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Seite:Die Gartenlaube (1880) 484.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


„Der Administrator verläßt in Kurzem seine Stellung,“ fiel Oswald ein. „Er erhielt schon im Sommer die Kündigung wegen vollständiger Unzuverlässigkeit. Er kann unmöglich mehr im Besitze der allerdings sehr ausgedehnten Vollmachten sein, die Baron Heideck ihm vor Jahren ertheilt hat. Ich glaubte, Edmund hätte sie zurückgezogen, als er seine Güter selbst übernahm; sollte das dennoch nicht geschehen sein?“

„Das wäre aber eine unverantwortliche Nachlässigkeit von Seiten des jungen Grafen,“ meinte der Rechtsgelehrte. „Einem Beamten, den er entläßt und mit dem er unzufrieden ist, noch monatelang derartige Vollmachten in Händen zu lassen – halten Sie das wirklich für möglich?“

Oswald schwieg; er kannte Edmund’s unglaubliche Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit in geschäftlicher Hinsicht und war überzeugt, daß sich die Sache in der That so verhielt.

„Die in Rede stehende Summe ist bedeutend,“ fuhr der Justizrath fort, der dieses Schweigen verstand. „Gleichwohl ist der Kaufpreis, wie der Käufer selbst zugiebt, sehr niedrig, da sofortige baare Auszahlung verlangt wird.“

„Ich fürchte, es handelt sich hier um Schlimmeres, als einen bloßen Uebergriff des Administrators,“ sagte Oswald unruhig. „Er galt bisher für ehrlich, jetzt aber, wo ihm die Stellung doch verloren ist, erliegt er vielleicht der Versuchung, noch einen letzten betrügerischen Vortheil aus ihr zu ziehen. Mein Vetter kann zu einer derartigen Verwüstung seiner Forsten nicht seine Zustimmung gegeben haben; ich bin überzeugt, er weiß nichts von der Angelegenheit.“

„Das ist möglich. Wenn aber die Vollmacht wirklich nicht zurückgezogen ist, wird er trotz alledem den Vertrag anerkennen müssen, der in seinem Namen abgeschlossen ist. Sie sollten einmal telegraphisch in Ettersberg anfragen, wie sich die Sache verhält; vielleicht ist eine rechtzeitige Warnung nothwendig.“

„Gewiß; wenn sie nur noch rechtzeitig eintrifft. Wann soll der Kaufvertrag abgeschlossen werden?“

„In diesen Tagen. Wahrscheinlich schon übermorgen.“

„Dann muß ich selbst nach Ettersberg,“ sagte der junge Mann entschlossen. „Eine bloße Anfrage nützt nichts. Es muß sofort eingeschritten werden; denn wie ich die Sache beurtheile, gilt es hier, einem Betruge zuvorzukommen. Edmund ist leider allzuvertrauend in solchen Dingen und läßt sich nur zu leicht durch Ausflüchte hinhalten und täuschen, bis es zu spät ist. Ich bin für den Augenblick ja frei und kann in drei Tagen zurück sein. Es ist jedenfalls am besten, wenn ich selbst meinem Vetter die nöthigen Aufschlüsse gebe, damit er ohne Verzug handeln kann.“

Der Justizrath stimmte bei. Auch ihm erschien die ganze Angelegenheit und die Eile, mit der sie betrieben wurde, im höchsten Grade verdächtig, und es gefiel ihm, daß der junge Mann, der doch beinahe mit seinen Verwandten gebrochen hatte, so entschlossen und ohne eine Minute zu zögern, eintrat, als es galt, sie vor Schaden zu bewahren.

Oswald traf noch im Laufe des Abends die Vorbereitungen für die improvisirte Reise. Ettersberg lag nicht allzuweit entfernt; wenn er mit dem Morgenzuge abreiste, konnte er schon um die Mittagszeit dort sein. Er fand leicht irgend einen Vorwand, um den Aufenthalt auf einen oder zwei Tage zu beschränken, und die Vermählungsfeier, der er um jeden Preis ausweichen wollte, sollte ja erst um die Weihnachtszeit stattfinden.

In Ettersberg ahnte man natürlich nichts von dem bevorstehenden Besuche. Man hatte dort vollauf zu thun mit den Vorbereitungen für die Hochzeit und für den Einzug des jungen Paares in seine künftige Heimath. Die Einrichtungen im ersten Stockwerke des Schlosses, das der Graf mit seiner Gemahlin bewohnen sollte, waren noch immer nicht ganz vollendet; außerdem galt es noch, Schönfeld für die Gräfin Mutter in Bereitschaft zu setzen, die gleich nach der Hochzeit dorthin übersiedeln wollte.

