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Seite:Die Gartenlaube (1880) 526.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


stürmischem Charakter. Hernals hat nicht gerade ein Privileg auf den Heurigen, der in derselben Qualität auch anderwärts geschenkt wird, aber eine Laune der öffentlichen Meinung und wohl auch geschickter Industrialismus hat dem Hernalser Heurigen zum Ruhmespreise verholfen. Der Heurige ist nichts Anderes, als der österreichische Landwein, der seine erste Jugend austobt; er ist von jungfräulicher Herbigkeit und vollführt doch sehr tolle Streiche – es ist ihm nicht zu trauen.

Dornbach zeichnet sich durch eine große Anzahl koketter Villen und schöner Gärten aus; dennoch könnte es die vielen Menschen, die da zusammenzuströmen pflegen, nicht beherbergen. Es bildet nur den Knotenpunkt für einen großen Transitoverkehr von Naturschwelgern, die von Dornbach aus nach allen Richtungen hin kürzere oder längere Ausflüge unternehmen und die dann nach erledigtem Naturgenuß von Neuwaldegg, vom Galizinberg oder sonst woher aus der Umgebung wieder in Dornbach zu gemeinsamer Rückkehr nach Wien zusammentreffen.

Muß Dornbach noch zu den Sommerfrischen des Wiener Waldes gezählt werden so gehört Heiligenstadt zu dem engsten Umkreis der Donaugegenden um Wien. Heiligenstadt ist ein Bade-Ort mit rühmend anerkannter Heilquelle gerade vor den Thoren Wiens, kaum eine halbe Stunde von der Stadt entfernt. Die schönste Zierde und die wichtigste Anziehungskraft des Ortes ist das Bad, das sich inmitten eines freundlichen Parkes befindet. Von Heiligenstadt aus ist nach den Sommerfrischen Nußdorf, Döbling, Grinzing und Sievering nur ein Katzensprung.

Ziehen wir den Kreis der Donaugegenden um Wien nur etwas weiter, und wir werden den Kahlenberg, und noch etwas weiter Klosterneuburg berühren. Der Kahlenberg ist förmlich ein Wahrzeichen von Wien, er gehört so gut zu dem Bilde Wiens, wie der Stephans-Thurm, und wie dieser ist er von allen Seiten sichtbar und kenntlich als einer der hervorstechendsten und charakteristischsten Züge der Physiognomie Wiens. Er gehört nicht eben zu den Bergriesen; er hat eine Seehöhe von etwas über 1500 Fuß; berücksichtigt man, daß die Donau am Fuße des Leopolds-Berges, des nächsten Nachbarn des Kahlenberges, in einer Höhe von etwa 500 Fuß über dem Meeresspiegel dahinfließt, so wird man auf dem Gipfel des Kahlenbergs weder Gletschereis noch auch nur Edelweiß suchen wollen. Der Aufstieg ist an sich ein angenehmer und leichter, allein er ist ganz bequem gemacht worden durch zwei in der Periode des volkswirthschaftlichen Aufschwunges entstandene Eisenbahnen, welche die Ausflügler in wenigen Minuten auf den Gipfel des Berges brachten. Eine dieser Bahnen freilich ist von den Stürmen des Jahres 1873 einer zarten Blume gleich geknickt worden, allein die andere besteht noch und wird sich als ein wirkliches Bedürfniß wohl auch für die Folge halten.

Das geräumige Gebäude auf der Höhe des Berges ist ein Hôtel, ebenfalls eine Schöpfung des modernen Geistes der Association. Das Schlößchen neben dem Hôtel ist ein Stein gewordener Künstlertraum. Maler Felix hat sich hier auf felsiger Höhe vor wenigen Jahren ein Künstlerheim erbaut, wie es anmuthiger und prächtiger nicht gedacht werden kann. Der Bewohner des Schlosses sieht die schimmernde Vindobona zu seinen Füßen liegen; sein Auge folgt dem Laufe des mächtigen Donaustromes und verliert sich in wonniger Träumerei in die in Luft und Nebel und Sonnenglanz daliegenden Auen; es ist eine Aussicht von märchenhafter Schönheit. Das war ein schöner, ein künstlerischer – aber ein unpraktischer Gedanke, sich da anzukaufen und zu bauen. Der glänzende Bau verschlang ungeheure Summen. Eine Fahrstraße wurde in den Stein gehauen, und zahllose Marmorquadern mußten den Berg hinauf geschleppt werden – es war eine Sisyphusarbeit. So wacker der Künstler auch schaffte, er war in materieller Hinsicht doch den mächtigen Anforderungen nicht gewachsen. Um sein Kleinod vor störender, prosaischer Nachbarschaft sicher zu stellen, hatte er alle angrenzenden Grundstücke zusammenkaufen müssen, welche er sämmtlich zu einem herrlichen Parke vereinigte. Eingerichtet war das Schlößchen in fürstlicher, mehr, in wahrhaft künstlerischer Weise. Und als dann Alles in wunderbarer Pracht fertig war, da gehörte es nicht mehr dem Künstler, sondern seinen Gläubigern. Der Mann, der ein Feenschloß auf die Bergesspitze gezaubert hatte, ging arm aus demselben hinaus. Ein arabischer Schimmel mit rosenrothen Nüstern, ein Thier von unvergleichlicher Schönheit, hatte ihn hinaufgetragen – zu Fuße stieg er zu Thal, ernst und still, ein ruinirter Mann. Doch nein, mit seinem Kopfe und seiner Hand ist man kein ruinirter Mann. Felix begann auf's Neue; er arbeitete mit eisernem Fleiße, und bald dürfte er wieder so weit sein – vielleicht ist er es wirklich schon – um abermals auf's Neue Pläne zu neuen Feenschlössern auszudenken.

