Verschiedene: Die Gartenlaube (1876) | |
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wir das tägliche Brod backen, das für die Ernährung unseres Organismus so wichtig und unentbehrlich ist, so hielt ich es aus einem naheliegenden Grunde für nicht uninteressant, das künstliche Mehl auf seinen Nährwerth zu prüfen. Diese Untersuchung ergab das Resultat, daß nicht der geringste Werth für die Ernährung in dem fraglichen Kunstproducte vorhanden war, denn die mikroskopische und chemische Prüfung ließ beide Muster des Kunstmehls in unzweideutiger Weise als ungeglühten, schwefelsauren Kalk erkennen, dem wohl kein Physiologe eine ernährende Kraft zuschreiben dürfte.
Von Kornmehl oder einer anderen organischen Substanz war nichts darin zu entdecken, und die beiden Muster unterschieden sich nur in Betreff der Feinheit und Farbe. „Kunstmehl Nr. 1“ war sehr fein und schneeweiß, und „Kunstmehl Nr. 2“ besaß bei etwas gröberer Beschaffenheit einen schwach gelblichen Schein.
Besonders beachtenswerth ist der billige Preis des künstlichen anorganischen Mehles im Vergleiche zum Kornmehle. Hundert Kilo Kunstmehl Nr. 1 kosten ab Rotterdam acht Mark fünfzig Pfennige, und dasselbe Quantum von Nr. 2 sieben Mark fünfzig Pfennige. Hiermit vergleiche man die Preise von Roggen- und Weizenmehl, die drei- und viermal so hoch sind, und man wird begreifen, welcher Vortheil erzielt wird, wenn aus Versehen oder aus einer anderen Ursache das Kunstmehl sich mit dem Kornmehle zusammenbegiebt und dann als reines Mehl verkauft wird.
Vielleicht haben wir es hier mit dem nämlichen Kunstmehle zu thun, das vor nicht gar langer Zeit von Holland aus in die Rheinprovinz eingeführt wurde und nun seine Wanderung nach dem Norden angetreten hat, um dort sein Heil oder Unheil zu versuchen.
Es ist nicht anzunehmen, daß derartige Mustersendungen von Kunstmehl sich auf einzelne Provinzen Deutschlands beschränken werden. Man wird sie überall zu verbreiten suchen, und es wird sich dieses Mehl, das nur zur Beschwerung des Magens beiträgt und den Nahrungsgehalt unseres Brodes herabsetzt, doch hier und da Eingang verschaffen.
Es erscheint daher geboten, das Publicum zu warnen, beim Ankauf von Mehl vorsichtig zu sein, zumal auch noch ein anderer Feind im Anzuge ist, der mit seinen gewichtigen, unverdaulichen Massen ebenfalls das tägliche Brod zu verderben sucht. Ich meine den pulverisirten Schwerspath, der sich vorzugsweise in elsässer und französischen Mehlsorten gezeigt hat. In Altbaiern sollen derartig gefälschte Mehle massenhaft zum Verkauf gekommen sein, und haben dort die Districts- und Ortspolizeibehörden bereits Weisung erhalten, Prüfungen vornehmen zu lassen und etwaige Fälschungen des Mehles sofort zur Anzeige zu bringen.
Es ist ein beklagenswerthes Zeichen der Zeit, daß die Verfälschungen der Genuß- und Nahrungsmittel immer mehr um sich greifen. Man fälscht das Mehl, die Milch, die Butter, den Thee, den Kaffee, den Essig, den Pfeffer, den Zimmt und manches Andere, und nur in einigen Städten Deutschlands haben die Magistrate Gesundheitsämter zur Ueberwachung des Handels mit Nahrungsmitteln errichtet.
Es ist die höchste Zeit, daß diesem Unwesen der Nahrungsfälschungen ein Ziel gesetzt wird und die Consumenten vor Betrügereien geschützt werden, da sie außer Stande sind, sich überall selbst davor zu schützen; denn nicht Jeder ist in der Lage, eine chemische oder mikroskopische Prüfung vornehmen zu können oder für die Untersuchung der täglichen Bedürfnisse an Genuß- und Nahrungsstoffen Geld zu opfern.
