verschiedene: Die Gartenlaube (1857) | |
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welches ihm in der Monstrosität seiner Ehegattin ein rentirendes Capital sicherte.
Außer dem Englischen soll Miß Julia auch der spanischen Sprache mächtig sein; sie singt ein wenig, tanzt mit großer Fertigkeit den „Highland fling“ und ist bewandert in häuslichen und weiblichen Arbeiten. Sollte sie indessen ihre Memoiren schreiben wollen, so würde sie vor der Hand dieselben noch dictiren müssen, indem sie sich in Betreff dieser Cultursegnungen noch in den Anfangsstadien befindet.
Ueber ihre Herkunft verbreitet sich eine von ihrem Führer herausgegebene englische Broschüre mit vieler Weitschweifigkeit. Der Führer der Mexicanerin berichtet, Julia Pastrana, welche jetzt 23 Jahre alt sein soll, sei als ganz kleines Kind in den Schluchten der Sierra Madre in Mexico gefunden worden, in einer Gegend, welche fern von allen menschlichen Wohnungen liege, dagegen mit allerhand Bestien, als Affen, Bären etc. reichlich gesegnet sei. Im Uebrigen gibt er keine nähern authentischen Aufschlüsse über ihre früheren Verhältnisse.
So außergewöhnlich eine Erscheinung, wie die geschilderte, auch ist, so erklärt sie sich doch hinlänglich aus ähnlichen Vorkommnissen organischer Degenerationen und Mißbildungen, und es bedarf keiner Hypothesen, welche, an und für sich ganz haltlos, eine neue Theorie zur besseren Ausbeutung der Neugier des Publicums aufbauen möchten. Insbesondere sind diejenigen Gegenden reich an solchen Monstrositäten, in welchen die starke Racenkreuzung ohnehin zu auffallenden organischen Bildungen aller Art führt.
Wenn ein einziger Hering sich zwanzig Jahre ohne Abzug und Tod fortwährend mit seinen Nachkommen vermehren könnte, würden er, Kinder, Kindeskinder u. s. w. zusammen einen zehnfach unsere ganze Erdkugel übertreffenden Raum einnehmen. Dies gibt eine Vorstellung von der Lieferungsfähigkeit des Meeres, aber auch von der blinden Mordwuth des Menschen zu Wasser und zu Lande, da er es selbst gegen den Hering so weit gebracht hat, daß sie seltener und theurer werden, und an manchen Stellen schon ganz ausgerottet sind. Mit ein bischen Berechnung und Verstand würden die Heringsfischer alle reich, und kein Mensch um einen Hering verlegen sein. Am wenigsten würden die Irländer an die Stelle, wo früher der Familienhering über dem Tische hing, um die Kartoffeln daran zu reiben, diese jetzt in den leeren Raum des weggeriebenen und nicht ersetzten Herings zu halten brauchen, um die Phantasie mit dieser Operation zu täuschen.
Gegen kostbarere Fische haben es die Engländer schon weiter gebracht, und z. B. den Lachs in ihren Flüssen beinahe so arg behandelt, wie die Indier. Früher kaufte man ein Pfund Lachs für 18 Pfennige in Schottland, jetzt kostet es 3 und in London oft 6 Schillinge oder 2 Thaler. Ein Lachs hat jetzt oft den Werth eines fetten Hammels.
Um die verschiedenen anderweitigen Ernten aus dem Meere in einige Ordnung zu bringen, machen wir Abtheilungen und zur ersten die Stockfisch- und Kabeljaufischerei, die wir am großartigsten an den nordischen Küsten Amerika’s, um Newfoundland entwickelt finden. Die kostbaren Fische, von welchen Kinder und Kranke leider ofts nichts als deren „Leberthran“ kennen lernen, wohnen in unerschöpflicher Fülle in allen Meeren unserer Halbkugel, nur mit Ausnahme des mittelländischen; doch nur um die Orkney- und Shetlandsinseln herum wird deren Fischerei lebhaft und geschäftlich betrieben, um sie in Segelschiffen mit dazu eingerichtetem Boden nach dem Süden von England, besonders London, lebendig oder zurecht gemacht und in Eis gepackt zu versenden. Man schätzt die Ernte um England und Schottland herum auf jährlich 4 Millionen Stück. Sie werden mit Haken an Leinen gefangen, gelandet, vom Kopfe bis zum Schwanze aufgeschnitten, ausgenommen, wobei ein Theil des Rückgrats mit ausgeschnitten wird, sorgfältig gereinigt und reichlich mit reinem Salzwasser gewaschen, getrocknet, eingesalzen und gepreßt, wieder herausgenommen und gebürstet, an Sonne und Luft getrocknet, bis die „Blume“ (eine weiße, ausschwitzende Substanz) zum Vorschein kommt, und dann in den Handel gebracht.
