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Seite:Die Gartenlaube (1880) 338.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


„Mir scheint, Graf Edmund ist auch eine Ausnahme,“ erklärte Hedwig in zuversichtlichem Tone.

„So? Scheint Dir das? Du entwickelst ja eine gewaltige Menschenkenntniß mit Deinen achtzehn Jahren,“ rief der Oberamtsrath und begann seiner Tochter eine Rede zu halten, in der die „Principien“ eine große Rolle spielten. Fräulein Hedwig hörte zu, aber mit einer Miene, die deutlich bewies, daß ihr diese „Principien“ höchst gleichgültig seien, und wenn der Vater ihre Gedanken hätte errathen können, so würde er es wahrscheinlich wieder „merkwürdig“ gefunden haben, daß sie sich auch diesmal vornahm, genau das Gegentheil von dem zu thun, was ihr befohlen wurde.

(Fortsetzung folgt.)




Künstliche Diamanten.
Von Carus Sterne.

Wieder ist der rastlos vorwärts schreitenden Chemie die Verwirklichung eines alten Traumes geglückt: man hat den kostbarsten aller Edelsteine, den Diamanten, im chemischen Laboratorium dargestellt! Vor zwei Jahren konnten wir in einem Artikel über „Edelstein-Alchemie“ (1878, Seite 228) den Lesern der „Gartenlaube“ über ein neu entdecktes Verfahren berichten, nach welchem sich Sapphire, Rubine und Smaragde, die nächst ihm werthvollsten Steine, künstlich herstellen lassen. Das waren die Vorläufer, denen um die letzte Jahreswende Gerüchte folgten, daß nun auch dem Diamanten sein Recht geschehen sei. Aber wie es schon so oft dagewesen, diese Gerüchte, welche James Mactear in Glasgow als Denjenigen nannten, dem der große Wurf geglückt sei, erwiesen sich als trügerisch; seine angeblichen Diamanten hielten einer genauen chemischen und mineralogischen Prüfung nicht Stand. Aber die Diamantenfabrication war nun im Flusse; gleich darauf wurde Dr. Marsden in Bristol als Diamanten-Koch ausgerufen, und ehe er noch seine Künste eingestehen oder ableugnen konnte, legte Professor Stokes am Februar dieses Jahres Proben wirklicher, unbezweifelbarer Kunst-Diamanten, welche J. Ballantyne Hannay, ein junger Chemiker in Glasgow, nach einem sehr sinnreichen Verfahren dargestellt hat, der Londoner königlichen Gesellschaft der Wissenschaften vor.

Ehe wir sein Verfahren und den Weg, der ihn zur Entdeckung desselben geführt hat, genauer beschreiben, wird es zweckmäßig sein, einen Blick auf die Vorgeschichte dieser Entdeckung zu werfen. Jeder Schulknabe weiß heute, daß der unbezwingliche, Adamas, wie ihn die Alten mit Recht genannt haben, weil er alle Steine ritzt, ohne von irgend einem derselben angegriffen zu werden, für den Chemiker nichts anderes ist, als – bloße Kohle im dichtesten, krystallisirten Zustande. Und doch ist sein Werth nicht ein blos auf seiner Seltenheit beruhender, lediglich eingebildeter, denn der Diamant besitzt wirklich auch innere Eigenschaften, die ihn an die Spitze aller Edelsteine stellen. Wir hörten eben, daß er der härteste aller Steine sei, und neulich (Seite 11 dieses Jahrgangs) erfuhren wir, daß er unter allen Stoffen am stärksten phosphorescirt, nämlich unter gewissen Bedingungen mit der Helligkeit einer brennenden Kerze. Ebenso lenkt er den Lichtstrahl mit einer stärkeren Kraft, als irgendein anderer Stein, von seinem Wege ab und erzeugt dadurch, indem er die Farbenantheile des weißen Lichtes sondert, das herrlichste Farbengefunkel, welches es geben kann, wenn ein geschickter Schliff dem Lichte zahlreiche Einfallsflächen neben einander verschafft hat.

Außer einigen stark mit Blei oder Thallium – einem durch die Spectralanalyse entdeckten Metalle – versetzten Glasflüssen, aus denen man falsche (Simili-) Brillanten herstellt, zeigen ein so starkes Lichtbrechungsvermögen nur noch einige sehr kohlenstoffreiche organische Substanzen, namentlich viele ätherische Oele, und aus dieser Uebereinstimmung schloß bereits Newton, daß auch der Diamant einen brennbaren Stoff enthalten müsse.

