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Seite:Die Gartenlaube (1878) 778.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


Der Bruder Kellermeister meint’:
„Der Nachgeschmack mir anders scheint;

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Leer’ bis zum Grund ich den Pokal:

Nach Eisen schmeckt’s, es schmeckt nach Stahl.“

Der meinte dies und jener das.
Sie saßen bei dem vollen Faß,
Doch immer zu Verdruß und Qual;

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Der sprach von Leder, der von Stahl.


Doch darin waren Beide eins,
Es sei dies eine Art des Weins,
Für die kein langes Lagern pass’. –
Sie tranken leer das ganze Faß.

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Und als am leeren Faß man stand,

O, wißt ihr, was man drinnen fand?
Ein kleiner Schlüssel, welcher hing
An einem kleinen Lederring.

„O Bruderherz, wer that uns das?

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Das that gewiß der Satanas,

Und dieser Schlüssel, wie ich mein’,
Das muß der Höllenschlüssel sein.

Der Herrgott gab den Wohlgeschmack;
Der Teufel trieb den Schabernack.“ –

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Sie trugen an des Stromes Rand

Das Schlüss’lein sammt dem Lederband.

Und wo am tiefsten war der Rhein,
Da senkte beides man hinein,
Damit kein Menschenkind hinfür

60
Im Weine Stahl und Leder spür’. –


Wo seid ihr, fromme Mönche, ach,
Vom alten Kloster Eberbach?
Der Welt, im Sündenpfuhl verderbt
Habt ihr die Zunge nicht vererbt;

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Sie schlürft – o, welch ein Mißgeschick! –

Ein schnöd’ Gebräu der Weinfabrik
Und merkt es nicht im stumpfen Sinn:
Der Höllenschlüssel liegt darin! –

Dies Stücklein fiel dem Sänger ein,

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Als man bewirthet ihn mit Wein,

Auf welchem „Eberbacher“ stand. –
Zu Leipzig war’s im Sachsenland.

Emil Rittershaus.     




Coca und Pentsao.
Für das schwarze Buch des modernen Heilschwindels.

Kaum wird man heutzutage eine Annoncenbeilage unserer Zeitungen und Journale öffnen können, ohne den beiden Zaubermitteln unserer Ueberschrift zu begegnen, die zu den häßlichsten Zeichen unserer Zeit gehören. Goldberger, Hoff und Daubitz, diese gelehrigen Schüler des großen Barnum, versprachen doch nur den menschlichen Körper, wo er schadhafte Stellen zeigt, ein wenig aufzubessern, die amerikanischen Doctoren Sampson und Alvarez im Vereine mit den deutschen Apothekern Strauß und Tiedemann versprechen ihn von Grund auf zu verjüngen. Sehen wir uns denn diese neueren, von der Unsterblichkeit der menschlichen Thorheit zeugenden Mittel etwas genauer an!

„Dem Coca-Gebrauche,“ beginnt eine dieser Annoncen, „schreibt Alexander von Humboldt das totale Fehlen von Asthma und Tuberculose auf den Anden zu, und die Koryphäen der Wissenschaft aller Länder sind darin einig, daß keine Pflanze des Erdballes so glückliche Heilwirkungen auf die Organe der Athmung und Verdauung mit so enormer, constanter Kräftigung des Nerven- und Muskelsystems vereinigt, wie eben die Coca. Obige Präparate, für die verschiedenen Krankheitsgruppen verschieden combinirt …, sind das Endresultat gründlicher Studien und Versuche Dr. Sampson’s, des direct dazu veranlaßten Schülers Alexander von Humboldt’s. Humboldt’s Empfehlung Ehre machend, bewährte sie sich seit vielen Jahrzehnten (eclatanteste Dankschreiben Geheilter) selbst in verzweifelten Fällen“ etc.

So zieht die vor keinem Mittel zurückschreckende Reclame selbst einen der erhabensten Namen der deutschen Wissenschaft in ihr zweifelhaftes Geschäft, und ohne Zweifel mit gutem Erfolge, denn gewiß werden sehr viele Leute glauben, eine so directe Bezichtigung könne nicht aus der Luft gegriffen sein, Humboldt habe wirklich seinen Apostel Sampson beauftragt, die Welt mittelst der Coca von allen ihren Leiden und Schwächen zu befreien, und seine Präparate ausdrücklich empfohlen. Es handelt sich aber in diesem Falle um nichts Anderes, als um einen unsaubern Mißbrauch seines reinen Namens. Humboldt hat mit der Coca nichts weiter zu schaffen gehabt, als daß er, wie so viele andere Besucher Südamerikas, den Gebrauch der Cocablätter als eines narkotischen Genußmittels von der Art des Kautabaks beschrieben hat, natürlich ohne dasselbe für ein Universalheilmittel zu halten oder zu erklären.

