Verschiedene: Die Gartenlaube (1880) | |
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weibliche Gärtner im Allgemeinen mehr Geschick und Geschmack zu Blumenarbeiten haben und weniger Ansprüche machen, als dazu fähige Männer. Ja, die Männer sind in diesem Fache sogar selten, weil die Arbeit des Bindens ihnen meistens nicht zusagt. Ich kenne eine Erfurter Gärtnerei, welche bedeutenden Blumenhandel treibt; dieselbe beschäftigt mehrere Hundert junge Mädchen mit Sammeln, Sortiren, Ordnen und Binden von getrockneten und frischen Blumen. Die männliche Thätigkeit ist aus diesem Theil der Geschäftsräume so gut wie ausgeschlossen. Auch wird die Leitung aller dieser Blumenarbeiten meistens von der Frau des Gärtners geführt, soweit die häuslichen Pflichten ihr dies gestatten. Dieses Alles sind Thatsachen, welche laut für die Befähigung der Frau zum Betriebe der Gärtnerei sprechen.
Ich erinnere indessen daran, daß man die jungen Mädchen, an welche wir hier denken, nicht mit derben Tagelöhnerinnen vergleichen darf, welche mit Leichtigkeit hundert Pfund auf dem Rücken tragen, graben und hacken wie ein Mann. Wir haben im Allgemeinen Töchter aus Familien des Mittelstandes vor uns, die statt der Nadel ein einträglicheres Werkzeug handhaben möchten. Aber selbst wenn wir annehmen, daß sich die Muskeln durch die Arbeit stärken, daß auch diese anfangs schwachen Mädchen kräftiger werden, selbst dann kommen immer noch Arbeiten vor, welche Frauen aus Mangel an Kraft nicht verrichten können. Die weibliche Gärtnerei muß daher Männerhülfe haben. Auch kann ich mir wohl eine Gärtnerei mit männlichen Arbeitern denken, in der eine Frau an der Spitze steht, aber keine mit gemischter Arbeiterschaft; sie würde nicht lange in Frieden gedeihen.
Ein, wie es scheint, unvertilgbarer Fehler des weiblichen Geschlechts, welcher den Werth der Frauenarbeit sehr verringert, ist das Bedürfniß der Unterhaltung. In der Gärtnerei, wo eine gewisse Ungebundenheit herrscht, äußert sich dieses Bedürfniß nachtheiliger, als bei anderen Beschäftigungen. In der Fabrik steht der Aufseher neben den Arbeiterinnen; anders im Garten, wie ich aus Erfahrung weiß, da ich seit vierzig Jahren weibliche Arbeiter (freilich keine gebildeten Damen) beschäftigt habe. Kaum sind sie an die Arbeit gegangen, so geht das Plaudern an. Und dies geschieht nicht etwa bei der Arbeit, sondern die letztere steht während dieses wichtigen Geschäftes ganz still. Schon aus diesem Grunde darf Frauenarbeit im Garten nicht so hoch bezahlt werden, wie Männerarbeit. Verhütet man das gemeinschaftliche Arbeiten, so giebt es einzelne Frauen, welche gut und viel arbeiten. Wer sie aber fesseln und zufrieden erhalten will, darf sie allerdings nicht ganz isoliren, muß ihnen Gelegenheit geben, die Zunge manchmal in Bewegung zu setzen. Man glaube nicht, daß ich lästern will; denn ich spreche auf Grund reicher Erfahrung in verschiedenen Gegenden, selbst Ländern: die Frauen sind überall dieselben und werden es immer bleiben.
Ein anderes Hinderniß bildet die Frauenkleidung. Doch dem ließe sich allenfalls abhelfen.
Endlich muß, sofern es sich um „Damen“, das heißt einigermaßen gebildete Mädchen und Frauen handelt, welche hier allein in Betracht kommen, bemerkt werden, daß Gartenarbeit rauhe, harte, rothe, nach Befinden schmutzige Hände macht. Wer sich damit nicht befreunden kann, soll davon bleiben. Selbst die Kranzbinderin, wenn es ihre tägliche Beschäftigung ist, verdirbt ihre schönen Hände und muß in der Gesellschaft durch Handschuhe das Uebel verbergen; denn bald ritzt der Dorn einer Rose; bald schneidet der Faden beim straffen Anziehen in die Finger, sodaß bleibende Spuren der Arbeit unvermeidlich sind. Daß bei Gartenarbeit auch kein weißer „Teint“ zu erhalten ist, daß trotz Strohhut Gesicht, Hals und Nacken „verbrennen“, will ich nicht als ein Uebel ansehen, es würde aber doch wohl viele junge Damen von der Gärtnerei abschrecken.
