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Seite:Die Gartenlaube (1877) 569.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)


Am erstgenannten Tage, an welchem vor fünfundzwanzig Jahren der junge Julius Otto in Pirna zur Erde bestattet worden war, fand in den städtischen Anlagen daselbst im Beisein vieler Deputationen und Sängervereine die Enthüllung des in edlem Styl ausgeführten, mit einem sehr ähnlichen Relief- Portrait des Dichterjünglings geschmückten Denkmals desselben statt. Hofrath Dr. Julius Pabst aus Dresden hielt die Festrede; nach dem Schlußworte derselben: „So falle denn, verhüllender Schleier, und offenbare, wie deutsche Sänger ihre Dichter ehren“, flossen Thränen über die Wangen des greisen Vaters im Anblicke der wohlgetroffenen Züge des längst heimgegangenen Sohnes und Schaffensgenossen. Auch General-Musikdirector Dr. Julius Rietz ehrte die erhebende Feier durch seine Gegenwart.

Am 30. December 1875 fand aus Anlaß von Otto’s Rücktritt von seinen Aemtern im „Belvedere“ der Brühl’schen Terrasse in Dresden ein solennes Festmahl statt, bei welchem der Gefeierte mit dem von seinem Könige ihm verliehenen Ritterkreuz erster Classe vom Albrechtsorden erschien. Mit Jugendfrische dirigirte er unter Anderen sein von sämmtlichen anwesenden Sängern trefflich gesungenes Lied vom treuen deutschen Herzen. Ein großartiges Fackelständchen vor seiner Wohnung war diesem Feste vorangegangen. Der jetzt bestehende große „Julius-Otto-Bund“ dankt jenen Tagen seine Begründung.

In den grünen und blühenden Anlagen der romantisch gelegenen Bürgerwiese, auf dem Wege, den der Verewigte während langer Jahre zur Zeit seines Sommeraufenthalts in Zschärtnitz und Strehlen täglich zurücklegte, beabsichtigen seine dankbaren Verehrer ihm ein würdiges Denkmal mit seinem Relief-Portrait zu setzen. Manches ist zur Herbeischaffung der hierzu erforderlichen Mittel seitens der Dresdener Freunde und Sänger geschehen, allein es reicht bei Weitem nicht aus; darum auf, Ihr Alle, die Ihr diesseits und jenseits der Meere an den Liedern Julius Otto’s Euch erhebt und erfreut, die Ihr den hellen Edelstein seiner Kunst zu würdigen wißt, tragt Euer Scherflein, ob klein ob groß, rasch und freudig bei, damit bald, neben dem der Vollendung nahen Gustav-Nieritz-Denkmal, das Julius-Otto-Denkmal sich erhebe und Volksdichter und Volkssänger mit ihren zwar uns Lebenden bekannten freundlichen Gesichtszügen auch auf kommende Geschlechter herabblicken und sie mahnen: „Vergeßt der treuen Todten nicht!“

a –.




Die Elektricität als Heilmittel.
Von Dr. med. Pierson.


Es ist wohl schon manchem unserer Leser passirt, daß ihm von dem Hausarzte, den er wegen eines hartnäckigen Nervenschmerzes (Neuralgie) oder irgend eines anderen Nervenleidens befragt hatte, der Rath gegeben wurde, er solle sich „elektrisiren“ lassen. Gewöhnlich ist der Patient von diesem Ansinnen wenig erbaut, denn bei dem bloßen Worte „elektrisiren“ taucht in ihm eine dunkle Vorstellung von einem heftigen Schlage auf, den er einmal in der Schule, bei Gelegenheit der Erklärung der Elektrisirmaschine, oder auch auf einem Jahrmarkte erhalten hatte, wo ein solcher Apparat der schaulustigen Menge gezeigt wurde und wo schließlich auch bei unserem Patienten die Neugierde den Sieg über eine gewisse heimliche Furcht davongetragen und er an seinem eigenen Körper die Wirkungen der Elektricität in der angegebenen Weise erprobt hatte. Natürlich sind derartige Reminiscenzen wenig geeignet, das Vertrauen des Publicums zu der Heilkraft der Elektricität zu erwecken, indessen hoffen wir durch die nachfolgenden Zeilen unsere Leser zu überzeugen, daß die Furcht vor einer elektrischen Cur, wenn sie von einem gebildeten Arzte vorgenommen wird, vollständig unbegründet ist; ehe wir jedoch zur Besprechung unseres eigentlichen Themas übergehen, möchten wir noch darauf hinweisen, daß das sogenannte „Magnetisiren“ mit der medicinischen Wissenschaft im Allgemeinen und der elektrischen Heilmethode im Besonderen nicht das Geringste zu thun hat; letztere beruht auf wohlbegründeten physikalischen Gesetzen, der thierische Magnetismus aber ist lediglich Sache des Glaubens, nicht des Wissens, und liegt deshalb gänzlich außerhalb des Bereiches einer wissenschaftlichen Erörterung.

