Verschiedene: Die Gartenlaube (1877) | |
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Händen gut gemischt und unter der Blase ein gelindes Feuer entfacht. Wenn das Wasser heiß zu werden anfängt und Dämpfe aufzusteigen beginnen, setzt man den Helm auf die Blase und verkittet die Fugen gut. Ebenso giebt man kaltes Wasser in das Kühlfaß. Die Vorlage wird angelegt und das Feuer weder zu heftig, noch zu schwach unterhalten. Wenn das geschwängerte Wasser überzugehen beginnt und die Blase sehr heiß ist, vermindert man nach und nach das Feuer und setzt die Destillation fort, bis dreißig Pfund Wasser überdestilirt sind, was gewöhnlich in vier bis fünf Stunden geschieht. Das so gewonnene Rosenwasser wird auf’s Neue auf vierzig Pfand Rosen gegossen wovon man vermittelst Destillation, wie angegeben, fünfzehn bin zwanzig Pfund abzieht. Dieses so gewonnene, destillirte Rosenwasser besitzt, wenn die Rosen frisch und gut waren und die Destillation sorgfältig geleitet wurde, einen sehr starken Geruch. Es wird dann in irdene oder verzinnte Gesäße gegossen und der kühlen Nachtluft ausgesetzt. Das Atar oder Rosenöl scheidet sich hierbei aus der Oberfläche in kleinen, weichen Stückchen oder Tröpfchen ab, welche mit dem Blatte einer Schwertlilie sorgfältig abgenommen werden. Zur Gewinnung von ein Loth Rosenöl sind durchschnittlich achttausend Rosen notwendig.
Blätter und Blüthen.
Wieder Einer dahingegangen. Man schreibt uns aus San Francisco: Die Deutschen in San Francisco haben heute eine schmerzliche Pflicht erfüllt: sie haben die irdischen Reste eines guten und braven Mitbürgers zur Ruhe bestattet. Dr. Ferdinand von Löhr starb in der Mittagsstunde des 28. December. Nur wenige Tage war er durch Bronchitis an’s Bett gefesselt und dadurch an der Erfüllung seiner Pflichten als Bürger und als Arzt gehindert, denen er ein Vierteljahrhundert lang unermüdlich oblag. Nur eine Stunde vor seinem Tode unternahm er noch, Leitartikel für den „California Demokrat“ zu schreiben, doch sein schwacher Körper und das vorgerückte Alter zwangen ihn, die Feder aus der Hand zu legen. Wir beklagen in ihm den Verlust eines der edelsten Männer unserer Stadt, der eine Zierde des Deutschthums in Amerika, ein Vorkämpfer für Volksrecht und Aufklärung war. Heute, am letzten Tage des scheidenden Jahres 1876, bei herrlichem Wetter, haben wir seine schwache Hülle der Mutter Erde übergeben. Nun ruht er aus von seinen irdischen Kämpfen, unfern vom Strande des Stillen Oceans. Der Sarg war reich mit frischen Blumen geschmückt. Das Trauergeleite war, den Verdiensten des Geschiedenen angemessen, groß und würdevoll.
Ferdinand von Löhr war 1817 in Worms geboren, studirte in Gießen Medicin und trat später als Militärarzt in die hessen-darmstädtische Armee ein. Im Jahre 1844 war er Präsident der deutsch-katholischen Gemeinde in Gießen, den Kampf für religiöse und Gewissensfreiheit aufnehmend. Die Wogen freiheitlicher Begeisterung auf politischem Gebiete erfaßten auch ihn, und im Jahre 1848 fand ihn die Revolutionsarmee in ihren Reihen. Seinem Verbleiben in Deutschland war nach dem Verunglücken der Revolution ein Ziel gesetzt; er mußte flüchten, und zu Beginn des Jahres 1849 warfen ihn die Wogen des atlantischen Oceans an die ferne Küste Amerikas, das ihm, dem Sohne der Freiheit, anfänglich als Asyl, als Zufluchtsort aus der geistigen und politischen Unterdrückung Deutschlands diente, doch später ihm zu einer lieben, neuen Heimath wurde. Mit vielen und nicht den unwürdigsten Söhnen Deutschlands traf ihn das gleiche Loos: dort Verbannung für Vaterlandsliebe und der Kampf um Volksrecht und Volkswohl – hier freundliche Aufnahme, persönliche, politische und religiöse Freiheit, ein unbegrenzter segensreicher Wirkungskreis, Arbeit in Hülle und Fülle, allgemeine Achtung und – letzte Ruhestätte. Nachdem er hier längst heimisch geworden und sich bereits einen Ruf als Arzt erworben hatten gelangte zu ihm die Kunde, daß er dieser seiner politischen Verbrechen wegen von mehreren Kriegsgerichten nur dreimal zum Tode und zu einhundertundsechs Jahren Festungsstrafe verurtheilt worden. Mit welchem Jubel er diese Nachricht empfing, braucht nicht näher bezeichnet zu werden, im Freundeskreise klangen die Gläser und aus der Kehle Freiheitslieder. Später hat er dieser seiner Verurteilung noch oftmals mit Stolz und Ironie gedacht.
