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Seite:Die Gartenlaube (1880) 789.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

konnte. Bei einem der ersten dieser Versuche befand sich Tainter mit dem Absende-Instrument auf dem Thurme der Franklin-Schule zu Washington, während Professor Bell den empfindlichen Empfänger in einem 213 Meter entfernten Fenster seines Laboratoriums aufgestellt hatte. Als Professor Bell das Telephon an’s Ohr hielt, vernahm er deutlich von dem beleuchteten Empfänger die Worte. „Herr Bell, wenn Sie hören, was ich sage, kommen Sie an’s Fenster und schwenken Sie den Hut!“

Es ist kein Zweifel, daß man durch den Lichtsprecher auch auf bedeutendere Entfernungen mündlich mit einander wird verkehren können, während also keinerlei Leitung zwischen den beiden Punkten erforderlich ist. Dieser Verständigungsweg kann aber für Zwecke des Krieges und der Schifffahrt sehr wichtig werden, für welche schon bisher die Lichttelegraphie die einzige Zuflucht blieb und auch in den neueren Kriegen vielfach verwendet worden ist. Wir haben in einem früheren Artikel der „Gartenlaube“ (1876, Seite 196) die Schwierigkeiten, mit denen die Lichttelegraphie zu kämpfen hat, ausführlich dargelegt, und man erinnert sich vielleicht noch, daß die beste Methode darauf hinauslief, durch längere oder kürzere Lichtblitze die aus Strichen und Punkten bestehenden Zeichen des Morse-Alphabets nachzuahmen. Natürlich ist diese Methode ebenso umständlich wie zeitraubend, den Leistungen des Photophons gegenüber, bei welchen man das gesprochene Wort unmittelbar vernimmt, und es dürfte in Zukunft nicht mehr so leicht gelingen, die in einer größeren Festung eingeschlossenen Truppentheile von einer Verständigung mit der zum Entsatze heranrückenden Armee abzuhalten.

Es wird schwerlich ein Instrument geben, durch welches die Uebertragungsfähigkeit der Naturkräfte in einander wirksamer vor Augen geführt werden könnte, als durch das Photophon. Tonschwingungen werden in Lichtwogen, diese in Schwankungen elektrischer Ströme, diese in magnetische Schwingungen und letztere endlich wieder in Tonschwingungen verwandelt, sodaß der Cyklus beinahe aller uns bekannten physikalischen Kräfte dabei durchlaufen wird. Natürlich darf man dies nicht so verstehen, als ob die Tonschwingungen in Lichtätherschwingungen etc. verwandelt worden wären. Der Rhythmus der in den verschiedensten Weisen wiederholten Schwingungen blieb immer derselbe; es war leuchtendes, elektrisches und magnetisches Tönen, nichts Anderes. Die Tonschwingung wird durch strahlendes Licht wiedergegeben und ließ sich im Verfolg dieser Versuche dem strahlenden Lichte auch ohne hörbare Einflüsse auf Spiegel oder Lichtspalten aufprägen. In der Akustik gebraucht man zur Darstellung der Schwingungszahlen eine Scheibe, die am Rande mit gleichmäßig vertheilten Oeffnungen versehen ist. Bläst man durch diese Löcher, während die Scheibe schnell gedreht wird, so entsteht ein lauter Ton, dessen Höhe von der Zahl der Oeffnungen abhängt, die in der Secunde vor dem Blasrohre vorübergehen. Dreht man das Rad dieser sogenannten Sirene doppelt so schnell wie vorher, so entsteht die Octave des vorherigen Tones.

Bell und Tainter kamen nun auf die Idee, an Stelle der Luft Licht durch die Oeffnungen der Sirene strömen zu lassen, und die so erzeugten regelmäßigen Lichtblitze brachten durch Vermittelung der Selenzelle im Telephon musikalische Klänge hervor. obwohl der Absender ein vollkommen stummer Apparat war. Ein einfaches Kerzenlicht genügte, um auf diese Weise musikalische Klänge von abwechselnder Höhe im Telephon hervorzurufen, und bei Anwendung energischerer Lichtquellen würde man leicht musikalische Signale durch Vermittelung des Lichtes in bedeutende Entfernungen senden, und durch abwechselnde Abblendungen des Lichtes auch das Morse-Alphabet ebenso in Töne umsetzen können, wie man es mit Signalpfeifen im Nebel versucht hat.

