Verschiedene: Die Gartenlaube (1882) | |
|
Persien und Indien Rebhühner, Wachteln, Schnepfen und Tauben gejagt, und außerdem wird mit ihnen im Hochsommer noch ein besonderer Sport getrieben. Wenn nämlich in Persien die Witterung für anstrengende Jagd zu heiß ist, so ist es eines der beliebtesten Sommervergnügen, Sperlinge mit Sperbern zu jagen. Der Sperber fehlt selten seine Beute und schlägt fünfzehn bis zwanzig Sperlinge in einer Stunde. Er verfolgt die Spatzen dabei mit solchem Eifer, daß er selbst in Mauerlöcher eindringt und in denselben oft zu Grunde geht.
Da gegenwärtig bei uns der Vertilgungskrieg gegen den Sperling eröffnet wurde und auch das Interesse für den Sport aller Art in rapidem Wachsen begriffen ist, so wäre vielleicht die Einführung solcher Sperlingsjagden vielen Sportlustigen willkommen. Dann würde unter Umständen auch der Sperber ein sehr gesuchter Vogel werden.
Der Leipziger Buchhandel vor 1848. Einer der interessantesten Abschnitte in der Geschichte des Leipziger Buchhandels ist ohne Frage der Zeitraum von 1830 bis zum Bewegungsjahre 1848. Jene Zeitperiode hat ihm ein ganz eigenartiges Gepräge aufgedrückt. Nachdem durch die endgültige Besiegung Napoleon’s des Ersten das Regierungssystem des Fürsten Metternich in Deutschland und Oesterreich, ja fast in ganz Europa wieder zur absoluten Alleinherrschaft gelangt, war in den dreißiger und vierziger Jahren der Leipziger Buchhandel der hervorragendste Vermittler, durch den die größten Geister der deutschen Nation zu dieser sprachen und für die in den langen Kriegsjahren dargebrachten Opfer von den deutschen Regierungen das Einschlagen einer liberalen Richtung und gleichzeitig die Gewährung einer Verfassung verlangten. In diesen Kämpfen hat der Leipziger Buchhandel als Dolmetsch des aufgeklärten, liberalen Deutschlands sich unleugbare Verdienste erworben.
Dabei ist es eigenthümlich, daß jene Bewegung und die massenhaft von gewissen Regierungen erlassenen Bücher- und Zeitschriftenverbote die materielle Lage des Leipziger Buchhandels durchaus nicht schädigten, sondern vielmehr für viele Firmen die directe Veranlassung zu einem raschen, gedeihlichen Aufschwunge wurden. Was speciell die Bücher- und Zeitschriftenverbote betrifft, so befand diesen gegenüber der damalige Leipziger Buchhandel sich im vollen Kriegszustande, der also naturgemäß für viele Verlagsbuchhandlungen eine ganze Reihe Kriegslisten im Gefolge hatte. Diese galten vor allem für den Verkehr mit dem damals gegen jeden freiheitlichen Hauch noch hermetisch verschlossenen Oesterreich. Ueberhaupt war in jener Zeit dem Fürsten Metternich und seinen Regierungsleuten ganz Leipzig eine Stadt des ketzerischen und politisch-demagogischen Gräuels; denn hier hatte sich an der Seite der für die religiöse und politische Befreiung Deutschlands thätigen Verlagsbuchhandlungen eine Reihe Schriftsteller und Publicisten niedergelassen, deren Namen kaum in Oesterreich genannt werden durften, geschweige denn ihre Werke und Schriften.
Von jenen Männern, die damals in Leipzig wirkten, nennen wir hier nur die Führer der deutsch-katholischen Bewegung Ronge und Czerski, die Schriftsteller E. M. Oettinger, Redacteur des „Charivari“, Herloßsohn, Redacteur des „Komet“, und Kuranda, Redacteur der „Grenzboten“. Wiewohl alle diese Namen und noch manche andere in Oesterreich überaus übel angeschrieben waren, so warf man dort noch einen ganz besonderen Haß auf E. M. Oettinger. Dieser trieb es nämlich in seinem „Charivari“ allzu boshaft. In jeder Nummer desselben war beispielsweise jahrelang unter den Notizen, die den Gesammttitel „Zapfenstreich“ führten, eine Wiener „Neuigkeit“ folgenden Inhalts zu lesen: „Graf Sedlnitzky ist noch immer Präsident der hiesigen Polizei- und Censur-Hofstelle.“ Diese Notiz allein wäre unter den damaligen Verhältnissen hinreichend gewesen, Oettinger, falls er österreichischen Boden betreten hätte, nach dem gefürchteten Spielberg zu liefern.