Die häufigere und populärere Sorte, genannt „Haddocks“, wird um ganz England und Schottland gefangen und entweder frisch oder geräuchert („Finnans“) in die englischen Städte gebracht. Man fängt sie ebenfalls mit Haken oder in Ziehnetzen. Als Finnans sieht man sie in zwei Hälften geschnitten überall in englischen Städten ausliegen, doch kostet das Pfund nicht mehr 6 Pfennige, wie früher, sondern bis eben so viel Groschen.
Nächstdem spielen die „Flatfische“ die größte Rolle, unter welchem Namen eine große Menge der verschiedensten Arten: Hellbutten, Steinbutten, glatte Rochen, Engelsfische, Schollen, Flundern u. s. w. zusammengefaßt werden. Hellbutten werden oft ungemein groß. Man hat schon 600pfündige gefangen. Eine Art Steinbutte, jetzt sehr häufig, wurde unter dem Kaiser Domitian im mittelländischen Meere als wahres Wunderthier und von enormer Größe gefangen. Er ließ einen expressen Staatsrath halten, welcher die beste Methode, ihn für die Tafel zuzubereiten, ausfindig machen sollte. An den englischen Küsten beschäftigen sich einige Hundert Schiffe mit Einfangen von Flat- oder Plattfischen; doch kommen die meisten und besten von Holland. Von Schollen („soles“) wimmeln die Gewässer um England, darunter viele sechs- bis neunpfündige, aber man hat weder Kenntniß noch Capital genug, um sie mit dem besten Erfolge und in gehöriger Menge zu fangen, so daß ein ordentliches Fischgericht in England immer ziemlich so viel kostet, wie eine gute Fleischspeise. Die guten Seefische sind deshalb immer noch luxuriöse Zwischengänge auf reichen Tafeln.
Die Sprotten-Ernten, die Mackarelen und Pilchards (eine feinere Art Heringe) ersetzen zum Theil den Mangel an kostbareren Seefischen, und werden manches Jahr in fabelhaften Massen dem unerschöpflichen Meere abgenommen. Mackarelen, wie Heringe ziehend, werden auch ähnlich, nur in größer gemaschten Netzen gefangen. Im Durchschnitt verzehrt London jährlich 25 Millionen Mackarelen, à 3/4 bis 2 Pfund schwer, alle frisch. An einem Märzsonntage 1833 fingen 4 Boote 10,000 Mackarelen, ein andermal 16 Boote für 6000 Pfd. Sterl. oder etwa 40,000 Thaler in einer Nacht. Von solchen glücklichen Lotteriezügen hängt denn auch der Preis ab, der in keinem andern Consumtionsartikel so fluctuirt, so daß man einmal 60–80 Mackarelen für 10 Sgr. und dann wieder eine einzige für 2–3 Thlr. kauft. Nur die grünen Schoten in Covent-Garden um Weihnachten werden zuweilen noch höher bezahlt: 3 Thaler das Loth oder 10 Sgr. jede einzelne Beere.
Pilchards werden am häufigsten vom Juli bis October an den Küsten von Cornwall gefangen, in mancher einzelnen Nacht über 2000 Oxhofts à 3000 Stück, also 6 Millionen. Einmal brachte man eines Morgens in einen einzigen Hafen von Cornwall 30 Millionen Stück. Die Pilchards ziehen des Nachts von den Gestadeklippen in dichten Armeen nach dem offenen Meere hinaus und bilden so auf dem leuchtenden Meere dunkele Inseln, die, von umherkreisenden Wachtposten entdeckt, der am Gestade harrenden Flotte durch Signale bezeichnet werden. Dann schießen Hunderte von Booten mit vollen Segeln in Nacht und Sturm hinaus, um den Zug zu umzingeln, und in ihrem Netzkreise aufzusaugen. Gelingt dies vollständig, verzinst sich oft das auf 600,000 Pfund veranschlagte Capital, welches allein in der Cornwall Pilchard-Fischerei steckt, in einer einzigen Nacht. Die Pilchards werden ähnlich wie die Heringe behandelt, und größtentheils nach den Küstenstädten des mittelländischen Meeres verfahren.
Frische Sprotten, kleine, silberne Fischchen, höchstens 6 Zoll lang, und auf dem Drahtroste binnen einer Minute mit Salz in ihrem eigenen zarten Fette gebraten, sind in England schon für 5 Sgr. per Scheffel verkauft worden. Auch jetzt kann man sich noch für 1 Sgr. – fünf- bis sechsfachen Gewinn damit bezahlend, darin satt essen. Sie werden den armen Leuten für ihr
verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 659. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_659.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)