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Seite:Die Gartenlaube (1877) 267.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)


Friedrich Wilhelm dem Vierten von Preußen vorzulegen. Sie zögert nicht, diesen in ihrer Seele plötzlich aufgekommenen glücklichen Gedanken mit einer ehrfurchtsvollen Immediatvorstellung von ihrer Hand an den König auszuführen, zugleich um Rücksendung der Vorlagen nach allerhöchster Notiznahme bittend. Aber nun wartet und wartet sie auf die Rücksendung dieser Briefe nach ihrer Meinung eine lange Zeit, doch die Rücksendung erfolgt nicht, ebenso wenig eine Antwort. Sie fürchtet und glaubt, daß nun auch dieser ihr einziger Reichthum ihr verloren gehen könne. Wer so oft und viel, wie sie, des Theuersten verloren hat, ist leicht geneigt zu fürchten, noch immer mehr von Neuem zu verlieren. In ihrer schweren Sorge darum schrieb sie an meinen Vater und fragte, was sie, ohne irgend einen Bekannten oder Freund in Berlin zu haben, den sie um Rath und Hülfe bitten möchte, nun thun könne und solle, um wieder in den Besitz der Briefe zu kommen. Mein Vater rieth ihr, sie möchte einfach noch einmal an den König schreiben und um Rücksendung der Briefe bitten. Dies thut sie in geziemender Form. Und siehe! darauf erhält sie mit umgehender Post ein Handschreiben von der Königin Elisabeth. In dem Schreiben erklärt die Königin im Auftrage ihres königlichen Gemahls, daß dieser für die Mittheilung der handschriftlichen Briefe von W. von Humboldt lebhaft danke, daß der König dieselben der Reihe nach zu lesen angefangen habe und mit großem Interesse zu lesen fortfahre, daß es ihm bisher wegen Mangel an Zeit und Muße nur nicht möglich gewesen sei, mit der Lectüre zu Ende zu kommen, daß er aber gern alle die Briefe vollständig gelesen haben möchte, ehe er sie zurückgäbe, und deshalb die Absenderin ersuche, dieselben noch einige Zeit in seiner Hand zu belassen, da sie dann bald und vollständig in der vorgelegten Ordnung zurückerfolgen sollten. Vorläufig übernehme die Königin gern, in Verbindung mit ihrem Gemahl, als ein Zeichen des Dankes für die Mittheilung der Briefe, der Freundin W. von Humboldt’s, den der König fortwährend hochehre, eine Anweisung auf sechszig Karolins zu übersenden mit der königlichen Zusicherung, daß die Empfängerin auf Lebenszeit eine gleiche Pension alljährlich aus dem Fonds des Schwanenordens erhalten solle.

Kurze Zeit hernach erfolgten mit einem wiederholten königlichen Dankschreiben für die Mittheilung und den hohen Genuß, welcher dadurch dem Könige bereitet sei, die sämmtlichen Briefe wohlgeordnet in der Urschrift an die Doctorin Diede zurück. Diese theilte den Brief der Königin ohne Verzug meinen Eltern mit. Ich selbst habe ihn seiner Zeit gelesen. Voll Dank und Jubel schrieb die Empfängerin dabei an meinen Vater, in ihrem Herzen von dem nun der schwere Sorgenstein wegen des täglich Nöthigen in dieser Welt abgehoben sei, habe sie einen Altar erbaut, auf dem sie jeden Tag, jeden Morgen die Opfer ihres Dankes darbringe, nächst Gott, dem Könige Friedrich Wilhelm dem Vierten und der Königin Elisabeth von Preußen für die durch diese ihr zu Theil gewordene Gnade, welche ihr ein sorgenfreies Alter sichere bis an ihr Lebensende. – Das letztere erfolgte in der Nacht vom 15. zum 16. Juli 1846, nachdem sie einige Zeit vorher beim Hervorholen eines Kleides aus einem Schranke, durch ein Fehltreten auf den Saum des Kleides in ihrer Wohnstube einen unglücklichen Fall auf ebenem Fußboden und dabei einen Bruch des Schlüsselbeines an der Schulter erlitten hatte.

Es ist eine Pflicht der Pietät, daß ich hier auch dankbar der Beweise von theilnehmender Liebe und Freundschaft gedenke, welche der Verstorbenen von der Frau Oberstin Greven zu Kassel, später zu Frankfurt, und von der Frau Majorin Dotmar zu Kassel in früheren Jahren ihres leidenvollen Lebens zu Theil geworden sind. In späteren Jahren bis zu ihrem Ableben erhielt sie gleiche Beweise von der Frau Oberappellationsgerichtsräthin Duysing und ihren Töchtern zu Kassel.