Diese Methode bot für genauere Untersuchungen die große Bequemlichkeit, daß man den Empfangsapparat mit den stummen und deshalb die Beobachtung gar nicht störenden Absender in demselben Raume aufstellen konnte. Bell bediente sich deshalb der Lichtsirene zu ferneren Versuchen, bei denen es ihm namentlich darauf ankam, zu ermitteln, welche Antheile des strahlenden Lichtes die Hauptwirkung auf das Selen übten, und ob auch die Wärmestrahlen dabei betheiligt seien. Er ließ zu diesem Zwecke das intermittirende Licht durch verschiedene Substanzen fallen und beobachtete dabei die auffallende Thatsache, daß selbst einzelne ganz undurchsichtige Substanzen, wie z. B. ein Blatt Hartgummi, die Wirkung auf die Selenzelle nicht völlig unterbrachen. Obwohl die Selenzelle mit dem Telephon sich ungefähr zwölf Fuß von der Hartgummischeibe befand, so wurde sie dennoch von unsichtbaren Strahlen erreicht, die durch die Hartgummischeibe hindurch gingen, und im Telephon wurde der vorige musikalische Ton, wenn auch geschwächt, weiter vernommen und erst unterbrochen, wenn man ein neues Hinderniß, z. B. die Hand, in den Weg der unsichtbaren Strahlen hielt. Bei weiterer Verfolgung dieser Versuche gelangten die Experimentatoren dazu, an der Hartgummiplatte selbst zu horchen, und es zeigte sich, daß dieselbe einen den Bewegungen der Lichtsirene entsprechenden lauten musikalischen Ton von sich gab, der namentlich deutlich wurde, wenn man die Platte durch ein Hörrohr behorchte. So wurde also diese Platte durch die in regelmäßiger Folge auf dieselbe treffenden Lichstöße in hörbare Schwingungen versetzt, und es ergab sich, daß die meisten Substanzen zu tönen beginnen, wenn sie in Form dünnner Scheiben einem schnell und häufig unterbrochenen Lichtstrahle ausgesetzt werden. Damit ist eine ganze Folge höchst merkwürdiger Erscheinungen entdeckt, die alle auf der Wirkung kleiner, aber unablässig wiederholter Anstöße beruhen und von denen wir nicht wissen können, zu welchen neuen Entdeckungen sie uns führen werden. Diejenigen unserer Leser, die noch näher in das neuerschlossene Forschungsgebiet einzudringen wünschen, verweisen wir auf den soeben auch in deutscher Sprache erschienenen Vortrag,[1] in welchem Professor Bell zuerst über seine merkwürdigen Beobachtungen Bericht erstattet hat und dem wir eine Anzahl der hier mitgetheilten Thatsachen, sowie die Abbildung, entnommen haben.

Carus Sterne.




Zwei Gedichte von Rudolf von Gottschall.[2]
1. Weltblick.

Wend’ ich meinen Blick zum blauen,
Unbegrenzten Himmelszelt,
Wird von wunderbarem Schauen
Oft die Seele mir erhellt.

5
Vor des innern Lichtes Scheine

Schwindet plötzlich Zeit und Raum,
Blick’ ich auf das ewig Eine
Aus der Dinge dunklem Traum.

Wurzeln schlag’ ich tief im Grunde;

10
Sterne sind der Wipfel Zier,

Und der Welt geheime Kunde
Strömt durch alle Adern mir.

Ob das arme Ich verloren
Wie der Brandung Schaum zerschellt,

15
Gleich dem Phönix neu geboren

Wird mein Geist zum Geist der Welt.

  1. „Das Photophon“. Vortrag, gehalten in der neunundzwanzigsten Jahresversammlung der amerikanischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften zu Boston im August 1880 von Alexander Graham Bell. Aus dem Englischen. Leipzig. Quandt und Händel, 1880.
  2. Diese Gedichte entnehmen wir den soeben in zweiter Auflage erschienenen Friedens- und Kriegsgedichten unseres als Dramatiker, Epiker und Literarhistoriker allgefeierten langjährigen Mitarbeiters. Rudolf von Gottschall’s Lyrik ist bisher viel weniger Gemeingut der Nation geworden, als seine mit Recht gepriesenen Erzeugnisse auf den anderen Gebieten des literarischen Schaffens. Um so freudiger weisen wir bei Gelegenheit dieser Neu-Ausgabe seiner „Friedens- und Kriegsgedichte“ auf den Lyriker Gottschall hin. Seine Muse ist vor Allem heimisch auf dem Gebiete der Gedankendichtung großen Stils, aber auch im stimmungsvollen Liede, in der dramatisch gestaltenden Ballade wie der schwungvollen patriotischen Hymne schlägt sie einen eigenartigen, stets eindrucksvollen Ton an. Alle diese Vorzüge der Gottschall’schen Dichtweise bringen auch die „Friedens- und Kriegsgedichte“, die wir hiermit der allgemeinen Beachtung – namentlich auch im Hinblick auf den Weihnachtstisch – empfehlen möchten, vollgültig zur Anschauung.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 789. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_789.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)