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Seite:Die Gartenlaube (1875) 521.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

Georg Herwegh.
Nach einer Photographie, im Besitze der Frau Emma Herwegh in Baden-Baden.


wurde der junge Eßlair der große Eßlair. … Karl Maria von Weber war Capellmeister der Prager Bühne, und im Mai 1818 debütirte hier ein vierzehnjähriges Mädchen in Mehul’s Oper „Joseph in Aegypten“ als Benjamin. Ein wunderlieblicher Benjamin mit einer silberhellen, wundersüßen Stimme und bezaubernder Anmuth in allen Bewegungen. Ein Komödianten-Kind, das schon mit sieben Jahren auf dem Darmstädter Theater im „Donauweibchen“ die Lilli gesungen, gespielt und getanzt hatte … Und 1825 war diese Lilli – dieser Benjamin die gefeiertste Sängerin, der Welt: Henriette Sontag. Wie oft hatte sie mir damals in Berlin von ihrem wunderschönen lieben Prag erzählt, das ihr zuerst die berauschende Welt der Bretter erschlossen!

Das war die ruhmvolle Vergangenheit der Prager Bühne, als ich sie 1835 zuerst betrat. Freilich war ihr hellster Glanz erblichen. Liebich war seit achtzehn Jahren todt. Seine Wittwe heirathete den Tenoristen Stöger und übertrug die Direction an den abenteuerlichen Franz von Holbein, der einst der Gatte der Gräfin Lichtenau, Preußens Pompadour, gewesen war. Dann hatte das Triumvirat Polawsky, Stepaneck und Kainz das Ständische Theater in Prag regiert. Jetzt war Stöger ein rühriger und freundlicher Direktor, gemüthlich und praktisch und stets lächelnd. Wenigstens zu meiner Zeit, wo ihn volle Cassen anlächelten.

Von berühmten Sternen der alten Prager Glanzzeit fand ich nur noch den großen Wallenstein Bayer und den liebenswürdigen Polawsky vor, trotz seines Alters mein fein graziösester Perin in „Donna Diana“ und mein herzigster Vater in „Goldschmieds Töchterlein“. Als ich in den Birch-Pfeifferschen „Günstlingen“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 521. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_521.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)