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Seite:Die Gartenlaube (1877) 660.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)

Lehrlingen auszubreiten und ihre Begierden zu entflammen. Mit nichten kann von der Gesetzgebung, der Staatsverwaltung, der Wissenschaft die ganze Arbeit allein vollbracht werden, sondern durchaus müssen die umsichtigeren und regsameren Elemente der Gesellschaft, welcher von jener Seite aus erbitterter Krieg gemacht wird, allmählich die wirtschaftlichen Grundlehren sich aneignen und sich in den Stand setzen, auf ihrem Platze ihren Mann zu stehen in diesem wichtigsten Culturkampfe, und so gewissermaßen eine geistige Landwehr bilden gegen socialdemokratische Unterjochung.“

Möge jeder mannhafte deutsche Bürger die Bestrebungen des „Centralvereins“ nach Kräften fördern und jede Redaction, welche es redlich mit dem Volke meint, von der „Social-Correspondenz“, deren geistige Leitung dem unermüdlichen Dr. Victor Böhmert und Arthur von Studnitz anvertraut worden ist, den ausgiebigsten Gebrauch machen, jeder dazu Befähigte aber auch beitragen, daß die Rüstkammer der Kämpfer allezeit frisch und kräftig versehen sei. Man benutzt zur Bestellung, wie zur Einsendung von Beiträgen die Adresse der „Redaction der ,Social-Correspondenz’ in Dresden, Lüttichaustraße 9.“ – Eine Ausgabe für’s Publicum erscheint acht Tage nach der nur für Zeitungen bestimmten im Preise von 1 Mark 60 Pfennig vierteljährlich.


Ein Wink für Alle. Wie fester Wille oft allein im Stande ist, ein Uebel im Keime zu unterdrücken, mögen nachstehende Zeilen beweisen! Als wir vor einigen Jahren in einem thüringischen Gebirgsstädtchen übernachteten, erweckten uns früh vor Tage gellende Hustentöne, welche ununterbrochen eine Stunde lang andauerten. Am nächsten Morgen wiederholte sich der gleiche Fall, und wir erfuhren bei unserer Nachforschung, daß die junge Wirthin selbst seit Monaten mit diesem starken Husten behaftet sei. Sie habe alle Thees getrunken, Alles probirt, aber nichts wolle helfen.

„Ja,“ warfen wir ein, „Sie selbst scheinen aber auch nicht das Mindeste zur Heilung beizutragen. Sie pressen den Husten förmlich heraus; warum suchen Sie den Reiz nicht etwas zu unterdrücken?“

„Das hat mir noch Niemand gesagt,“ war die Antwort, „ich glaubte im Gegentheil immer, man müßte sich recht aushusten.“

Diese im Volke leider sehr verbreitete, von Grund aus falsche Ansicht muß die gefährlichsten Folgen herbeiführen. Die physikalische Untersuchung der betreffenden Frau zeigte, daß die eine Lunge schon in einem hohen Grade in Mitleidenschaft gezogen war, und sicher würde bei einer Fortdauer des jetzigen Zustandes diese bald vollständig zerstört worden sein. Eine leicht erklärliche Wirkung. Es ist allerdings angenehmer, bei einem Kehlkopfkatarrh dem Kitzel im Halse nachzugeben und zu husten, bis endlich glücklich etwas Schleim gelöst ist, aber jeder Hustenstoß bewirkt eine Verschlimmerung. Nerven und Muskulatur gewöhnen sich mehr und mehr an den neuen Reiz, und ein stärkerer Blutzufluß nach dem Kehlkopf bedingt eine Verstärkung des Katarrhs. Letzterer pflanzt sich dann auf die Luftröhre fort und bewirkt so die gefährliche Beteiligung der Lungen. Es wird uns zwar entgegnet werden, das Unterlassen des Hustens sei leichter gesagt als gethan; anfänglich kann auch oft der Reiz sehr schwer überwunden werden, aber gerade das beginnende Kribbeln im Halse gilt es zu besiegen; gelingt es, so sind nicht nur einige Hustenstöße gewonnen, sondern auch durch die bedeutende Gegenanstrengung dem falschen Nervenreiz energisch entgegengearbeitet. Unsere Wirthin ist das beste Beispiel für die Wahrheit des Behaupteten. Den andern Morgen schon bekämpfte sie erfolgreich den gewohnten Hustenreiz, und bei meiner Wiederkehr im nächsten Jahre war nichts mehr von der früheren Erkrankung zu bemerken. Die größte Berücksichtigung verdient aber das Gesagte in der Kinderstube. Schon vom dritten Jahre an können die Kleinen bei ernster Ermahnung durch die Mutter sehr gut etwas beitragen, den Reiz zu unterdrücken, und in dem ersten Stadium des Keuchhustens vermag eine strenge Durchführung unserer Methode sogar eine Abkürzung des lang dauernden Verlaufes zu erzielen. Selbstverständlich müssen dabei alle den Katarrh unterhaltenden Momente entfernt werden; nichts ist vor Allem verwerflicher als das immer mehr in die Mode kommende Herumlaufenlassen mit nackten Knieen und Waden nebst kurzem Röckchen. Man bedenke endlich, daß wir uns nicht unter den Hottentotten Südafrikas befinden, und erziehe seine Kinder zu gesunden Menschen, nicht aber zu scrophulösen Halbaffen!