Dies sind wahrhaftige geschichtliche Thatsachen. Wahrhaft indignirend ist dagegen, was in Beziehung auf die Doctorin Diede und ihre Briefe von W. von Humboldt schon bald nach deren erster Veröffentlichung und auch noch späterhin in öffentlichen Blättern verbreitet worden ist, theils zur Verdächtigung und Verunglimpfung des großmüthigen Königs Friedrich Wilhelm des Vierten von Preußen, theils zur Verherrlichung Alexander von Humboldt’s, als ob nämlich nicht der König, sondern Dieser die bezügliche Pension der Doctorin Diede bis an ihr Lebensende gewährt hätte. Dies ist völlig falsch. Ist es doch bekannt genug durch Varnhagen’s Briefwechsel mit Alexander von Humboldt, daß dieser, so groß und berühmt als Naturforscher und Schriftsteller, in Beziehung auf die Freundin seines verstorbenen Bruders seinen Spott trieb, als über „des Pfarrers Tochter von Taubenheim“. Auch ist nicht unbekannt, daß Alexander von Humboldt ihre Briefe an seinen Bruder durch Verbrennen vernichtet und durch diese That gewiß einen wahren Schatz von reichen Zeugnissen eines ungewöhnlich begabten Geistes und Gemüthes, sowie eines in Freud' und Leid viel geprüften weiblichen Herzens und Lebens zerstört hat. Denn wenn Wilhelm von Humboldt nicht wirklich in den zahlreichen Briefen Charlottens einen solchen Schatz gefunden, so hätte er den Briefwechsel schwerlich bis an sein Lebensende fortgesetzt. Die Humboldt’schen Briefe an Charlotte sind bekanntlich nach dem Tode der Letzteren, durch eine Freundin derselben, die bekannte Schriftstellerin Therese, geborene Struve, herausgegeben worden.

Chr. Fr. Melm.




Karlsbad als vorbeugendes Heilmittel.
Von Dr. med. Eduard Hlawacek.


Anknüpfend an den in Nr. 48 der „Gartenlaube“, Jahrgang 1876, mitgetheilten Artikel über Karlsbad, worin hauptsächlich das Vorurtheil über die vermeintliche „Gefährlichkeit“ seiner Heilquellen widerlegt wird, und weil eben dieser Gefährlichkeit wegen auch recht Viele noch glauben, daß man zu Karlsbad erst dann seine Zuflucht nehmen könne, wenn andre Mittel fehlschlagen, wird in Folgendem gerade das Gegentheil behauptet, daß man nämlich Karlsbad so frühe wie möglich in Gebrauch ziehen sollte, als ein in Wahrheit sicher, schnell und angenehm (tuto, cito et jucunde) wirkendes vorbeugendes Heilmittel.

Es wird nun gefragt werden: wann aber soll Karlsbad als vorbeugendes Mittel angewendet werden? Hierauf antworten wir: Ueberall, wo man der erblichen Anlage wegen, oder wegen vorangegangener luxuriöser, sitzender, mit viel geistiger Anstrengung und zu reichlicher Kost verbundener Lebensweise, durch vorangegangenen Aufenthalt in tropischen Ländern etc. einen jener zahlreichen Krankheitszustände befürchtet, gegen welche am häufigsten in Karlsbad Hülfe gesucht wird, als da sind: Gicht in all ihren proteusartigen Formen, Harnsteinbeschwerden, Gallensteine, übermäßige Fettbildung, Leberanschwellung, Hämorrhoidalzustände, der durch mannigfaltige primäre und secundäre Krankheitserscheinungen sich kundgebende Magenkatarrh etc.

Man sagt nun vielleicht hierauf: Aber wozu der Gebrauch von Karlsbad, wenn von all den genannten Uebeln sich keines noch in ausgesprochener Weise zeigt? Das hieße ja gegen einen eingebildeten Feind oder gegen Windmühlen ankämpfen. Und wenn auch Karlsbad in der That kein so gefährliches Heilmittel ist, wie viele noch glauben, so ist es ja widersinnig, ohne ein wirklich vorhandenes Leiden sich vier Wochen lang mit Trinken und Baden zu plagen, sich zu langweilen und obendrein nicht unbedeutende Geldausgaben zu machen. Hierauf nun erwidern wir Folgendes: Es giebt recht viele Menschen beiderlei Geschlechts, welche sich im Ganzen einer zwar leidlichen Gesundheit erfreuen, aber dennoch zu verschiedenen Zeiten mehr oder weniger in mannigfaltiger Weise sich recht unbehaglich fühlen, ohne ein bestimmtes ausgesprochenes Leiden. Es sind dies meistens Menschen aus den wohlhabenderen Ständen, wo in Betreff der Nahrung, ohne Rücksichtnahme auf ein etwaiges Vorwiegen der stickstoffreichen oder stickstoffarmen oder stickstofffreien Nahrungsmittel, überhaupt nur ein Mißverhältniß zwischen der Einnahme und Ausgabe stattfindet, das ist, wo bei sitzender Lebensweise zu reichliche, nahrhafte Speisen und Getränke, namentlich schwere Bierarten, genossen werden. Eine solche Lebensweise aber findet statt fast ohne Ausnahme theils ungezwungen, theils gezwungen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_267.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)