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Seite:Die Gartenlaube (1877) 256.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)


anzuschließen. Für die Durchführung dieses Principes trat nun Demmler, der dem großherzoglichen Hause persönlich nahe stand, mit einer ersten Skizze des Schloßbaues ein, die im Wesentlichen für alle späteren Entwürfe wie für deren Ausführung maßgebend geblieben ist, so daß man ihn mit Recht den Schöpfer des prächtigen mecklenburgischen Fürstensitzes nennen kann.

Mit dem vollen Einsatz seines seltenen Talentes förderte er den Bau zugleich als einsichtsvoller Künstler wie als thatkräftiger Leiter desselben, bis er, in die politischen Kämpfe des Bewegungsjahres 1848 verwickelt, und dadurch in eine schroffe Stellung zu der herrschenden Regierungspartei gerückt, aus dem Staatsdienste entlassen und somit seiner leitenden Stellung beim Schloßbau enthoben wurde. Mit der obersten Führung des Baues wurde nun der Geh. Ober-Baurath Stüler in Berlin betraut, der das Werk unter Beihülfe erprobter Kräfte, wie des Hofbauraths Willebrand in Schwerin und des Geh. Reg.-Raths Zwirner in Köln, welcher Letztere den Entwurf des zu der Schloßkirche hinzugefügten neuen Chors lieferte, zu Ende führte. Vorbild für die Neubauten des Schlosses war in erster Linie das im edelsten Styl gehaltene, unter Franz dem Ersten vollendete Schloß Chambord bei Blois, und wie es heißt, war es namentlich König Friedrich Wilhelm der Vierte von Preußen, der eine Anlehnung an dieses Werk der französischen Früh-Renaissance dringend empfahl, ein Umstand, der bei der endgültigen Entscheidung des Großherzogs den Ausschlag gegeben haben soll. Die Haupttheile des Schlosses wurden im Jahre 1852 unter Dach gebracht, und am 26. Mai 1858, also zwölf Jahre nach dem Beginn des Baues, zog die großherzogliche Familie feierlich in das neue Prachthaus ein.

Ohne hier auf die Einzelnheiten im Aeußeren wie im Inneren des Schweriner Schlosses eingehen zu können, eines Bauwerkes, dessen Herstellung, nebenbei bemerkt, die verhältnißmäßig geringe Summe von 3,240,000 Mark erforderte, wollen wir nur noch bemerken, daß dasselbe wesentlich aus fünf verschiedenen Theilen besteht, welche ein unregelmäßiges, verschobenes Sechseck bilden, und sich, wie unsere Abbildung zeigt, zu einem vollendet schönen Ganzen gestalten. Das durch Styl und Lage des Baues vorherrschende malerische Element, das sich wohl an der Nordostecke am frappantesten geltend macht, beeinträchtigt die monumentale Wirkung desselben in keiner Weise; beide Momente stehen hier vielmehr im schönsten Einklang, und so darf man wohl sagen, daß das Fürstenhaus am Schweriner See für alle Zeiten als ein leuchtendes Muster jener echten und idealen Baukunst hingestellt werden muß, welche auf eine harmonische und einheitliche Wirkung den Hauptaccent legt.




Die letzten Ehren einer deutschen Sängerin. Es war im Juni des Jahres 1854. Die Glocken des Klosters von St. Fernando tönten ernst und feierlich. Ein unabsehbares Menschengewoge wälzte sich durch die Straßen von Mexico. Man hörte Vorübergehende den Namen Henriette Sontag flüstern – den Namen der deutschen Sängerin, die hier so jäh und plötzlich, auf fremder Erde, sterben sollte (17. Juni). Noch vor wenigen Tagen hatte sie mit ihrer wunderbaren Stimme eine Welt begeistert, hatte bei glänzendem Lampenschein mit vollendeter Meisterschaft als „Tochter des Regiments“ die Herzen für sich eingenommen, und heute bewegte sich langsam und schwer der Leichenzug durch die Straßen, der ihre entseelte Hülle zur letzten Ruhestätte begleiten sollte.

Es war wohl kein Herz unter ihren Landsleuten, welches nicht bang und bewegt schlug, wenn es der Frau gedachte, die da unter den Blumen, die in so übergroßer Fülle ihren Sarg deckten, still und für ewig schlummern sollte.