Betrachten wir nunmehr die verschiedenen Elektricitätsquellen, so haben wir zunächst die bereits erwähnte Reibungselectricität zu nennen, welche in der bekannten, von dem Magdeburger Bürgermeister Guericke im Jahre 1671 construirten Elektrisirmaschine durch Reibung einer Glasplatte an einem mit einem Reibstoff bestrichenen Lederkissen erzeugt wird. Man nimmt nun an, daß durch diese Reibung die in allen Körpern schlummernde Elektricität in der Weise vertheilt wird, daß auf der Glasscheibe die sogenannte positive, auf dem Reibzeuge negative Elektricität sich entwickelt. Setzt man die eine der beiden Elektricitäten durch einen leitenden Körper, z. B. einen Metalldraht, mit dem Erdboden in Verbindung, so häuft sich die entgegengesetzte Elektricität auf der Maschine an und kann durch eine geeignete Vorrichtung, den Conductor, auf den menschlichen Körper übertragen werden. Unser Körper gehört nämlich zu den die Elektricität leitenden Stoffen, wenn er auch ein weit weniger guter Leiter ist, als z. B. die Metalle; man hat berechnet, daß der Widerstand, den der Körper eines einzigen Menschen der Elektricität entgegensetzt, zwei Mal so groß ist, als der des gesammten transatlantischen Kabels; hieraus ergiebt sich, daß die Elektricität einen hohen Spannungsgrad haben muß, um diesen Widerstand zu überwinden, und es erklärt sich somit auch die Erschütterung, welche unser Organismus durch die Einwirkung der mit einer bedeutenden Spannung versehenen Reibungselektricität erfährt.

Eine bedeutend stärkere Wirkung läßt sich durch die sogenannte „Leydner Flasche“ erzielen. Dieselbe stellt ein in- und auswendig nicht ganz bis zum Rande mit Staniol belegtes Glasgefäß dar; der innere Beleg wird durch einen am oberen Ende mit einem Knopf versehenen Messingdraht mit dem Conductor (Leiter) einer Elektrisirmaschine, die äußere Fläche mit dem Erdboden in Verbindung gebracht; es sammelt sich alsdann positive Elektricität auf der Innenfläche, negative auf der Außenfläche der Flasche an. Wird nun dem Knopfe positive oder negative Elektricität mitgetheilt, so verbreitet sich dieselbe über den inneren Ueberzug und in Folge dessen wird an dem äußeren Ueberzug die entgegengesetzte Elektricität entwickelt; die Flasche ist nunmehr geladen; die Entladung findet statt, sobald zwischen Knopf und äußerem Ueberzug eine Verbindung hergestellt wird, wobei unter Funkenbildung die beiden entgegengesetzten Elektricitäten sich vereinigen. Lassen wir also die Entladung durch den menschlichen Körper bewerkstelligen, so erhält man den eingangs erwähnten „elektrischen Schlag“, dessen Heftigkeit von der Stärke der Ladung und der Größe der Oberfläche der Flasche abhängig ist. Kleine Thiere kann man durch eine solche Entladung tödten, aber auch beim Menschen hat man durch die Einwirkung einer Batterie von Leydner Flaschen Lähmungserscheinungen, ja selbst den Tod in ganz derselben Weise und mit demselben Leichenbefunde eintreten sehen, wie man ihn nach Blitzschlag beobachtet. Zu medicinischen Zwecken wurde die Reibungselektricität in früherer Zeit vielfach verwendet, allein wegen der Gefährlichkeit und Umständlichkeit des Verfahrens kam man später mehr und mehr davon ab, zumal da die beiden anderen, gleich zu erwähnenden Formen der Elektricität viel wirksamer und bequemer für die ärztliche Anwendung sind.

Unsere zweite Elektricitätsquelle ist die von dem Italiener Galvani im Jahre 1789 zufällig entdeckte Berührungselektricität, nach diesem später Galvanismus genannt. Dieselbe wird gewöhnlich dadurch erzeugt, daß man zwei durch einen Draht verbundene Metallplatten, z. B eine Zink- und eine Kupferplatte (statt des einen Metalles nimmt man auch häufig ein Stück Kohle) in eine Flüssigkeit, z. B. verdünnte Schwefelsäure, eintauchen läßt. Es entwickelt sich nun auf der Zinkplatte positive Elektricität, welche durch die leitende Flüssigkeit zum Kupfer geht; die negative Elektricität des Kupfers dagegen strömt durch den Draht zu der Zinkplatte. Auf diese Weise entsteht ein continuirlicher

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 569. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_569.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)