Adolf Neumann. (Mit Portrait Seite 331.) Den Lesern der „Gartenlaube“ ist der Name Adolf Neumann längst als derjenige eines Künstlers bekannt, dem wir so manches durch lebensvolle Auffassung und Feinheit der Technik ausgezeichnete Portrait verdanken. Sowohl seine Frauen- wie seine Männerköpfe sind seit langer Zeit – schon zweiundzwanzig Jahre hindurch widmet Neumann einen großen Theil seiner Kraft unserem Blatte – eine wahre Zierde der „Gartenlaube“.
Im Hinblick auf diese Leistungen unseres Künstlers und die so überaus freundliche Aufnahme, welche seine Zeichnungen gefunden, darf die Veröffentlichung seines von ihm selbst gezeichneten Portraits in unserer heutigen Nummer wohl als eine vollauf verdiente und von den Freunden unserer Zeitschrift gern gesehene Anerkennung bezeichnet werden. Ebenso, glauben wir, werden einige Daten aus dem äußerlich allerdings sehr wenig bewegten Leben des Künstlers unseren Lesern in der nachfolgenden kurz gefaßten Form nicht unwillkommen sein.
Adolf Neumann wurde am 5. Juni des Jahres 1825 zu Leipzig geboren, wo sein Vater als Colorist thätig war. Die beschränkten, fast ärmlichen Verhältnisse, in denen der Knabe aufwuchs, standen der sich schon frühzeitig in ihm regenden Liebe zur Zeichenkunst wohl in mehr als einer Weise hindernd im Wege, aber sein frisches Talent brach sich dennoch Bahn; denn schon im zwölften Jahre brachten Leidenschaft für die Kunst und ein nimmer müder Ehrgeiz ihn dahin, daß er unter seinen Mitschülern der beste Zeichner wurde. Der damalige Director der Akademie der bildenden Künste zu Leipzig, Veit Hans Schnorr, befand ihn für würdig, das berühmte Institut als Schüler besuchen zu dürfen.
Später kam Neumann in das damals bekannte Atelier von H. Winkles, ebenfalls in Leipzig, um sich der Kupferstecherkunst zu widmen. Hier wurde er sehr bald Herr der technischen Fertigkeiten seiner Kunst und veranlasste durch seine tüchtigen Arbeiten den Meister Lazarus Sichling, später Lehrer und Freund Neumann’s, aus eigener Anregung die weitere Ausbildung des jungen Künstlers zu übernehmen, der schon früh durch den Verlust des Vaters sich schweren Pflichten gegenübergestellt sah, welche namentlich in der ihm anheimfallenden Versorgung seiner mittellosen Mutter und verwaisten Geschwister bestanden.
Dieser Kampf mit des Lebens Noth lähmte indessen nicht Neumann’s künstlerische Schaffenskraft. Im Gegentheile feuerte er ihn zu kräftigerem Streben an. Durch Studien nach der Natur in Aquarell unter der bewährten Leitung des Professor Carl Werner schuf er seinem Schaffen eine realistischere Basis.
Als Kupferstecher ist er vielfach thätig gewesen. Zu den gediegensten seiner Leistungen auf diesem Gebiete gehören wohl Grützner’s „Unfehlbare Niederlagen“, Hoff’s „Rast auf der Flucht“, „Blätter aus der Schillergalerie“, „Ruhmeshalle der deutschen Musik“, „Charakterbäume aus Roßmäßler’s Wald“, die Portraits von Haupt, Liszt, Händel, R. Franz und Andern.