Das Goldfieber im Beginne der fünfziger Jahre trieb auch ihn nach Californien, doch nicht das Gold war der Magnet, der ihn zog, er hoffte vielmehr sich dort schnell eine segensreiche Praxis als Arzt zu gründen. Im Jahre 1852 kann er nach San Francisco und sofort nahm er auch die Gründung einer deutschen Zeitung, des „California Demokrat“ in die Hand. Anfänglich war er Besitzer und Redacteur dieser Zeitung zugleich, das Recht als Besitzer veräußerte er alsbald, doch reservirte er sich das Recht als Redacteur, dessen Pflicht er bis zur letzten Stunde seines Lebens erfüllte. Und gerade in der Ausübung dieses Rechts und dieser Pflicht als Redacteur liegt die hohe Bedeutung und das allgemeine Ansehen, das er sich erworben, denn Jedermann muß von ihm sagen: Er war ein Ehrenmann, durch und durch rechtlich, aufrichtig, furchtlos, ein Freund alles Guten, Wahren und Schönen, ein Feind von Lug und Trug, Falschheit und Schlechtigkeit. In seiner eigenthümlichen Weise, in derber unzweideutiger Sprache schilderte er Personen und Verhältnisse. Eine einmal für recht und gut erkannte Ansicht verfocht er mit Heftigkeit und Energie. Die einflußreichen und mächtigsten Personen oder Parteiführer konnten ihn nicht schrecken, und kein Geld konnte ihn kaufen.
Wohl nie in diesem langen Zeitraume von vierundzwanzig Jahren hat er eine einzige Zeile geschrieben, die nicht seine volle Ueberzeugung wiedergab. Hierdurch gründete er seinen Einfluß auf’s Volk. Ohne Vorurtheil und unbestechlich, nur dem wahren Volkswohle huldigend, geißelte Dr. von Löhr die deutsche Kleinstaaterei, das Zopf- und Bierphilisterthum, die Reaction mit ihren Früchten –- doch war er einer der Ersten, der zur Zeit der Gefahr, als französische Invasion drohte, den Haß gegen preußische Bajonette überwand, und einem einigen Deutschland unter Preußens Führung enthusiastisch das Wort redete.
In gleicher Weise zeichnete er den Deutschen Amerikas die Licht- und Schattenbilder amerikanischer Zustände bekämpfte den Fremdenhaß, begünstigte die Aufhebung der Sclaverei, verdammte den Bürgerkrieg mit seinen Folgen, focht für Ehrlichkeit und Reinheit der Verwaltung und Justiz, bespottete das Muckerthum und Temperanzwesen und stritt mit kräftigen Keulenhieben gegen die in erschreckender Weise um sich greifende Corruption und Gesetzesverletzung der letzten Jahre. Der jüngsten politischen Krise widmete er treffliche Artikel, und in allerletzter Zeit hat er unablässig dem Volke die Gefahr vor Augen gehalten, die in der Usurpation der Staatsstreichler liegt, die an der Wahlurne unterlegen und dennoch ihre Macht durch Betrug und Diebstahl, Constitutionsverletzung und Machtanmaßung aufrecht zu erhalten suchen. Inmitten dieser seiner Pflichterfüllung ereilte ihn der Tod, und seine Feder ruht für immer.
Dem „Deutschen Hospital“ war er Mitbegründer und ältester Arzt. Vielen Leidenden hat er Beistand geleistet. Seine Hülfe in Rath und That stand Jedem offen, er fragte nicht nach Vergütigung. Sein Lohn lag in seiner Brust, in dem Bewußtsein erfüllter Pflicht. Der alte Löhr war ein Sonderling, ein Mann, der wenig auf Aeußerlichkeiten gab, aber in seiner Brust schlug ein warmes Herz, und sein tiefes Gemüth war nur auf gute Thaten bedacht. Arm ist er gestorben, doch reich an Segenswünschen seiner Mitmenschen.