Die alten Bewohner Perus und Bolivias, sowie anderer Theile Südamerikas, sind dem Cocagenusse seit uralten Zeiten in dem Maße ergeben, daß sie die getrockneten Cocablätter sammt etwas Kalk immerfort in einer Tasche bei sich führen und lieber Speise und Trank, als das „goldene Kraut“ entbehren, wie etwas Aehnliches auch bei eingefleischten Rauchern vorkommt. Mit dem Cocabissen im Munde betreten sie ohne Keuchen die steilen Pfade der Anden, legen weite Strecken zurück, ohne die Wirthshäuser zu vermissen, und erheben sich nach den allgemein eingeführten Ruhepausen für den Cocagenuß munter zu der schweren Arbeit in den Bergwerken. Der Jesuit Don Antonio Julian dachte daher schon im Jahre 1670 daran, mittelst der Coca die unlösbare „sociale Frage“ zu lösen, indem er den europäischen Regierungen rieth, ihren Unterthanen Coca zugänglich zu machen; dann würde sie Hunger, Durst und Kälte nicht verspüren und mit Gleichmuth die schwerste Arbeit verrichten. Aehnliche sonderbare Philanthropen und Weltbeglücker sind öfter auf diesen Vorschlag zurückgekommen, indessen hat ein näheres Studium immer wieder gezeigt, daß der Cocatraum doch auch seine großen Schattenseiten hat, und daß „die Pflanze“ – so heißt das Wort: Coca auf deutsch – sich in Europa nur dazu eignet, auf Kosten Leichtgläubiger einige Schlauberger reich und glücklich (?) zu machen.

Es ist nicht uninteressant und jedenfalls sehr lehrreich, zu bemerken, wie nun obige Reclame scheinbar von Erfahrungssätzen und Thatsachen ausgeht, um auch diejenigen in ihr Netz zu locken, die schon etwas mehr von Humboldt und dem Cocastrauche wissen. Die circa 8000 Fuß und höher belegenen Abhänge und Hochthäler der Anden, in denen man auf Felsterrassen, wie bei uns den Weinstock, die Coca, einen etwas über mannshohen Strauch mit glänzend dunkelgrünen eirunden Blättern und unscheinbaren Blüthen, anbaut und verwendet, zeichnen sich zugleich durch die Seltenheit der Schwindsucht unter ihren Bewohnern aus, die am Fuße der Anden ziemlich häufig vorkommt. Da es somit feststeht, daß Coca und Schwindsucht nicht neben einander gedeihen, so schob man flugs dem Cocagenusse das Verdienst daran zu, mit um so größerem Anschein von Recht, als auch Tschudi berichtet, daß die Bergsteiger sich mittelst Coca die Athembeschwerden vertreiben. Sorgsam verschwiegen wird, daß in der amerikanischen Ebene am Fuße der Anden trotz des leidenschaftlichsten Cocagenusses die Schwindsucht häufig vorkommt, und daß anderseits auch hochgelegene Gegenden anderer Welttheile, wo der Wunderstrauch nicht wächst und gänzlich unbekannt ist, dennoch ebenfalls schwindsuchtsfrei sind. Humboldt schrieb bereits diese günstige Wirkung hochgelegener Wohnorte auf die Athmungsorgane der dünneren Luft zu und interessirte sich lebhaft für die kurz vor seinem Tode in’s Dasein gerufene Bergcurorte für Brustkranke. So viel über die Universalheilkraft der Coca gegen Brustleiden, um nun zu ihrer Magen, Muskeln und Nerven stärkenden Zauberwirkung überzugehen.

Die Coca ist ein narkotisch-erregendes Genußmittel, wie Thee, Kaffee, Tabak, Hanf, Betel, Opium u. dergl. m., sie erhöht die Nerven- und Gehirnthätigkeit in einem erheblichen Grade, läßt Müdigkeit, Hunger, Durst und körperliche Anstrengungen vergessen oder weniger empfinden und führt, wie alle diese Mittel, einen vorübergehenden Zustand großer Behaglichkeit herbei, so daß es ganz erklärlich ist, weshalb ihre Verehrer ihr mit Leidenschaft zugethan sind. Aus dem Umstande aber, daß der Cocagenuß den armen Indianer und Bergmann Hunger und Durst vergessen läßt und ein vorübergehendes Gefühl von Kraft erzeugt, schließen zu wollen, die Coca sei ein ausgezeichnetes ernährendes, Verdauung und Magen stärkendes Mittel, das ist mehr als naiv. Es ist nur zu bekannt, daß umgekehrt alle narkotischen Genußmittel mehr oder weniger zunächst die Verdauung und Ernährung stören, eine Wirkung, die am regelmäßigsten nach dem Opiumgenusse auftritt,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 778. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_778.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)