Aber wären auch sämmtliche in Leipzig erscheinende, der frei-religiösen und politisch-liberalen Richtung huldigende Bücher und Zeitschriften, unter welchen letzteren wir hier beiläufig nur Ernst Keil’s unerschrocken kämpfenden „Leuchtthurm“ nennen, in Oesterreich verboten gewesen, sie hätten dort dennoch reißenden Absatz gefunden. Wir haben vorher von einer Reihe von Kriegslisten gesprochen, deren sich die Leipziger Verlagshandlungen bedient, um ihren in Oesterreich verbotenen Werken und Schriften Eingang zu verschaffen. Selbstverständlich bezogen sich jene Kriegslisten vor Allem auf die Art, wie die Bücherballen mit ihrem verbotenen Inhalte versendet, beziehungsweise über die österreichische Grenze gebracht wurden.
Da gab es gar mancherlei erfindungsreiche und nicht selten auch lustige Auskunftsmittel. Galt es z. B. ein verbotenes Buch in vielen Exemplaren nach Oesterreich zu bringen, so versah man jenes häufig mit einem anderen Umschlage und Titelblatt, worauf nicht eine Leipziger Buchhandlung, sondern eine befreundete, zuverlässige Firma in Baiern, Westfalen oder in den Rheinlanden als Verleger angegeben war, gegen welche Länder man, weil sie katholisch, in Oesterreich weniger Mißtrauen hegte, als gegen das „ketzerisch-demagogische“ Leipzig. So führte oftmals ein in Oesterreich streng verbotenes Buch auf seiner Reise dahin die salbungsvollsten Titel: „Stunden der Andacht für katholische Christen“, „Ausgewählte inbrünstige Gebete zur heiligen Jungfrau Maria“ und ähnliches mehr. Zur größeren Sicherheit entsprach auch noch der Inhalt der ersten Seiten des betreffenden Buches dem frommen Titel, wodurch die österreichischen Censoren, die unmöglich alle aus Deutschland[WS 1] angelangten Bücher vom Anfange bis zu Ende zu lesen vermochten, jahrelang getäuscht wurden.
Ueberdies war noch an der sächsisch-böhmischen Grenze eine geheime Buchhändlerpost organisirt, welche ganz geschäftsmäßig die Versendung von verbotenen Büchern und Zeitschriften nach Oesterreich besorgte. Nur in seltenen Fällen ward seitens der österreichischen Censur eine oder die andere dieser Kriegslisten entdeckt, was aber für den geheimen Bücherexport niemals von lange störenden Folgen begleitet war.
Zu der eben beschriebenen Versendungsweise mußte auch wieder während der Reactionsperiode zurückgegriffen werden, die in Oesterreich, nach der Märzbewegung, im October 1848 eingetreten war. Zu den damals in Oesterreich und Ungarn ganz besonders verfolgten, aber dennoch überaus verbreiteten Zeitschriften zählte in erster Linie Ernst Keil’s „Leuchtthurm“, der bekanntlich ein Vorläufer der „Gartenlaube“ war. Da der „Leuchtthurm“ den österreichisch-ungarischen Zuständen und Vorgängen eine eigene, von zahlreichen, tüchtigen Mitarbeitern unterstützte Rubrik gewidmet hatte, so war das, wir möchten sagen, öffentlich-geheime Interesse an jener Zeitschrift in fortwährender Zunahme begriffen. Der „Leuchtthurm“ ward nicht allein in vielen tausend Familien gelesen, sondern war auch, trotz des Verbotes, in jedem besseren Café Wiens, Pests und der größeren Provinzstädte zu finden. Freilich lag das Blatt nicht öffentlich auf dem Zeitungstische aus, aber ein Wink eines bekannten Gastes an den Oberkellner des betreffenden Cafés genügte, um von jenem, gegen ein gern gewährten Trinkgeld, den „Leuchtthurm“ zu erhalten, der alsdann in einer einsamen Saalecke, hinter irgend einem „gutgesinnten“ Reactionsorgane verborgen, aufmerksam gelesen ward. Mit einem Worte: je strenger ein Zeitschriften- oder Bücherverbot in Oesterreich lautete, desto größer war dahin der Absatz der betreffenden Schrift. Wenn man noch erwägt, daß in Oesterreich für ein verbotenes Buch oder eine verbotene Zeitschrift in der Regel das Dreifache, ja Vierfache des in Leipzig oder Deutschland geltenden Preises bezahlt wurde, so darf man wohl zu dem Schlusse gelangen, daß gerade durch solche Bücherverbote viele Leipziger Verleger glänzende Geschäfte machten. – Jene Zeit bildet also einen überaus interessanten culturhistorischen Abschnitt des Leipziger Buchhandels.