Nachdem ich diese der Frauenwelt nicht schmeichelhaften und daher auch meinem Gefühl nicht angenehmen Stellen unseres Artikels glücklich hinter mir habe, wollen wir nun sehen, welche Ausdehnung die Frauenarbeit in der Gärtnerei erlangen kann. Zunächst fallen selbstverständlich dem weiblichen Geschlecht diejenigen Leistungen zu, welche sich schon in seinen Händen befinden: das Binden von Sträußen, Kränzen, sogenannten Coiffuren etc. im Dienste eines Gärtners. Bis jetzt sind die „Binderinnen“ meist aus Töchtern der Verwandten von Gärtnern hervorgegangen, und nur der Zufall hat auch Töchter aus dem Gewerbe- und niederen Beamtenstande anstatt zu Nähmädchen dann und wann zu Blumenmädchen gemacht.
Ich meine, daß diese Beschäftigung ebenso anständig ist, wie jede andere, welche Mädchen aus gebildeten Ständen gewöhnlich ergreifen, dabei aber um vieles angenehmer, vorausgesetzt natürlich, daß der Arbeitgeber und dessen Familie nicht abstoßend sind. Das Geschäft der Blumenbinderin kann unter günstigen Umständen in Selbstständigkeit übergehen, wenn sie ein Blumengeschäft errichtet, und das Material dazu liefern jetzt allenthalben „Klein“-Gärtner. Wirklich einträglich und vollständig wird das Blumengeschäft jedoch erst dann, wenn dabei eine kleine Gärtnerei unterhalten wird, welche die gangbarsten Blumen selbst zieht. In dieser Gärtnerei mag die „Herrin“ entweder selbst die Oberaufsicht führen, zum Theil mit weiblichen Arbeitern, oder einem Manne übertragen. Im Allgemeinen ist dieses Blumengeschäft, wie die ganze Gärtnerei, kein bequemes; denn die Arbeiten drängen oft mehr, als für das Leben angenehm ist, und während die Besitzerin eines Putzwaarenladens ihr Geschäft Abends schließt, die Lehrerin, Post-, Telegraphen- und Eisenbahnbeamtin ihre bestimmte Arbeitszeit hat, muß die Binderin bei vielen Bestellungen oft bis tief in die Nacht hinein und an Sonn- und Festtagen arbeiten; denn sie kann wegen der schnellen Vergänglichkeit ihres Materials und des Umstandes, daß die Aufträge meistens dringlicher Art sind, weder etwas voraus arbeiten, noch etwas aufschieben, muß vielmehr eingelaufene Aufträge auf der Stelle ausführen.
Frauen, welche Geschick und Uebersicht genug haben, können ihren Garten oder ein Pachtgrundstück dadurch verwerthen und sich auskömmliche Einnahmen verschaffen, daß sie es zur Anzucht von Blumen für das eigene Geschäft benutzen oder an fremde Blumengeschäfte verkaufen. An Badeorten und Plätzen, wo im Sommer viele Fremde wohnen, verwerthen sich Rosen sehr hoch, und die Händler kommen jeden Morgen oder Abend, um sie zu schneiden.
Ebenso sind Erdbeeren und andere Beerenfrüchte, sowie alle Küchengewächse gangbare Artikel, und ihre Pflege ist eine geeignete Aufgabe für Frauenhände. Daß Frauen das sogenannte Veredeln der Bäume ebenso gut verrichten können, wie Männer, wenn sie beim Oculiren die Dornen der Rosen nicht scheuen, ist sicher, ebenso das Anbinden und Schneiden von Spalierbäumen.
Zum Schlusse dürfen wir die Frage nicht vergessen: wie und wo sollen Gärtnerinnen sich ausbilden? Meiner Ansicht nach muß die theoretische Geschäftsbildung so gut wie ausgeschlossen werden, und es sich nur um praktisches Erlernen, um Können handeln. Ist der Trieb zur Selbstbildung da, dann genügen bei sonst guter Schulbildung die Fachschriften. Nur keine Vorträge! Ehe sich die Sache einlebt, mögen junge Mädchen suchen, in einer Gärtnerei zu lernen, in welcher eine Frau die Oberleitung oder den größten Einfluß hat! Einen größeren Andrang von lernenden Gärtnerinnen zu befriedigen, dazu fehlt noch jede Gelegenheit. Die einzige Möglichkeit, solche anzulernen, wäre die, daß Privatleute und Vereine zur Beförderung der Frauenarbeit Geld und ein Grundstück zur Errichtung einer praktischen Lehranstalt für Gärtnerinnen hergäben. Man müßte mit wenigen Schülern anfangen und dann prüfen, wie die Aussichten zum weitern Fortkommen derselben sich gestalten.