– a–


Beim Auszug.


Bald packen sie das Letzte auf.
Da sagt mir nun der volle Wagen,
Was für des Lebens kurzen Lauf
Wir all für Ballast mit uns tragen.

5
Da stehn und liegen Bett und Schrank

Und Stuhl und Spiegel, Töpf’ und Pfannen,
Und Stiefelknecht und Tisch und Bank –
Es zieht ja Alles mit von dannen.

Ein wüstes Bild! Was seinen Ort

10
Gehabt in Kammer, Küch’ und Zimmer,

Wild liegt es durch einander dort,
Als fänd’s die alte Ordnung nimmer.
Da schaut hervor manch trautes Stück,
Das mich gemahnt an theure Stunden:

15
Das todte Holz, durch Harm und Glück

Wird mit dem Herzen es verbunden.

Noch einmal schreit’ ich auf und ab
Die Räume, die ich lieb gewonnen,
Wo das Geschick mir Manches gab

20
Und Manches ich mit Lust begonnen,

Wo manchen kühnen Hoffnungstraum
Ich sah erfüllen und verschweben.
Es hängt ja fest an diesem Raum
Ein Stück von unserm eignen Leben.

25
Das Letzte, das zur Wanderfracht

Bereit ist, macht das Scheiden linder:
Der Bilder Schmuck, der Blumen Pracht
Und alles Spielzeug meiner Kinder.
Ich war doch hier – wie fühl’ ich’s heut! –

30
Recht oft zu reinem Glück erkoren:

Viel Schönes hat mein Herz erfreut;
Nichts Liebes hab’ ich hier verloren.

Noch einmal grüß’ ich jede Wand:
Euch wird nun neuer Schmuck bekleiden.

35
Der Eltern Bilder in der Hand,

So wend’ ich endlich mich zum Scheiden.
O möge freudiges Gedeih’n
Als unser Dank das Haus belohnen,
Und mögen Alle glücklich sein,

40
Die nach uns diesen Raum bewohnen!
Friedrich Hofmann.



Meine Bitte um eine Nähmaschine für die Lehrerfrau mit fünf Kindern (in Nr. 34) hat theilnehmende Herzen gefunden. Aus vier verschiedenen Orten wurden mir Maschinen eingesandt, und nicht genug damit, sind mir von anderer Seite auch noch Geldmittel zur Verfügung gestellt worden, die es der armen Frau ermöglichen werden, zu der Maschine das nöthige Wintermaterial für die Kleinen anzuschaffen. Vorläufig herzlichsten Dank für all diese Liebesthaten! Mit seinem Namen wird der arme Lehrer kaum öffentlich danken können, denn bekanntlich wird von gewisser schwarzer Seite her – und ich komme darauf noch später zurück – den Volkslehrern in einigen Districten unseres schönen Vaterlandes das Halten und Lesen unserer „unchristlichen“ Zeitschrift geradezu untersagt und zwar unter Androhung disciplinarischer Untersuchung und Bestrafung. Wäre es nicht humaner von diesen Herren Superintendenten – Gott sei Dank, es sind nur wenige – wenn sie, anstatt auf Lehrerconferenzen lange Reden über die Unchristlichkeit der „Gartenlaube“ zu halten, lieber die Jammerwohnungen ihrer Lehrer auf- und die Noth in deren Familien untersuchten, und anstatt schöner Worte und nichts als schöner Worte den Darbenden – Nähmaschinen zu beschaffen suchten? Christlicher als das überflüssige Schmähen der unschuldigen „Gartenlaube“ wäre das jedenfalls. –

E. K.



Nicht zu übersehen.

Mit dieser Nummer schließt das dritte Quartal. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das vierte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Außer der Fortsetzung der im dritten Quartal begonnenen und mit so vielem Beifall aufgenommenen Erzählung

„Teuerdank’s Brautfahrt“ von Gustav von Meyern,

wird mit der ersten Nummer des vierten Quartals eine neue Novelle

„Junker Paul“ von Hans Warring, Verfasser von „Hohe Fluth“,

zum Abdruck kommen. – Eine Aufzählung der uns zahlreich vorliegenden Artikel aus dem Gebiete der Wissenschaft und des gesellschaftlichen Lebens unterlassen wir diesmal und beschränken uns auf die Mittheilung, daß wir uns bei deren Auswahl, wie immer, namentlich durch Rücksichtnahme auf allseitig belehrende und unterhaltende Sujets leiten ließen.




Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

Die Verlagshandlung.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 660. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_660.jpg&oldid=- (Version vom 28.9.2019)