Optische Verstümmlungen. Zur Zeit kann man in der deutschen Reichshauptstadt an drei oder vier verschiedenen Orten Damen ohne Unterkörper bewundern. Die schöne Fatimah, oder wie sie sich sonst nennt, erscheint dem Beschauer als lebendige, auf einem unverhangenen vierbeinigen Tisch placirte Büste, ohne daß er von ihrem Unterkörper die geringste Spur zu erblicken im Stande wäre. Man glaubt ein sehr gelungenes, mit Hohlspiegeln erzeugtes Luftbild vor sich zu haben, da öffnet die „schöne Tscherkessin“ den Mund und ersucht ihren Halbirer sie dem versammelten Publicum „zu erklären“. Mit jener Gewissenhaftigkeit, die den Löwen im „Sommernachtstraum“ so sehr auszeichnet, versichert nun dieser ehrliche Mann, daß die schöne Tscherkessin durchaus nicht ist, was sie scheint, sondern eine fehlerfrei gewachsene Deutsche, daß es zuerst dem Professor Robinson in London gelungen sei, Menschenkinder so zu verstümmeln, und daß Vorzeiger dieses seine sechs- oder gar zehntausend Thaler für die Kunst bezahlt habe. Wir wollen unsern Leser für weniger Geld mittheilen, wie dieses Jahrmarktstück, welches sich anderwärts als Sphinx, redenden Kopf, Enthauptung und dergleichen producirt, gemacht wird. Die ganze Zauberei beruht darauf, daß die Büste oder der Kopf in der Schüssel scheinbar auf einem gewöhnlichen vierfüßigen Tische zu stehen scheint, zwischen dessen Füßen man ungehindert durchblicken zu können glaubt, während doch dieser Unterraum, zur sichern Verbergung der Ergänzungen jener sichtbaren Theile mit undurchdringlichen Spiegelscheiben zugesetzt worden ist. Von den vier Beinen des Tisches wird das eine den Zuschauern zugekehrt und zwischen ihm und seinen beiden Nachbarn sind weiße Spiegelscheiben derartig eingefügt, daß sie von den Füßen und der von der Rahmenkante des Tisches genau eingefaßt werden. Die den Boden berührenden untern Kanten der beiden Spiegel werden den Blicken der Zuschauer durch ein davor gelegtes langes Plakat oder dergleichen entzogen. Dieser Spiegeltisch ist nun derartig auf einen Teppich oder dergleichen mit symmetrischen Mustern aufgestellt, daß diese sich in Folge der Spiegelung regelrecht unter dem Tische fortzusetzen scheinen, woselbst man auch die von seitlichen Coulissen gespiegelte Hinterwand, ja sogar ein gespiegeltes hinteres Tischbein zu gewahren glaubt. Da beide Spiegelflächen unter einem Winkel von circa 45 Grad gegen die Beschauer stehen, so können sich diese in denselben nicht wahrnehmen, und die „Professoren“, die uns auf solchen unverhüllten Tischen irgend welche Wunderdinge zeigen, haben nur nöthig zu vermeiden sich denselben von den Seiten zu nähern oder dahinter zu treten.
Diese ebenso sinnreiche wie einfache Zauberei erinnert mich an ein andres, wahrscheinlich unbeabsichtigtes Spiegelwunder, welches mir im Schlosse von Versailles gezeigt wurde. In einer Saalecke begegnen sich dort mehrere Spiegelscheiben derart, daß man, in einer gewissen Entfernung stehend, sein Spiegelbild ohne Kopf erblickt, wobei man sich, wenn nicht ein auffallender Kleiderstoff die Erkennung begünstigt, gewöhnlich erst durch Armbewegungen überzeugen muß, daß man seiner eigenen Köpfung im Bilde zuschaut. Die viel ausgebeutete Sage, daß sich Marie Antoinette einst in den Tagen ihres Glanzes ohne Haupt im Spiegel erblickt habe, würde hier eine sehr einfache Lösung finden, wenn sie nicht vielmehr, aller Wahrscheinlichkeit nach, erst aus diesem von den Castellanen jedem Fremden gezeigten Spiegelwunder hergeleitet worden ist.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_091.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)