Vielleicht ist es den Frauenvereinen, bei ihrer Rührigkeit, möglich, recht bald eine solche Versuchsanstalt in’s Leben zu rufen. Erst dann würde sich klar herausstellen, ob und welche Hindernisse sich auf einer solchen neuen Bahn der Frauenarbeit entgegenstellen und was zur Bewältigung derselben gethan werden kann.
Wir freuen uns, dem kleinen obigen Artikel eines der ältesten Mitarbeiter der „Gartenlaube“ die Bemerkung beifügen zu können, daß der Letztere selbst mehrere Bücher zur Belehrung in Gartensachen für Frauen geschrieben hat. Hierher gehört z. B. sein „Allgemeines illustrirtes Gartenbuch“, von dem jetzt die vierte Auflage erscheint, und die bei J. J. Weber in Leipzig in vier Auflagen herausgekommenen „Illustrirten Katechismen“; doch sind für Frauen besonders berechnet der „Frauengarten“ (Stuttgart und Leipzig 1871) und „Zimmer- und Hausgärtnerei“, in dritter Auflage bei Philipp Cohen in Hannover erschienen. „Frauengarten“ beschäftigt sich mehr mit Dekoration, Blumenverwendung und Beaufsichtigung, das letztgenannte Werk dagegen vorzugsweise mit Blumenzucht in Wohnräumen.
Aufruf zu einem Gutzkow-Denkmal. Freudige Zustimmung und wärmste Beherzigung in weiten Kreisen des deutschen Publicums wird hoffentlich ein neuerdings zur Errichtung eines Gutzkow-Denkmals erlassener Aufruf finden. Derselbe ist von einer beträchtlichen Anzahl namhafter Männer aus den verschiedensten Gebieten der Wissenschaft und Kunst, der Literatur und Presse unterzeichnet und lautet:
„Unter den in den letzten Jahren gestorbenen Schriftstellern ist keiner, der so hervorragende und tief eingreifende Wirkung auf die deutsche Literatur ausgeübt hat, wie Karl Gutzkow. Als geistiger Führer des ‚Jungen Deutschland‘ bahnte er für die Literatur eine neue Richtung an, welche mit den letzten Nachklängen der romantischen Schule brach und dem realen Geiste zu seiner Geltung verhalf. In seinen Kritiken wehte der Geist einer philosophisch durchgebildeten Weltanschauung, dem nur das Höchste genügt, und seine Schöpfungen auf dem Gebiete des Dramas sind zum Theil bereits Geisteseigenthum aller Gebildeten geworden und werden ihre hohe Bedeutung behalten, so lange wir überhaupt ein deutsches Drama haben. Auf dem Gebiete des Romans hat er gleichfalls durch den Roman des Nebeneinander und durch die meisterhafte Darstellung ganzer Culturepochen und einzelner Geistesströmungen eine neue Bahn eingeschlagen und für lange Zeit auf dieses Gebiet der Literatur bestimmend eingewirkt.
Karl Gutzkow gehört unbestritten zu den Säulen und Zierden der deutschen Literatur; er hat sich in seinen Werken selbst ein unvergängliches Denkmal gesetzt und durfte dreist das Horazische Wort: ‚Exegi monumentum aere perennius‘ auf sich anwenden, allein für die Nachwelt würde es als ein Zeichen der Undankbarkeit erscheinen, wenn sie die Verdienste des Todten nicht in einem Allen sichtbaren Monumente zur Anerkennung brächte. Für Diejenigen, welche Gutzkow’s Werke kennen, bedarf es eines solchen Zeichens nicht, allein für die Tausende, die nur seinen Namen kennen, und für die heranwachsenden Geschlechter soll es ein Hinweis sein, daß Deutschland nicht allein große Dichter besitzt, sondern daß es deren Andenken auch ehrt.
In einer Zeit, wo allerorten Denkmale errichtet werden, geziemt es sich, der Dichter nicht zu vergessen, die das Schwert des Geistes siegreich schwangen und deren Triumphe dem ganzen Volke dauernd zum Segen und Ruhme gereichen.“
Die Redaction der „Gartenlaube“ schließt sich dieser Aufforderung auf das Wärmste an, legt dieselbe ihren Lesern dringend an’s Herz und erklärt sich zur Entgegennahme der voraussichtlich zahlreich eingehenden Beiträge bereit. Ueber den Betrag der Sammlung wird zur Zeit Rechnung abgelegt werden.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 527. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_527.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)