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Seite:Die Gartenlaube (1881) 216.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

stickt, doch vollkommen kenntlich, ja dem Anscheine nach fast unversehrt. Zu ihren Füßen lag, halb verkohlt, das Gebetbuch des alten Himmelbauers.

Einer der Knechte meinte, die Feuerliesl lebe noch. – Sie lebte nicht mehr. – Als die Weiber sie zu entkleiden begannen, um ihr das Sterbehemd anzuziehen, fanden sie ein Blatt in ihrem Mieder stecken. Auf dem Blatte stand, von einer fremden, im ganzen Dorfe unbekannten Hand geschrieben: „Der Teichbauer-Toni is mein und der Höller-Nannerl ihr Kind.“

Und darunter die Allen wohlbekannten, energisch verschnörkelten Züge: „Joseph Grundner, vulgo Himmelbauer.“




Das Hochzeitsgeschenk der preußischen Städte.

Geschildert von Franz Dunker.

Die Vermählung des Prinzen Wilhelm von Preußen mit der Prinzessin Victoria Augusta zu Schleswig-Holstein hat, selbst in einem mit monarchischen Traditionen so reich erfüllten Lande wie Preußen, eine ganz ungewöhnliche Theilnahme erregt.

Aus dem Hochzeitsgeschenk für das prinzliche Paar. Blumenträger. Entworfen von Baurath Heyden, modellirt von Wiese.

War es doch der jugendliche Enkel des greisen Kaisers, der Sohn des ritterlichen Kronprinzen und der künftige Erbe der deutschen Kaiserkrone, der sich vor den Augen des Landes eine Lebensgefährtin zugesellt. Nicht hohe Politik, sondern, wie allgemein versichert wird, aufrichtige Herzensneigung hatte, wie einst den Vater, so jetzt den Sohn die Braut erwählen lassen. Aber selbst die Erwägungen der Politik hätten dem Prinzen keine bessere Wahl dictiren können. Mit Recht hat man längst von dem Werthe der Familienverbindungen zwischen den Herrschern der Großstaaten Europas gering denken gelernt; denn keine dynastische Beziehung ist heutzutage noch stark genug, gegen die Lebensinteressen der großen Staaten und die Sympathieen oder Feindschaften der Völker ihr Gewicht in die Wagschale zu werfen.

Die Verbindung Napoleon’s des Ersten mit der Tochter des österreichischen Kaisers Franz konnte nicht hindern, daß der Schwiegervater des großen Corsen der europäischen Coalition beitrat, welche den gewaltigen Eroberer vom Gipfel seiner Weltmacht herabstieß und auf den einsamen Felsen St. Helenas Verbannte. Ebenso wenig haben die in unseren Zeiten geknüpften Familienbande zwischen den Dynastien Englands und Rußlands den oft schon auf der Schneide des Messers ruhenden Friedensfaden zwischen beiden Mächten sicher zu stellen vermocht; nur die wechselnde Politik der englischen Ministerien hat diesen stets drohenden Conflict der beiden in Asien sich immer näher rückenden Weltmächte bisher abgewandt. Selbst die nahen verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Bande, welche den Kaiser Wilhelm mit dem soeben der Mörderhand zum Opfer gefallenen Zaren verbanden, konnten uns nicht vor dem plötzlichen Schreckbilde eines deutsch-russischen Krieges bewahren; ängstlich betrachteten vor kaum Jahresfrist die Politiker des deutschen Reichstages die auf dem Tische des Hauses ausgebreitete Karte mit den Garnisonsplätzen der russischen Truppen längs der deutschen Grenze und ließen sich durch diese Betrachtung williger finden, in eine abermalige Vermehrung der deutschen Heeresmacht und in einen abermaligen längeren Verzicht auf die vollen Budgetrechte des Reichstages einzustimmen.

Bürgschaften weit stärkerer Art, wenn auch enger begrenzt, als sie die Verbindungen der großen regierenden Häuser Europas zu geben vermögen, knüpfen sich an die Heirath des Prinzen Wilhelm. Ist seine Erwählte doch die Tochter jenes Augusterburgers, den Deutschland einst als den Vertreter des selbstständigen und ungetheilten Schleswig-Holstein auf seinen Schild erhob, als er nach dem Tode König Friedrich’s des Siebenten von Dänemark in seiner Proclamation aus Gotha vom 16. November 1863 an die Schleswig-Holsteiner seine Erbansprüche auf die Herzogthümer mit den Worten geltend machte: „Mein Recht ist Eure Rettung.“ Das ganze deutsche Volk antwortete ihm mit dem erneuerten Ausrufe: „Los von Dänemark!“ Prinzessin Victoria Augusta ist die Tochter desselben Mannes, der, als später Bismarck mit dem Kriege gegen Dänemark seine Blut- und Eisen-Politik in Scene gesetzt, sich den Dictaten dieser Politik nicht unbedingt fügen wollte, und in Folge dessen rasch bei Seite geworfen, zum Theil von derselben Presse mit Hohn und Spott überschüttet wurde, die ihn zuvor als den Vertreter und Vertheidiger der Rechte der Herzogthümer gefeiert hatte. Darum empfand man gegenwärtig in weiten Kreisen des Volkes – das zeigten unter Anderem die bei dem feierlichen Einzug der Braut in Berlin so reichlich entfalteten schleswig-holsteinischen Farben – den Bund des dereinstigen deutschen Kaisers mit der Tochter des Herzogs Friedrich als eine Sühne für das diesem und dem schleswig-holsteinischen Stamme durch die unfreiwillige Annexion zugefügte Unrecht und begrüßte jetzt erst gewissermaßen die Verbindung Schleswig-Holsteins mit Preußen als eine solche, von der das Wort gelten wird: „up ewig gehandelt.“

Es war ein glücklicher Gedanke, der herzlichen Theilnahme für die Verbindung des jungen fürstlichen Paares in einem gemeinsamen Festgeschenk der preußischen Städte einen dauernden Ausdruck zu geben.

Die erste Anregung hierzu soll von dem Danziger Oberbürgermeister von Winter ausgegangen sein, und sie fand sofort lebhaftes Entgegenkommen bei den Oberbürgermeistern von Forckenbeck in Berlin und Miquél in Frankfurt am Main. Zunächst erging eine Aufforderung an alle preußischen Städte mit einer Bevölkerung von über 100,000 Seelen, deren Vertreter im November vorigen Jahres in Berlin zusammentraten, um den Plan zu berathen und

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_216.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)