Der Entschluß der Gräfin, Ettersberg bei der Vermählung ihres Sohnes zu verlassen, war sehr überraschend gekommen. Sie hatte wohl früher bisweilen davon gesprochen, aber es war ihr niemals Ernst damit gewesen, und sie fügte sich nur zu gern dem leidenschaftlichen Proteste Edmund’s, der nichts von der Trennung wissen wollte. Jetzt aber schienen Beide ihre Ansichten geändert zu haben. Die Gräfin erklärte auf einmal, sie werde in Zukunft das Gut bewohnen, das ihr Gemahl in seinem Testamente ihr ausdrücklich als Wittwensitz bestimmt hatte, und Edmund erhob nicht den mindesten Widerspruch dagegen. In Brunneck war man allerdings befremdet über diesen plötzlichen Entschluß, aber durchaus mit ihm einverstanden. Der Oberamtsrath hatte das Zusammenleben mit der Schwiegermutter stets für seine Tochter gefürchtet, und die unerwartete Wendung war ihm viel zu willkommen, als daß er darüber hätte nachgrübeln sollen, was sie veranlaßte.

Man war überhaupt in den letzten beiden Monaten gar nicht recht zur Besinnung gekommen. Die Uebernahme und Einrichtung von Dornau, das, als Hedwig’s Erbtheil, ja nun doch an Ettersberg fiel, die Vorbereitungen für die sehr glänzend projectirte Vermählungsfeier, die zahlreichen Einladungen und Besuche von allen Seiten brachten eine förmlich athemlose Unruhe hervor. In der Herbstzeit herrschte überhaupt ein regeres Gesellschaftsleben unter den Gutsherrschaften der Umgegend. Es fanden überall große Jagden statt, an die sich alle möglichen anderen Festlichkeiten anschlossen. Man hatte seit dem September in einem fast ununterbrochenen Wirbel von Zerstreuungen gelebt, und wenn man wirklich einmal zu Hause und ohne Gäste war, so gab es so viel zu besprechen und zu berathen, daß von einem ruhigen Zusammensein gar keine Rede war. Rüstow hatte mehr als einmal erklärt, daß er das auf die Dauer nicht aushalte und daß er wünsche, die Hochzeit sei vorüber, um nur endlich wieder Ruhe zu haben. Der Zeitpunkt war bereits festgesetzt worden; in drei Wochen sollte die Trauung in Brunneck stattfinden, und alsdann wollten sich die Neuvermählten nach ihrer künftigen Heimath begeben.

(Fortsetzung folgt.)




Präsidentenwahlen in der Union.
Streiflichter zum Verständniß des gegenwärtigen Wahlkampfes.


Es war eine verhängnißvolle Gabe, welche mit dem Institute der Negersclaverei den Vereinigten Staaten gleich bei ihrer nationalen Gründung in die Wiege gelegt wurde. Wohl fehlte es an eindringlich warnenden Stimmen nicht, wohl wiesen die Edelsten und Besten unter den Gründern der großen transatlantischen Republik mit beredten Worten auf das Unheil hin, das aus der gesetzlich sanctionirten Sclaverei entstehen müsse – die Freiheit wurde der Einheit zum Opfer gebracht, und in wenigen Jahrzehnten hatte jenes fluchwürdige Institut eine Ausdehnung und Machtstellung gewonnen, welche nicht nur die Freiheit, sondern auch die Einheit der nordamerikanischen Union zu Grunde zu richten drohten. Den heftigsten parlamentarischen Kämpfen in den Hallen des Congresses über die Ausdehnung oder Localisirung der Negersclaverei folgte im Jahre 1861 jener erbitterte Bürgerkrieg zwischen dem sclavenhaltenden Süden und dem freien Norden, der länger als vier Jahre hindurch die Union in ihren Grundfesten erschütterte, um schließlich nach unsäglichen Opfern an Gut und Blut den sittlichen Flecken der Leibeigenschaft aus der Bundesconstitution der Vereinigten Staaten zu tilgen. Allein die böse Saat der Sclaverei hatte zu tiefe Wurzeln geschlagen, als daß die schlimmen Folgen derselben durch das Schwert allein geheilt werden konnten. Der unterworfene und „reconstruirte“ Süden fügte sich nur unwillig den militärischen Gewaltmaßregeln des Nordens. Vielleicht wäre der versöhnliche und staatskluge Abraham Lincoln, dem eines ruchlosen Mörders Hand im entscheidungsvollen Momente das Leben raubte, im Stande gewesen, durch seinen persönlichen Einfluß die feindlichen Gegensätze allmählich auszugleichen; einem Andrew Johnson war dies nicht gegeben. Noch weniger gelang es dem Präsidenten U. S. Grant, der wohl eine Schlacht zu schlagen, aber kein leidenschaftlich erregtes Volk zu regieren verstand.

Obschon ursprünglich der demokratischen Partei, wie Andrew Johnson, angehörig, warf er sich als Präsident doch vollständig dem radicalen Flügel der republikanischen Partei in die Arme. In der Finanzfrage, die seit dem Bürgerkriege eine Hauptrolle in der innern Politik der Vereinigten Staaten spielt, trat er mit der überwiegenden Mehrheit der republikanischen Partei für eine ehrliche Abzahlung der Nationalschuld und für möglichst baldige

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 484. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_484.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)