H. W. in Leipzig. Sie beschweren sich über die nach Ihrer Meinung falschen Daten in dem Artikel über Gustav Adolf von Professor Herman Semmig. Lassen Sie sich belehren! Bei der Kalenderverbesserung durch Papst Gregor den Dreizehnten (vergleiche „Blätter und Blüthen“ von Nr. 39) wurden vom 4. October 1582 an zehn Tage herausgeworfen, so daß man nach dem 4. sogleich den 15. October zählte. Nach diesem verbesserten Gregorianischen Kalender fällt die Zerstörung Magdeburgs auf den 20. Mai, die Schlacht bei Breitenfeld auf den 17. September und der Tod Gustav Adolf’s auf den 16. November. Die Protestanten behielten den Julianischen Kalender bis 1700 bei; daher schreiben sich die Daten 10. Mai, 7. September und 6. November, die auch Schiller beibehalten hat. In neuerer Zeit hat man aber die Daten des verbesserten Gregorianischen Kalenders auch auf diese Ereignisse übertragen. Unter Anderen schreiben David Müller, † Professor in Karlsruhe („Geschichte des deutschen Volkes“) und Anton Gindely, Professor an der Universität Prag („Geschichte den Dreißigjähriges Krieges. Leipzig. G. Freytag. 1882“): 20. Mai, 17. September und 16. November. Der Verfasser war also mit seinen Daten in vollem Rechte und Ihre unhöfliche Kritik – sehr übereilt.
Alte Abonnentin in Bremen. Ein Portrait Karl von Holtei’s finden Sie in den Jahrgängen 1860, Seite 36. und 1873, Seite 48.
D. V. in Odessa. Allerdings! Dem Vernehmen nach wird in San Francisco ein Garfield-Monument errichtet werden, dessen Sockel eine sitzende, sich auf ein Schwert stützende Frauenfigur aus Bronze bilden wird – eine Symbolisirung des trauernden Amerika. Die Seiten des Piedestals werden Adler zieren, von denen einer die Sinnbilder des Krieges und des Handels, der zweite das Banner und den Schild des Landes bewacht. Die Bronzestatue selbst wird eine Höhe von zehn Fuß haben, der Sockel aber die Inschrift: „James A. Garfield. Mortuus pro Republica“ tragen.
Ein langjähriger Leser in Minden. Näheren Aufschluß finden Sie im „Jagd-Lexicon“ von O. von Riesenthal (Leipzig, Bibliographisches Institut, 1882).
A. T. in Landau und N. N. in E. Schwindel!
A. E. in München. Ueber Respiratoren und Athmungsapparate zum Schutze gegen Staub, schädliche Luft etc. hat die „Gartenlaube“ belehrende Artikel geliefert: Jahrgang 1855, Seite 109, 1860 Seite 774, 1868 Seite 39 und 1878 Seite 20.
B. D. in Wien. Da Sie ein „Wiener Kind“ sind, so hat es Ihnen sehr nahe gelegen, den Ursprung des Wortes „Gassenhauer“ selbst zu errathen. In Ihrer schönen Vaterstadt existirt ja heute noch das Kraftwort „aufhauen“, welches „tanzen“ bedeutet. Ursprünglich nannte man einen Tanz auf der Gasse mit dreitheiligem Tacte einen „Gassenhauer“. Nach diesem Tanze wurde das auf der Gasse gesungene Lied benannt, eine Bezeichnung, die anfangs nichts Unziemliches bedeutete; erst als das Wort „Volkslied“ aufgekommen, sank der „Gassenhauer“ zu seiner heutigen Bedeutung herab.
Z. Z. in Düsseldorf. Da bei den elektrischen Glühlichtlampen von Feuersgefahr keine Rede sein kann, so darf man zur Herstellung von Lichtträgern für diese Lampen getrost brennbare Stoffe, wie z. B. Holz, verwenden. In der gegenwärtig zu München eröffneten internationalen elektrischen Ausstellung findet man bereits derartige in alterthümlichem Stil aus Holz angefertigte Kronleuchter. Ueberhaupt bietet die Anwendung des elektrischen Lichtes dem Kunstgewerbe ungleich mehr Gelegenheit, etwas Formvollendetes zu leisten, als dies bei anderen Beleuchtungsarten je möglich gewesen. Die Münchener Ausstellung wird in dieser Hinsicht gewiß Resultate von weittragender Bedeutung erzielen.
W. D. in Washington. E. Werner hat, wie bereits mitgetheilt, eine Erzählung: „Gebannt und erlöst“ für die „Gartenlaube“ unter der Feder.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Deutschand
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 672. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_672.jpg&oldid=- (Version vom 18.7.2023)