verschiedene: Die Gartenlaube (1871) | |
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und seiner Gicht, so bezaubert von den ihm dargebrachten Huldigungen der schönen Herzogin gewesen ist, daß er ihr noch eigenhändige Zettelchen schrieb und ihr die herrlichsten Blumen und Früchte aus Sanssouci senden ließ.
Auf das Schicksal ihrer Tochter sollte diese Napoleon-Verehrung der Herzogin den nachhaltigsten Einfluß ausüben, denn die erblühende Jungfrau lernte von der Mutter sehr bald, sich ebenfalls für Napoleon zu begeistern. Die persönliche Bekanntschaft derselben mit dem Kaiser Alexander, der ja ebenfalls eine unbegreifliche Bewunderung für Napoleon hegte, steigerte nur noch die ihrige und der hohe Herr bekam durchaus keinen Korb, als er als Gast nach Löbichau kam und der Herzogin-Mutter den Antrag Talleyrand’s mittheilte, der für seinen Neffen, den damaligen Grafen Perigord, um Dorothea’s Hand werben ließ; schon im April 1809 fand die Trauung des Paars in Frankfurt am Main statt. Der Fürstbischof Dalberg vollzog dieselbe. Es war keine glückverheißende, und wie oft mögen Mutter und Tochter diese kosmopolitische Ehe bereut haben!
Napoleon’s Kriege in Spanien und Rußland stürzten ihn doch endlich vom Herzensaltar der alten Dame; sie kehrte wenigstens aus Paris nach ihren Besitzungen in Deutschland zurück. Als jedoch die Verbündeten in Paris einzogen, forderte der kluge Fürst Talleyrand sie dringend auf, dorthin zu kommen, um die fremden Souveräne durch ihre milde Vermittlung nachsichtiger zu stimmen. Kaiser Alexander und König Friedrich Wilhelm der Dritte ließen sich gern von ihr die Honneurs in Paris machen.[1] – Seit dieser Zeit lebte sie abwechselnd in Deutschland oder in Frankreich. Das Hin- und Herreisen war ihr so zur Gewohnheit geworden, daß sie die weitesten Entfernungen nicht scheute, sie reiste auch mehrmals nach Petersburg und nach Mitau, ihrer einstigen Residenz, wo sie stets wie eine wirkliche Herrscherin empfangen und gefeiert wurde. Am liebsten verweilte sie aber in Löbichau, wo am 20. August 1821 ein Nervenschlag unerwartet ihrem Leben ein Ende machte.
Ihre Tochter Dorothea wurde durch ihren Tod veranlaßt, öfter nach Deutschland zu kommen, weil die große Erbschaft ihre Anwesenheit nöthig machte; sie gefiel sich dort so gut, namentlich in Berlin, daß sie mehr dort, als in Paris lebte. Ihre Beziehungen zum Hof gestalteten sich ganz besonders angenehm, der geistreiche Friedrich Wilhelm der Vierte, damals noch Kronprinz, und seine reichbegabten Brüder huldigten der jungen Herzogin in
- ↑ Wie geistvoll auch die junge Herzogin von Sagan war, geht aus einem Berichte Villemain’s hervor über die Briefe, welche sie für den Fürsten Talleyrand schrieb. „Man erkannte in ihnen die lebhaften und zarten Wendungen, die geschickten und scharfsinnigen Argumente eines weiblichen Diplomaten; ihr Styl war dabei einfach und edel, ihr Geist zeigte so frühreife Universalität, daß Niemand sich wunderte, wenn die Wirksamkeit unfehlbar war.“ Die Souveräne, welche sich von diesen Briefen leiten ließen, ahnten nicht, weshalb sie so schnell überzeugt davon waren. Hätten sie gewußt, daß eine junge schöne Frau die Concepte geschrieben und Talleyrand sie nur copirte, würden sie sich eines Lächelns nicht haben erwehren können.
verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1871, Seite 557. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_557.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)