Das letzte unserer Bilder stellt Klosterneuburg vor, eine überaus freundliche Stadt an der Donau, die von Wien aus mit der Eisenbahn in einer halben Stunde zu erreichen ist und die ihrer gesunden und malerischen Lage wegen von vielen Wiener Familien mit besonderer Vorliebe zur Sommerfrische erwählt wird. Das mächtige Gebäude unseres Bildes stellt das hochangesehene Stift dar, das eine Fülle von historischen und künstlerischen Kostbarkeiten birgt. Die Stiftsherren haben hier seit langen Jahrhunderten die ihnen zugefallene, nicht unwichtige Culturmission bis auf den heutigen Tag getreulich erfüllt. Sie haben Künste und Wissenschaften mit Liebe gepflegt und um die Hebung der Landwirthschaft sich unvergängliche Verdienste erworben. Insbesondere aber sind sie als die Begründer des rationellen Weinbaues in Oesterreich zu betrachten. Der Klosterneuburger Stiftskeller erfreut sich eines festwurzelnden und weitreichenden Ruhmes und einer Popularität, die bisher noch niemals erschüttert worden ist. In diesem Keller befindet sich auch das berühmte große, neunhundertneunundneunzig Eimer haltende Faß, das den Anlaß zu einer oft geschilderten und oft abgebildeten Volksbelustigung, dem „Fasselrutschen“, geboten hat. Die heiter gestimmte Menschheit findet nämlich in diesem Keller eine ganz besondere Freude daran, das Faß, zu dessen Höhe eine Treppe führt, zu besteigen, um sich dann auf der andern Seite unter großem Halloh und Juchhe hinuntergleiten zu lassen. Da purzelt denn Alles, auch Frauen und Kinder, über und durch einander, und je toller es hergeht, desto größer die Freude. Im Ganzen ist der „Jux“ ziemlich harmlos, „a rechte Hetz“ – und die rechte Hetz kann auch nur von fröhlichen und harmlosen Naturen vollführt und genossen werden.




Frauen und Mädchen als Gärtnerinnen.
Etwas zur Frauenfrage.


Wenn ich von „Gärtnerinnen“ rede, so verstehe ich unter dieser Bezeichnung weder die bunten Theaterfiguren aus den Idyllenspielen der Zopfzeit, noch jene massiven Frauenbilder auf dem Gemüsemarkt der Gegenwart. Ich meine Kunstgärtnerinnen, wie sie sich gern nennen hören, mit aller Bildung, die ein so verwickeltes und von der Wissenschaft untrennbares Geschäft nöthig macht, und ich berühre damit zugleich die Frage von den Berufsarbeiten des weiblichen Geschlechtes, die so viele Gedanken und Federn beschäftigt.

Den Anstoß zu den nachfolgenden Betrachtungen gab eine junge Dame aus Holstein, die sich gegen mich als Fachmann folgendermaßen brieflich aussprach:

„Wie weit besser entspricht das stille, sinnige Pflegen und Ziehen der Kinder der Natur den sanften sorgsamen Neigungen des Weibes, als denen des Mannes! Würde der Schönheits- und Farbensinn, der im Allgemeinen doch wohl im weiblichen Geschlecht ausgeprägter ist, als im männlichen, uns Frauen im Gärtnerberufe nicht herrlich zu statten kommen? Ja selbst das Oculiren der Pflanzen, wozu bekanntlich eine leichte Hand gehört, ist eine angenehme, passende Arbeit für Frauen. Daß die Beschäftigung in der freien Natur der schwächlichen Constitution des Weibes überdies weit mehr zusagt als andere, z. B. der Telegraphendienst etc., brauche ich wohl kaum zu erwähnen … Es ist ja auch der eigentliche Beruf des Weibes, mit liebender Hingabe zu sorgen, zu pflegen und zu veredeln. Gestatten ihm die Verhältnisse und Fähigkeiten nicht, seine Sorgfalt der jungen Menschenknospe zu Gute kommen zu lassen, so mag es mit den Kindern der Natur versucht werden! Sie werden seine Mühe nicht unbelohnt lassen.“

Dieser Vorschlag erschien mir sofort besser, als mancher andere, der in der Frauenfrage gemacht worden, weil ich aus Erfahrung weiß, wie viel Nützliches Frauen in der Gärtnerei leisten können. Ich unterziehe mich daher mit Vergnügen im Folgenden einer kurzen Besprechung des Gegenstandes.

Daß der Blumenverkauf und das Ordnen der Blumen zu Sträußen, Kränzen etc. theilweise schon seit Jahren in den Händen von Mädchen und Frauen liegt, ist bekannt. Es vergeht keine Woche, wo nicht in den gärtnerischen Geschäftsblättern von Blumenhändlern „geübte Binderinnen“ gesucht werden; denn die Gärtner kommen immer mehr dahinter, daß

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 526. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_526.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)