Adolf Neumann’s zeichnerische Leistungen werden vor Allem durch die einfache Weise, mit welcher er ein markiges Portrait in frappirender Aehnlichkeit herzustellen versteht, charakterisirt. Sein Gerstäcker und Benedix, sein Bismarck und Moltke, seine Königin Louise und andere Frauenköpfe, durch die „Gartenlaube“ weithin bekannt, sind überall mit großem Beifall aufgenommen worden und die zwei erstgenannten namentlich als die einzigen getreuen und charakteristischen Portraits dieser beiden Schriftsteller bezeichnet worden. Was die Technik unseres Künstlers betrifft, so hat er durch Anwendung von leichten und einfachen Strichlagen und durch eine seltene energie- und zugleich empfindungsvolle Behandlung der Zeichnung sich um die Kunst des Holzzeichnens ein dauerndes Verdienst erworben.
Die Wacht auf dem Meer.[1]
Ein Gruß an Deutschlands Kriegsflotte.
Melodie: „Es braust ein Ruf wie Donnerhall etc.“
Was zieht dahin durch Wogenschwall,
Umdonnert von Kanonenschall?
Hoch ragt der Mast; das Segel schwillt,
Ob auch die Brandung tobt und brüllt;
Durch Fluthenschaum und Wellennoth
Weht uns’re Flagge schwarz-weiß-roth.
Heil Dir, o Deutschland! – Freudig seh’
Ich mächtig Dich und stark zur See;
Es meldet der Geschütze Mund:
Geeint sind wir zu festem Bund;
Des jungen Reiches Morgenroth
Verkündigt unser Schwarz-Weiß-Roth.
Und ungestraft zeigt nimmermehr
Sich jetzt ein Feind im deutschen Meer;
Ihm, der zu schaden sich bestrebt,
Des Handels Frieden untergräbt,
Verderben uns’ren Küsten droht,
Trotzt kühn die Flagge schwarz-weiß-roth.
Mit Stahl beschient, in Eisenwehr
Zieht uns’re Flotte stark einher;
Doch stärker wohl als Stahl und Erz
Ist uns’rer Söhne Heldenherz;
Und wie’s das Vaterland gebot,
Beschirmen sie Dich, Schwarz-Weiß-Roth. –
Zieht denn durch Sturm und Wogengraus,
Ihr wack’ren Jungen, froh hinaus!
Hin, wo der Tropen Himmel lacht
Und zu des Südpols grauser Nacht
Tragt Deutschlands Ruhm und bis zum Tod
Schützt uns’re Flagge schwarz-weiß-roth!
Graaff-Reinet, Cap der guten Hoffnung, März 1876.
M. Alsberg.
- ↑ Obiges Gedicht geht uns, wie das Datum besagt, von einer der entlegensten Stationen deutschen Geistes zu und wird unseren Lesern daher als der Ausdruck der patriotischen Empfindungen eines Landsmannes in der Fremde sicher willkommen sein.D. Red.
Zu dem Artikel „Vom Standesamte“ in Nr. 15 unseres Blattes haben wir noch nachzutragen, daß Angehörige des rechtsrheinischen Baierns im Auslande nur mit specieller Genehmigung der betreffenden Bezirksregierung eine Ehe schließen können, welche auch in Baiern legal ist; ohne vorherige Einholung dieser Genehmigung ist die Ehe ungültig. (Gesetz vom 16. April 1868.)
W. Forscher. Ihre „Beweisgründe“ für die Haltbarkeit des Spiritismus sind unseres Erachtens sehr hinfälliger Natur und die angeführten Stellen aus classischen Schriftstellern höchst gewaltsam herbeigezogen. Verfügen Sie gefälligst über Ihre „Lichtbilder von Abgeschiedenen“!
C. in C. Wozu in aller Welt macht man Berichtigungen, wenn sie nicht beachtet werden? In Nr. 7 des laufenden Jahrgangs finden Sie den Druckfehler corrigirt.
X. Y. Z. in Weimar und A. S. in Boersum (Braunschweig). Ungeeignet. Disponiren Sie über das Manuscript!
Arthur G–r in Leipzig. Ueber die Etymologie des Wortes „Weißkäufer“ bedauern wir keine Auskunft geben zu können.
Der anonyme Einsender eines „Im Landrutsch“ betitelten Manuscriptes wird ersucht, darüber zu verfügen, da sich dasselbe zur Aufnahme nicht eignet.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 342. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_342.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)