder Nestbehälter, von welchen für jedes einzelne Paar Tauben je einer auf den Heimathsstationsschlägen vorhanden ist, auf einer Tafel dieselben Nummern, wie die darin nistenden Tauben. Diese Nestbehälter, welche in zwei bis drei Reihen über einander an den Seiten des Taubenbodens entlang laufen, sind derartig eingerichtet, daß sie unter einander völlig getrennt liegen, auch durch eine Gitterthür verschlossen werden können.
In diesen Räumen, welche auch dazu benutzt werden, Tauben zum Paaren abzusperren, stehen zwei Nestgefäße von gebranntem Thon, da die Tauben sich gewöhnlich schon zu einer wiederholten Brut anschicken, ehe die Jungen das Nest verlassen haben. (Vergl. die obenstehende Abbildung.)
Damit die Thierchen auch außerhalb der Nestbehälter sitzen können, sind im Schlage Sitzstangen angebracht, welche jedoch mindestens zwanzig Centimeter von den Wänden abstehen müssen, da die Tauben sonst sich die Federn an denselben scheuern würden. Auch diese Sitzstangen sind durch aufrechtstehende Brettchen gleichsam in Abschläge getheilt, um zu verhüten, daß sich die Tauben unter einander beißen und raufen, wodurch sie sich leicht beschädigen und in ihrem Flugvermögen beeinträchtigen könnten. (Vergl. die obenstehende Abbildung.)
Aus demselben Grunde ist auch der ganze Taubenschlag durch Gitter mit Gitterthüren, welche nur Durchlauföffnungen mit Schiebern zur Verbindung und beliebigen Absperrung der einzelnen Abtheilungen besitzen, in einzelne Abschnitte getheilt. Dank dieser Einrichtung können die Tauben weder den ganzen Schlag durchfliegen, noch sich in demselben herumjagen, durch welches Gebahren ebenfalls leicht Flügelbeschädigungen eintreten.
Auch für gehöriges Licht und ausgiebige Ventilation muß in den Taubenschlägen gesorgt sein. Die Fensteröffnungen sind jedoch außer durch Scheiben auch noch durch Drahtgitter zu schließen, damit unter allen Umständen genügende Sicherheit gegen Raubthiere, Marder, Iltis etc. vorhanden ist.
Zum Einfliegen der Tauben sind an den Heimathsstationen Kasten angebracht, welche nach Belieben geöffnet und geschlossen werden können, jedoch noch eine besondere Einrichtung haben, welche zuläßt, daß die Tauben nur in den Schlag herein, aber nicht wieder heraus können. Letztere Einrichtung ist noch mit einem Controllapparat und einer elektrischen Signalglocke verbunden, wodurch ermöglicht wird, daß eine Taube, sobald sie von der Reise zurückkehrt und den Schlag betritt, sich gewissermaßen selbst ankündigt und einen Wärter herbeiruft, der andernfalls fortdauernd auf dem Taubenboden anwesend sein müßte, um den Vögeln die Depesche abzunehmen.
Die Außenstationen, das heißt diejenigen Taubenschläge, auf welchen Tauben aufbewahrt werden, die, gelegentlich in Freiheit gesetzt, zu ihrer Heimathsstation zurückfliegen sollen, unterscheiden sich von Letzteren dadurch, daß sich in denselben keine Nestbehälter, sondern nur Sitzstangen befinden. Auch werden die Tauben hier nach Geschlechtern getrennt eingesperrt, damit sie nicht etwa durch Eiererzeugung für eine Reise unbrauchbar werden. Ebenso sind in diesen Taubenschlägen auch keine Ausflugkasten vorhanden, die Fenster derartig angebracht, daß die Tauben nicht hinaussehen können, da sie sich andernfalls die Umgegend einprägen würden, was sie vielleicht veranlassen könnte, später nicht die Reise in die Heimath anzutreten, sondern auf der Außenstation zu verbleiben.
Die Sorge um die junge Taube beginnt, sozusagen, schon mit dem Lege des ersten Eies. Dieses legt die Täubin etwa am elften Tage nach der Paarung in das Thonnest, welches zuvor nur mit wenigen Strohhalmen oder Reisern ausstaffirt worden ist. Das zweite Ei folgt zwei Tage später, und die ganze Brutzeit, während welcher der Taubert die Gattin täglich von zehn Uhr Vormittags bis vier Uhr Nachmittags ablöst, dauert circa achtzehn Tage. Die Jungen sind anfangs blind und nur mit Flaum bedeckt, und erst nach sechs bis sieben Tagen sehen sie; dann beginnen ihnen auch die Federn zu wachsen, und im Alter von fünf bis sechs Wochen sind sie flügge und verlassen das Nest. Zur Erzielung eines kräftigen Nachwuchses aber wird das schwächere Junge, sobald sich der Kraftzustand beider constatiren läßt, getödtet.
Die Tauben mausern, wie schon erwähnt, alle Jahre einmal und sind während dieser Zeit nicht recht reisefähig. Junge Thierchen – bereits im Alter von zwei Monaten – wechseln die Federn; mit dem vierten bis fünften Monat ist jedoch die Mauserung völlig beendet, und können von dieser Zeit ab Flugübungen mit den neuen Recruten vorgenommen werden. Dies geschieht aber nur mit denjenigen Tauben der ersten Brut, welche im zeitigen Frühjahr ausgekommen, und später erbrutete Thiere warten mit ihren Exercitien bis zum nächsten Jahr. Im ersten Jahr der Dressur werden die Tauben nur auf 40 bis 60 Kilometer Entfernung, im darauf folgenden bis zu 100 Kilometer von der Heimathsstation aufgelassen. Aeltere Tauben werden dagegen auf Reisen bis zur doppelten Entfernung erprobt. Nach jeder einzelnen Reise müssen sie jedoch wieder einige Tage in dem Heimathsschlag belassen werden, um in ihnen den Heimathssinn rege zu erhalten.
Wenn indessen letzterer sowie ihre große Gattenliebe sie auch nach dem alten gewohnten Schlag zurücktreibt, so können sie denselben doch nur dann wiederfinden, wenn sie auf die einzuschlagende Richtung dressirt worden sind. Die Fähigkeit der Tauben, ihre Heimath stets wieder zu finden, dürfte namentlich auf der Einprägung der Himmelsrichtung beruhen, wenn auch sicherlich das Wiedererkennen – selbst aus größerer Entfernung – einer einmal durchflogenen Gegend bei der Rechnung nicht außer Acht gelassen werden darf.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 716. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_716.jpg&oldid=- (Version vom 2.8.2023)