Aus glänzender Sphäre herausgerissen, hatten sie Verhältnisse gezwungen, noch einmal die Bühne zu betreten, und mit dem ganzen Heldenmuth der Gattin und Mutter war sie über den Ocean gesegelt, um zu arbeiten für die Ihrigen. Mit Begeisterung war sie hier begrüßt worden, und als sie zum ersten Male die Bretter betrat – in unveränderter Jugendfrische, mit der anmuthigen Eigenart ihres Wesens, dem Ausdruck der Seelengüte und Tiefe in den lieblichen Zügen – da wollte der Jubel kein Ende nehmen. Der Genius aber mit der Leyer im Arm, der sie an ihrer Wiege so überreich bedachte, er senkte weinend sein Gesicht. Die Blume, die so wunderbar geblüht, sie sollte nicht langsam verwelken; die Saite der Harfe zersprang – und die Seele von Henriette Sontag war bei Gott.

Die Sonne schien hell und glänzend; unermeßlich und blau dehnte sich der Himmel über die Erde. Mir war es in tiefster Seele, als müßte es plötzlich dunkel werden, wo sich der Zug hinausbewegte, als wäre die Fackel, mit der diese große Künstlerseele die Erde erleuchtete, so hell und strahlend gewesen, daß es Nacht werden müsse, nun sie erloschen.

Aber sie sollte nicht allein und einsam zu Grabe gehn – hinter ihrem Gatten folgten ihre deutschen Brüder in Mexico. Da war wohl nicht Einer, der es nicht an diesem Sonntagmorgen als heiliges Bedürfniß empfunden hätte, die Heimath hier zu vertreten. Als der wunderschöne Choral „Wie sie so sanft ruhn, alle die Seligen“, von einigen hundert Männerstimmen gesungen, durch die Kirche brauste, da bebte gewiß das Gefühl durch alle Seelen, daß es gehobene Momente giebt im Menschenleben, Momente, wo Raum und Zeit verschwindet.

Der Sarg wurde in die Gruft gesenkt und ein deutsches Gebet gesprochen. Die feierliche Stimmung, in welcher sich die Menschenmasse nach und nach verlor, hallte noch lange nach in den deutschen Herzen.

Als man die Krankheit und den plötzlichen Tod der berühmten Frau eingehender besprach, da tauchten fabelhafte Geschichten auf, die sich fast zu den grauenhaftesten Verbrechen gestalteten. Man wollte wissen, daß Henriette Sontag nicht an der Cholera verschieden, sondern daß sie vergiftet worden. Unglaubliche Märchen entstanden aus hingeworfenen Worten und flogen von Mund zu Mund. Die deutsche Bevölkerung war so aufgeregt wie nie, und wollte die Sache ergründen.

Gingen ihrem Sterben wirklich so tragische Scenen voraus, wie sie im Publicum verbreitet waren? Was hilft die Frage? Ihr Herz hat ja aufgehört zu schlagen. Die deutsche Gesellschaft, die sich in Mexico ein freundliches Asyl gegründet, hat ihr Bild in ihrem schönsten Saale aufgehängt; ein unverwelklicher Lorbeerkranz umgiebt seinen Rahmen, und unter dem Namen Henriette Sontag stehen die Worte:

„Wo man singt, da laßt Euch ruhig nieder!
Böse Menschen haben keine Lieder.“

Ein deutsches Herz vergißt schwer, was es geliebt, und die Frau, die dort so glänzend und so flüchtig als Meteor geleuchtet, ist selbst bei denn Mexicanern unvergeßlich. Als man einige Monate später ihre Gruft geöffnet und den Sarg herausgehoben, um ihn zur Heimath zu befördern, da waren es wieder unzählige Freunde, die ihn geleiteten.




Adolf Glaßbrenner ist begraben, aber nicht vergessen. Noch leben Unzählige, denen er das Herz erfreut hat und die nicht ohne Beschämung auf den schmucklosen Hügel im Jerusalemer Friedhof blicken, unter welchem ein solcher Volksdichter ruht. Wir sind überzeugt, daß alle Diese es als eine Gelegenheit zur Bethätigung ihres Dankbarkeitsgefühls freudig begrüßen, wenn wir sie darauf hinweisen, daß die „Vossische Zeitung“ am 27. März einen Aufruf veröffentlicht hat, an ihre Expedition Beisteuern zu einem Denkmal für Adolf Glaßbrenner einzusenden, über deren Empfang und Verwendung ein Verein von allgemein bekannten Männern Rechenschaft ablegen wird. Wir bitten auch unsere Leser, jenem Aufruf recht warme Beachtung zu schenken.




Berichtigung. In der Redactionsbemerkung zu dem Artikel Aus den letzten Lebenstagen Beethoven’s von La Mara in Nr. 12 unseres Blattes ist in der Titelangabe des dort erwähnten Buches statt „Charakterköpfe“ zu lesen: „Studienköpfe“.


Kleiner Briefkasten.