Von dieser Vermuthung ausgehend, veranlaßte der Großherzog Cosimo der Dritte von Toscana im Jahre 1694 durch Hergabe einiger Diamanten die Naturforscher seines Hofes zu Florenz, den unbezwinglichen einmal im Focus eines großen Brennspiegels der Feuerprobe auszusetzen, welche er – nicht bestand. Hier, wo allerdings auch Gold und Silber wie Wachs schmolzen und sich verflüchtigten, bekam der Stein alsbald Risse, erglühte unter Funkensprühen und verschwand. Es war ein fürstlicher Versuch, welchen Kaiser Franz der Erste 1750 in Wien wiederholen ließ. Am leichtesten geht die Verbrennung in einem Behälter mit reinem Sauerstoffgase vor sich, wobei man zugleich das Verbrennungsproduct sammeln kann, und begüterte Chemiker wiederholen dieses historische Experiment jetzt wohl alljährlich in ihren Vorträgen. Als ich vor achtzehn Jahren bei dem berühmten Mitscherlich (gestorben 1863) in Berlin Chemie hörte, ging der zum Feuertode bestimmte Diamant mit den anderen Brillanten des Professors Tags vorher unter einer Glasglocke im Hörsaal herum, und wir wurden aufgefordert, Studienfreunde anderer Disciplinen, die einen sehr seltenen und berühmten Versuch sehen wollten, in den geräumigen Hörsaal mitzubringen. Es war aber nicht viel dabei zu sehen, und die Verbrennung eines Stückchens gewöhnlicher Holzkohle, einer Uhrfeder, eines Schwefel- oder Phosphorstückes in Sauerstoff ist unendlich glanzvoller. Lavoisier, der in der französischen Revolution der Guillotine geopferte Reformator der Chemie, wies nach, daß der Diamant sich bei dieser Verbrennung in dieselbe Luftart verwandelt, die wir beständig ausathmen und welche Champagner und Selterwasser moussirend macht, in den hauptsächlichsten Bestandtheil unseres Schornsteinrauches, in – Kohlensäure. So ergab sich, daß der Diamant aus gemeinem Kohlenstoff besteht; und daß neben ihm kein weiterer wesentlicher Bestandtheil vorhanden ist, hat später der englische Chemiker Humphry Davy dargethan.

Der Kohlenstoff theilt mit manchen anderen Elementarstoffen die Eigenthümlichkeit, in verschiedenen Modificationen aufzutreten. Die ursprünglichst bekannte Form ist diejenige, in welcher er bei unvollkommener Verbrennung (Verkohlung) der organischen Körper, deren Hauptbestandtheil er bildet, zurückbleibt, weil sich nämlich die anderen Grundbestandtheile derselben leichter und schon bei niedrigerer Temperatur mit Sauerstoff und unter einander zu flüchtigen Verbindungen vereinigen, als er selbst. Auch die Torf-, Braunkohlen- und Steinkohlen-Bildung ist eine solche langsame Verbrennung, deren Product im Allgemeinen um so reicher an reinem Kohlenstoff zu sein pflegt, je älter die Fundschicht und je weiter damit die langsame Verbrennung der organischen Substanz fortgeschritten ist. Ein mehr oder weniger reiner Kohlenstoff einer zweiten Modification findet sich in Gestalt undurchsichtiger bleigrauer, metallglänzender Krystalle oder Schuppen an vielen Orten der Erde; es ist der sogenannte Graphit oder das Reißblei, aus welchem unsere Bleistifte und feuerfesten Tiegel gemacht werden und welcher außerdem in den Künsten und Gewerben vielfache Anwendungen erfährt.

Der Graphit ist von der gewöhnlicher Kohle jedoch wesentlich nicht nur durch seine krystallinische Gestalt, sondern auch in seinen chemischen Eigenschaften verschieden; er ist ein anderer Zustand derselben, wie der rothe Phosphor der schwedischen Zündhölzer ein weniger feuergefährlicher und weniger giftiger Zustand des gewöhnlichen Phosphors ist. Gleichwohl gelingt es nicht nur, gewöhnlichen weißen Phosphor in rothen, sondern auch gewöhnliche Kohle in Graphit umzuwandeln, indem man sie in geschmolzenem Gußeisen auflöst und daraus herauskrystallisiren läßt. Der Ueberschuß scheidet sich beim Erkalten aus dem Gußeisen als Graphit ab und war schon längst als sogenannter Eisenschaum oder Gahrschaum der Hochöfen bekannt. Sollte man nun, so fragten sich die Chemiker seit mehr als einem halben Jahrhundert, nicht den Diamanten ebenso wohl wie seinen rußigen Bruder, künstlich herstellen können? In der That, dieser Gedanke hat nichts Abenteuerliches. Da der Diamant, abgesehen von den zufälligen Beimengungen, die ihn öfters färben oder trüben, nichts als klare, krystallisirte Kohle ist, warum sollte man nicht jede Kohlensorte, wie die Chemiker sagen, „umkrystallisiren“ lassen können? Es handelt sich hier nicht um die Umwandlung des einen Elementes in ein anderes, wie bei der Alchemie oder Goldmacherkunst, sondern einzig darum, einen gegebenen, überall in Masse vorhandenen Stoff zur Krystallisation zu bringen.

Es giebt für dieses Ziel, wie in dem obenerwähnten Artikel

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_338.jpg&oldid=- (Version vom 27.5.2021)