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Seite:Die Gartenlaube (1880) 210.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

Je nach den Bodenverhältnissen, nach den Eigenthümlichkeiten des Klimas, nach den Besonderheiten des Marktes und der vorhandenen Arbeitskräfte und sogar nach den eigenen ganz persönlichen Verhältnissen des Bewirthschaftenden muß die Gestaltung des Betriebs sich richten.

Es kommt dabei, wenn auch in beschränkterer Weise, das Gesetz der Arbeitstheilung zur Geltung, durch welches unsere Gewerbe zu so großer Blüthe gebracht sind. Die Körnerwirthschaften nehmen nur noch einen bescheidenen Platz ein; die Erzeugung thierischer Producte ist, dank der durch die Blüthe der Industrie hervorgerufenen größeren Consumtionsfähigkeit der Bevölkerung, überall zu größerer Bedeutung gekommen. Manche moderne Wirthschaft legt – um von denen nicht zu reden, welche in unmittelbarer Nähe sehr consumtionsfähiger Städte einen fast gärtnerischen Betrieb eingerichtet haben – viel Nachdruck auf die Production von Handelsgewächsen. Eine viel größere Zahl sucht ihre hauptsächlichste Aufgabe in der Cultur und Verarbeitung derjenigen landwirthschaftlichen Rohproducte, auf welche in neuerer Zeit eine so blühende landwirthschaftliche Industrie begründet ist. Die Zuckerfabriken und Spiritusbrennereien sind aus der Stadt auf das Land verlegt worden; denn es ist viel leichter, das fertige Fabrikat nach der Stadt zu transportiren, als das Rohmaterial. Die Thatsache, daß diese beiden Fabrikationszweige der Reichscasse jährlich mehr als hundert Millionen Steuer beitragen, illustrirt ihre Bedeutung. Auch Stärkefabriken, ja selbst Brauereien sind vielfach auf dem Lande errichtet worden, und die Zahl der Flachsbereitungsanstalten hat sich in einigen Gegenden sehr vermehrt. Jede solche in sich werthvolle Acquisition ist zu einer Zeit, wo der Production von Körnern und Fleisch eine so gefährliche Concurrenz aus fernen Ländern erwachsen ist, freudig zu begrüßen.

So hat sich denn nicht nur in ihrem inneren Getriebe, sondern auch in dem durch die Wirthschaftsorganisation bedingten äußeren Gewande die deutsche Landwirthschaft im Laufe dieses Jahrhunderts gewaltig geändert, und man darf ohne Ueberhebung behaupten, daß in intellectueller Beziehung die deutsche Landwirthschaft heute gegen die keines einzigen andern Landes zurücksteht.

Der hohen Bedeutung, welche die Landwirthschaft für den Staat hat, wie den gesteigerten intellectuellen Anforderungen, die man wenigstens an diejenigen Landwirthe stellen muß, in deren Besitz sich größere Landgüter befinden, scheint es zu entsprechen, daß man in neuerer Zeit an einigen Universitäten Einrichtungen getroffen hat, um an dieser Stelle auch die höchste wissenschaftliche Ausbildung junger Landwirthe zu übernehmen. Unsere Abbildung zeigt das neue landwirthschaftliche Institut der Leipziger Universität, mit welchem den in großer Zahl hier studirenden Landwirthen ein eignes Daheim gegeben ist.

In dem hohen Parterre des Gebäudes befindet sich das mit allen technischen Hülfsmitteln der Neuzeit ausgerüstete agriculturchemische Laboratorium, welches auf dem Südostflügel mit einem Gewächshause verbunden ist. Zwei große Arbeitssäle, der eine für Anfänger, der andere für Geübtere, enthalten zusammen 36 Plätze für die Praktikanten. Daneben findet sich eine Reihe von kleinen Zimmern, jedes für sich völlig abschließbar, welche Gelegenheit bieten, besondere Richtungen bei der Forschung zu cultiviren. Die mittlere Etage umfaßt eine größere Zahl von Arbeits- und Sammlungsräumen mannigfacher Art, wie dies den vielseitigen wissenschaftlichen Beziehungen der Landwirthschaft entspricht, und außerdem, was sonst an räumlicher Einrichtung nöthig ist: Auditorien, Lesezimmer, Bibliothek, Conferenz- und Examenzimmer, Expedition etc. An den vorhandenen 12 Arbeits- und Sammlungsräumen haben 7 Professoren Antheil, die den Unterricht, welcher in den nahegelegenen mineralogischen, geologischen, physikalischen, zoologischen, chemischen, physiologischen, veterinärklinischen und botanischen Instituten der Universität ertheilt wird, in der Richtung der Landwirthschaft zu ergänzen berufen sind. Die landwirthschaftliche Abtheilung hat ebenso wie die agriculturchemische ein großes in der Korbform gebautes, zu demonstrativen Vorlesungen besonders geeignetes Auditorium. In der zweiten Etage des Gebäudes haben der Director des landwirthschaftlichen Instituts und der des agriculturchemischen Laboratoriums und in dem Aufbau noch ein Assistent und der Castellan Wohnung erhalten.