B. J. in Posen. Auf Ihre Anfrage, ob und wie es einem jungen Mädchen möglich sei, als Elevin in eine Apotheke einzutreten, können wir Ihnen nach einem Artikel in der Frauenzeitung „Neue Bahnen“, Nr. 24 des Jahrgangs 1876 folgende Auskunft ertheilen. Es ist keine Frage mehr, daß Frauen und Mädchen zur Bereitung von Heilmitteln, wie zum Verkehr mit dem Publicum in Apotheken gut geeignet sind; die Probe dafür ist gemacht worden, wenn auch in Deutschland und der Schweiz dies bis jetzt nur im Kreise der Familie geschehen konnte und hinter dem Rücken des Gesetzes ausgeführt werden mußte, das bei uns den Frauen noch nicht einmal den Zutritt zu den Prüfungen in diesen Fache gestattet. Solche Versuche wurden bis jetzt bei uns fast ausnahmslos in den Familien von Apothekern und Aerzten gemacht. Hier bleibt der Volksvertretung im Reichstag und auf den Landtagen noch eine Aufgabe zu lösen, und zwar nach dem würdigen Beispiel Hollands. Das Apothekerwesen ist, wie die genannte Zeitschrift berichtet, in Holland frei; es werden dort für dasselbe keine Concessionen verliehen; Jeder, der qualificirt ist, kann eine Apotheke errichten: aber die gesetzlichen Bestimmungen für die Erlangung der Qualification sind um so strenger. Für die Qualification giebt es drei Grade: den Grad des Lehrlings, des Gehülfen und des Hauptapothekers. Vom Lehrling fordert man ein Examen in holländischer und lateinischer Sprache, sowie die praktische Fertigkeit, die Recepte technisch auszuführen, vom Gehülfen: Kenntniß der holländischen, lateinischen, deutschen und französischen Sprache, der Mathematik und Algebra. Im sehr strengen Examen wird über Naturgeschichte, Chemie, Botanik, Zoologie, Mineralogie und pharmaceutische Technik geprüft. Der Hauptapotheker hat nach zweijährigem Dienste in einer holländischen Apotheke eine Prüfung in der officinellen Botanik, Pharmakologie und Pharmakodynamik, in der Arzneibereitungskunde und in der Toxikologie zu bestehen.

Schon seit 1865 gewährt das holländische Gesetz auch weiblichen Lehrlingen Zutritt zum Apothekerberufe. Zu ihren Gunsten schuf die Gemeinnützige Gesellschaft Hollands 1868 in Amsterdam eine private Vorbereitungsschule für Apothekerlehrlinge, in welcher im Cursus von 1876 auch vierzig junge Mädchen ausgebildet worden sind. Die meisten fanden sofort auf dem Lande Anstellung. Hat bis jetzt ihre Betheiligung sich auch auf die Lehrlingsstufe beschränkt, so sind sie doch von den höheren Stufen nicht ausgeschlossen, aber auch der Lehrling steht sich in Holland bei freier Station jährlich auf achthundert bis tausend Franken. Die Apotheke würde auch bei uns dem weiblichen Geschlecht einen ebenso passenden wie lohnenden Beruf bieten.

G. W. in Naumburg. Sie thun uns Unrecht, wenn Sie uns vorwerfen, wir hätten irgendwo den blauen Gummibaum zur Zimmercultur empfohlen, um die Luft zu verbessern. Davon ist vielmehr nur in der durch ein Flugblatt verbreiteten Reclame einer Gärtnerei die Rede; unsere Notiz in Nr. 37 vorigen Jahrgangs enthielt nichts dergleichen. Wir theilen im Gegentheil Ihre Ansicht, daß deutsche Wohnzimmer und italienische Sümpfe nicht nach derselben Methode zu behandeln sind, um gesund gemacht zu werden.

J. K. R. in München. Die uns genannte Firma können wir als eine solide nicht empfehlen und müssen Ihnen daher abrathen mit derselben eine Verbindung anzuknüpfen. – „Den alten (?) Onkel“ werden wir, so sehr dies den Wünschen unserer Leser entsprechen würde, aus nahe liegenden Gründen nicht portraitiren und überlassen dies andern Blättern, soweit sie hierin nicht schon vorangegangen sind. – Allerdings ist der von Ihnen genannte Autor eine Zierde unseres Blattes. Sein Schriftstellername ist, wie Sie richtig vermuthen, ein Pseudonym. Er lebt als Privatgelehrter in Berlin.

M. D. in St. Der Verfasser des Artikels „Slavische Osterfeier“ in unserer Nr. 13 ist A. Forstenheim.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_256.jpg&oldid=- (Version vom 3.12.2020)