Ostern in Rom.


Was die Ostern für das kirchenstaatliche Rom waren, sind sie heute nicht mehr. Mit den christkatholischen Osterprocessionen und Schauspielen hat es ein Ende; man pilgert nicht mehr singend, schreiend und musicirend durch die Straßen und über die Plätze der ewigen Stadt; jenes Gepränge und sinnenberauschende Festtagstreiben, das gestern dem römischen Volke noch unentbehrlich erschien, bildet heute kaum mehr als eine nebelhaft verschwommene Erinnerung, und all die heiligen Standarten und Siegestrophäen der „Alleinseligmachenden“, die bordenschweren Baldachine, die gold- und blumengestickten Fahnen der Bruderschaften, der Purpur und die edelsteinblitzenden Agraffen der Cardinäle sind in Gefahr, ein Fraß des Staubes und der Motten zu werden.

In den größten Basiliken, Sanct Peter, Santa Maria Maggiore und San Paolo, finden feierliche Pontificalämter nicht mehr statt; kaum daß man in irgend einer entlegenen Seitencapelle während der Passionswoche gegen Abend ein leise gemurmeltes Miserere vernimmt, dessen elegischer Widerhall über den prächtig cassetirten Bogen des dunklen Raumes selbst nicht zu dringen vermag. Mit den vielstimmigen, nach allen Regeln der Kunst ausgeübten Chormessen und symphonischen Gesängen ist es zu Ende, und so mancher musikalische Gourmand sieht sich seit 1870 um seinen liebsten Ohrenschmaus betrogen. Die Peterskirche, in der früher ein so geräuschvolles Osterleben herrschte, nimmt sich jetzt um jene Zeit wie ein Museum aus, in dem man gaffend auf- und niederschlendert. Vornehme und gemeine Müßiggänger, Prälaten und Bettler, Damen der Aristokratie, Grisetten – neben vielen soliden noch viel mehr zweideutige Existenzen spazieren und kokettiren hier auf und nieder und – interessiren sich für die aufgehäuften Kunstwerke. Für acht Tage giebt sich hier die große und kleine Gesellschaft jenes Stelldichein, dem sonst nur die duftigen Schattengänge des Pincio geweiht sind.

Aber wie allenthalben nach dem Goethe’schen Wort „bald allein ist, wer sich der Einsamkeit ergiebt“, so geht der Einfluß des kirchliche Roms immer weiter zurück, je enger der Vatican sich in seine Schmollwinkel drückt und dem Volke seine vielbestaunten geistlichen Ausstattungsfeststücke vorenthält. Das Volk von Rom will seine Festfreuden haben, und was die Kirche ihm nicht mehr bietet, sucht es in unheiliger Neugierde anderswo. Denn Langeweile erträgt der Südländer einmal nicht, auch um der römisch-katholischen Religion willen nicht, ohne die er im Uebrigen nicht gedacht werden kann.

So möge denn der Leser uns hinausbegleiten in die Campagna, um an einem Beispiel zu sehen, wie sich das moderne Rom zu Ostern amüsirt.

Die goldene Frühlingssonne, ein tiefblauer wolkenloser Himmel und die weiche Luft verlockender Lenztage bringen in der ewigen Stadt Alles auf die Beine. Dicke Staubwolken erheben sich über dem ungeheueren Foro. Aus allen Richtungen wälzen sich Menschenmassen auf die weltberühmte Straße, die sich seit mehr als anderthalb Jahrtausend unvergänglich unter den Triumphbögen des Titus und Constantin hindurchzieht. Wir sehen Wagen an Wagen in unabsehbaren Reihe sich drängen. Seit Jahrhunderten ist das Volk nicht mehr hinausgezogen zum Circus des Romulus, wie hier kurzweg der Circus Maxentius genannt wird. Heute erwacht das alte Rom wieder; man findet wieder Freude und Genuß an den uralten Wettkämpfen der Wagenlenker, an dem verwegenen Ringen kühner, todesmuthiger Reiter. Und das ist der moderne Römer; gestern noch als sedario (päpstlicher Sesselträger) mit der Centnerlast des schmeerbäuchigen Pontifex auf dem Rücken oder mit dem Weihwedel und dem Wachslicht im Zug psalmodirender Mönche, und heute lebenskeck und fröhlich in das halsgefährliche Gedränge von Fußgängern, Wagen und Reitern sich stürzend, das die Via Appia hinunterfluthet.

Am Eingange des Circus hält das Riesengrabmal der Cäcilia

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_210.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)